Windenergieausbau in Thüringen – Landesplanungsrecht konsequent anwenden – neues Bundesrecht initiieren 2/2

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/2742


Stefans Märchenstunde – der war schön. Auch wenn wir heute Weiberfastnacht haben, deswegen muss man trotzdem ein bisschen ernst bleiben und kann nicht alle Märchen hier so stehen lassen, wie sie sind. Lieber Wolfgang Fiedler, wir treiben die Menschen nicht mit Politik in die Arme von Rechtspopulisten, sondern wir treiben sie in die Arme der Rechtspopulisten, wenn wir die Rechtspopulisten rechts überholen wollen – mit unserer Politik.


(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wenn Sie Märchen erzählen!)


Wir müssen aufpassen, dass wir nicht noch populistischer und lautstärker und unvernünftiger in unserer Argumentation werden als diese Menschen, wie die undemokratische Fraktion in diesem Hause. Stattdessen sollten wir uns als demokratische Fraktion vorbehalten, miteinander sachlich und fachlich zu diskutieren, vor allem fachlich zu diskutieren und auch die Kirche im Dorf zu lassen. Da gibt es verschiedene Sachen, die hier einfach nicht wahr sind. Lieber Wolfgang Fiedler, auch ich habe Angst um meine Kinder, ich habe vier Stück an der Zahl, im Alter von zweieinhalb bis 31 Jahren.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe zwei und drei Enkel!)


Ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Kinder auf diesem Planeten, mache mir Sorgen wegen des Klimawandels. Der Klimawandel ist vom Menschen gemacht. Es ist richtig, wenn gesagt wird, dass es seit Millionen Jahren Klimawandel gibt, aber nicht innerhalb von 150 Jahren, wie wir ihn gegenwärtig erleben. Damals konnte sich die Erde darauf einstellen. Menschen, Tiere und Natur konnten sich darauf einstellen. Ebenso konnten sich Flora und Fauna auf eine Veränderung des Klimas einstellen. Heute schaffen wir es nicht, weil es zu schnell geht, weil es innerhalb von 150 Jahren passiert und weil es menschengemacht ist, weil wir es tun.


Wenn wir nicht endlich kapieren, dass wir das ändern müssen, werden wir untergehen mit diesem Planeten. Der Planet braucht nicht die Menschen, aber wir brauchen den Planeten. Das sollten wir uns als erstes aufschreiben. Wenn wir daran denken, dann müssen wir etwas tun. Es sind nicht die Windenergie und die Photovoltaikenergie, die uns dann kapputt machen, sondern die Atomenergie, die Steinkohle und die Braunkohle.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer fragt denn die Menschen im Braunkohlenrevier, wer fragt die denn, was sie dann machen, wenn sie ihre Häuser verlieren,


(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Darum geht es doch gar nicht!)


wenn sie ihre Lebensgrundlage verlieren, wenn sie ihre Äcker verlieren, ihre Grundstück oder sonstiges, damit wir im Warmen sitzen, damit wir abends den Fernseher einschalten können, weil der Strom ja aus der Steckdose kommt?


Vizepräsidentin Jung:


Herr Abgeordneter Harzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Abgeordneter Harzer, DIE LINKE:


Am Ende, wenn ich noch Zeit habe.


Das sollten wir einmal ernst nehmen. Darüber, was dort passiert, sollten wir einmal nachdenken. Was passiert denn in Sachsen-Anhalt? Was passiert in Brandenburg? Was passiert in der Lausitz? was passiert in Nordrhein-Westfalen? Fahren Sie doch einmal dorthin und schauen sie es sich an.


(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Sie müssen schon zum Thema reden!)


Ich war in Stelzen, lieber Stefan Gruhner. Roberto Kobelt war auch in Stelzen. Wir haben uns dort der Diskussion mit den Menschen gestellt und wir waren in dieser Festspielscheune.


(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Wir sind rausgefahren!)


