Verfassung

Viele Menschen empfinden die Verfassung als recht abstrakt und von ihrem Alltagsleben weit entfernt. Aber der erste Anschein täuscht. Die Verfassung ist das rechtliche und auch gesellschaftspolitisch-inhaltliche Fundament, dem alle staatlichen Handlungen entsprechen müssen und das alle staatlichen Handlungen inhaltlich in vollem Umfang zur Geltung bringen müssen.

In der Verfassung sind (in komprimierter Form) für die verschiedenen Bereiche von Gesellschaft und Staat die wichtigsten Grundsatzantworten und Grundsatzentscheidungen enthalten auf die Frage: „Wie wollen wir als Gesellschaft miteinander gut leben?“ Zu Beginn der 7. Wahlperiode, in die mit dem Jahr 2023 auch in das 30. Jubiläumsjahr der Thüringer Verfassung fällt, wurde ein eigener Verfassungsausschuss zur Sacharbeit eingerichtet. Auf Veranlassung der LINKE-Fraktion haben die Koalitionsfraktionen Gesetzentwürfe mit folgenden inhaltlichen Schwerpunkten in den Landtag eingebracht, die derzeit im Verfassungsausschuss in Arbeit sind und dort auch umfangreichen Anhörungen unterzogen wurden: Ausbau von Staatszielen und Grundrechten, Ausbau der direkten Demokratie, Öffentlichkeit von Ausschüssen.

Mit dem Gesetzentwurf von LINKE, SPD und Grüne zur Stärkung von Staatszielen und Grundrechten sollen folgende Änderungen und Weiterentwicklungen der Verfassung umgesetzt werden:

  • Die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und der Rechte behinderter Menschen – insbesondere mit Blick auf die umfassende Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und UN-Behindertenrechtskonvention.
  • Die Aufnahme einer Handlungsverpflichtung zur Sicherstellung der umfassenden Umsetzung weiterer internationaler Abkommen, z.B. der Bekämpfung von Rassismus.

Darüber hinaus setzen wir uns für die Aufnahme eines Staatsziels des umfassenden wirksamen Handelns von Gesellschaft und Staat gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus / Neo-Faschismus („Antifa-Antira-Klausel“) ein. Im Verfassungsausschuss werden derzeit zusätzlich noch das Staatsziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Thüringen (ebenfalls eine langjährige LINKE-Forderung) sowie ein Verbot der Diskriminierung mit Bezug auf das Alter beraten

Ein neues Staatsziel zur Förderung und zum Schutz des ehrenamtlichen Engagements in allen Bereichen der Gesellschaft erachten wir als wichtig. Die Verankerung des umfassenden Nachhaltigkeitsprinzips - sowohl ökologisch als auch sozial, entsprechend der UN Nachhaltigkeitsziele („ökologische Nachhaltigkeit nur mit Verwirklichung sozialer Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit möglich“), und der Ausbau des Umweltstaatsziels wird mit der Änderung angestrebt.. Nicht zuletzt nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz des Bundes steht fest: Staatsziele sind rechtlich verbindliche Handlungspflichten, die alle staatlichen Akteur:innen in ihrem konkreten Handeln umfassend und wirksam umsetzen müssen.

In den Anhörungen des Verfassungsausschusses kamen dann auch verschieden konkrete Umsetzungsmaßnahmen zur Sprache. So wünschen sich z.B. die Vereine und Verbände zur konkreten Umsetzung des neuen Staatsziels „Förderung des Ehrenamts“ ein Ehrenamtsfördergesetz des Landes – auch das ist eine langjährige Forderung der Thüringer LINKEN. Die Aufnahme bestimmter Themen in die Verfassung führt dazu, dass sie zu gesetzlichen Pflichtaufgaben werden, zu deren wirksamer Umsetzung im Landeshaushalt dann fortlaufend die dazu notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch mit Blick auf die weitere konkrete Umsetzung von Verfassungsinhalten führt die LINKE-Fraktion einen intensiven Dialog mit Vereinen und Verbänden und weiteren außerparlamentarischen Akteur:innen. Sollte es in der laufenden Wahlperiode leider keine Ergebnisse im Verfassungsausschuss geben (Änderungen der Verfassung brauchen eine Zweidrittelmehrheit) werden wir als LINKE in der 8. Wahlperiode einen weiteren Anlauf zur Durchsetzung der Inhalte nehmen.