Diese Festspielscheune, wo die Festspiele stattfinden, hat nun einmal keinen Ausblick in die Natur. Draußen ist es sehr schön, vor der Festspielscheune hat man einen schönen Ausblick. Aber dieser Ausblick wird nicht zerstört, weil da ein paar Windräder stehen oder glauben Sie, dass an die Ostsee oder an die Nordsee weniger Menschen in den Urlaub fahren, weil dort Windräder stehen? Dort stehen sie nicht nur onshore, dort stehen sie auch offshore. Da sieht man sie vom Strand aus, hinter sich und vor sich, und trotzdem fahren die Menschen hin. Es gibt Studien zur Tourismusentwicklung.


Herr Gruhner, wenn Sie schon die Geräuschbelastung durch tieffrequenten Schall vom Umweltbundesamt erwähnen, weil dort Energieerzeugungsanlagen stehen, dann sollten Sie aber auch sagen, was die Grundlage der Studie ist, die seit 2011 beim Umweltbundesamt läuft. Das sind nämlich folgende Anlagen: Folgende Quellen tieffrequenter Geräusche, die diese Sachen verursachen, die Sie genannt haben. Da geht es nicht um Windenergieanlagen. Da geht es um Anlagen der Schwerindustrie, um Hochspannungsleitungen, um Transformatorenstationen, um Pumpen und um Klimaanlagen. Das ist die Grundlage dieser Studie, die Sie vorhin zitiert haben, lieber Stefan Gruhner. Soweit zu Stefans Märchenstunde.


Kommen wir noch einmal zur Bundesebene zurück, zu Ihrer lieben Kanzlerin.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wieso zu unserer Kanzlerin?)


Nein, meine nicht! Auch wenn Sie die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland ist, ist sie nicht meine! Dann müssen wir doch feststellen:


Wenn wir die Bundesziele, auch die reduzierten Ziele der Bundesrepublik, herunterbrechen auf das, was jedes Land selber bringen muss – man kann das machen, das habe nicht ich gemacht, dass stammt vom Fraunhofer Institut. Wenn wir diese Bundesziele auf Thüringen herunterbrechen, müssten wir jedes Jahr 40 3MW-Windenergieanlagen bauen. Wir müssten 1,2 Prozent der Landesfläche – wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht – für Windenergieanlagen zur Verfügung stellen. Das ist eine Berechnung des Fraunhofer-Instituts – nicht von mir, nicht von irgendwelchen linksgrün Versifften, sondern von einem Fraunhofer-Institut, komisch! Die Hochschule in Nordhausen hat nachgerechnet und kommt zum gleichen Ergebnis. 0,8 Prozent der Landesfläche müsste mit Photovoltaik belegt werden, nur um die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung 2050 umzusetzen. Daran sehen Sie schon, wenn wir 1 Prozent mit unserem Ziel ausweisen, bis 2040 100 Prozent erneuerbare Energien bilanziell zu erreichen, dass wir nicht nur – und das ist wieder eine Ihrer Lügen – auf Windenergie setzen, sondern dass wir auf einen Mix aus erneuerbaren Energien setzen und dass wir da vieles anderes machen.


Ich will auch hier noch mal mit einer anderen Mär aufräumen: Dass wir aufgrund der Windenergie Trassen durch Thüringen bekommen. SuedLink ist immer so ein Beispiel. Da wird jetzt durch Thüringen gebaut, weil wir den für die Windenergie brauchen – so ein Nonsens. 2004 ist in Moorburg bei Hamburg ein Steinkohlekraftwerk von der damaligen CDU-geführten Hamburger Regierung in Gang gesetzt worden, 2015 mit einem Wirkungsgrad von 45 Prozent


(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Reden Sie mal zum Thema!)


bei einem Verbrauch von 12.000 t Steinkohle, 8,5 Millionen CO2-Ausstoß pro Jahr mit einer Nennleistung von 1,73 Gigawatt. Jetzt, erstaunlich, bauen wir eine Zwei-Gigawatt-Leitung von Brunsbüttel bei Hamburg nach Großgartach in Baden-Württemberg – ein Schelm, der Böses dabei denkt.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben so viel Strom da oben, weil wir 2015 neue Steinkohlekraftwerke errichtet haben.


(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Genau, genau!)


Auch das gehört zur Wahrheit dazu – dieses auch nur mit 8,5 Millionen CO2 pro Jahr, die die Luft verpesten.


Ich denke, es sind viele Fakten, die hier deutlich machen, wie der Sachstand tatsächlich ist. Wenn Sie immer von Gleichberechtigung reden, die Windenergie ist erwachsen geworden, wir müssen sie gleichstellen. Da müssten wir aber schon lange – wie viele Hundert Jahre haben wir jetzt die Landwirtschaft? Die müsste doch auch schon erwachsen sein. Dann müssten wir die Landwirtschaft doch auch mal kleinstellen, da müssen wir auch die Privilegierung der Landwirtschaft im Baugesetzbuch endlich streichen. Frau Landwirtschaftsministerin, was würden Sie dazu sagen, wenn wir die Privilegierung der Landwirtschaft streichen, denn die ist erwachsen geworden? Die gibt es ja schon seit Tausenden von Jahren, diese Privilegierung muss doch endlich erledigt sein. Das geht doch nicht mehr. Also Sie sehen, wie an den Haaren herbeigezogen Ihre Argumentation ist, denn wenn ich diese Privilegierung in § 35 BauGB aufhebe, dann werden keine Windenergieanlagen gebaut. Herr Gruhner, ich freue mich auf Ihren Antrag auf dem nächsten CDU-Parteitag, mit dem Sie die Änderung der entsprechenden politischen Ziele Ihrer Bundespartei beantragen. Bitte schön, Ihre Frage.


Vizepräsidentin Jung: Bitte eine Frage, Herr Gruhner.


Abgeordneter Gruhner, CDU:


– ich bin dabei, die Frage zu stellen, Frau Präsidentin – Hunderten von Bürgern, die hier vor dem Landtag demonstriert haben und die sich in Bürgerinitiativen engagieren, Rechtspopulismus unterstellen. Ich denke mal, ich habe Sie so verstanden, dass das nicht so ist, denn diesen Eindruck haben Sie hier erweckt. Vielen Dank.


(Beifall CDU)


Vizepräsidentin Jung:


Herr Harzer, ich gestatte Ihnen noch die Beantwortung, obwohl Ihre Redezeit vorbei ist, aber bitte kurz.


Abgeordneter Harzer, DIE LINKE:


Danke, Frau Präsidentin, es waren eben 2 Minuten Fragezeit.

Herr Gruhner, Bedenken von Bürgern – ob gesundheitlich, ob Fragen nach Abständen, ob Fragen nach sonstigen Gefährdungen – sind nie irgendwie rechtspopulistisch oder rechtspopulistisch angehaucht. Es ist die Frage, wie ich darauf reagiere und wie ich das aufnehme und wie ich mit falschen Tatsachen, mit schreierischen Parolen, mit Windkraftforen und sonstigem darauf reagiere, und wie ich mich dann hierher stelle und versuche – so wie Sie es gerade versucht haben – Redner verächtlich zu machen, indem ich eine Wertung ihrer Rede vornehme


(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Sie sollten sich mal überlegen, was Sie hier gerade erzählen/erzählt haben!)


und diese Wertung natürlich nicht ganz astrein vornehme. Ich denke, wir sollten bei den Fakten bleiben und nicht bei diesen verächtlich machenden Positionen. Wie gesagt: Wie ich in den Wald hineinrufe, so schallt es heraus. Und so wie Sie hineinrufen, so fördern Sie das, was ich gesagt habe. Danke.


(Beifall DIE LINKE)

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