Nr. 10/2011: „Sie zeigen Gesicht, Sie machen da nicht schweigend mit!“

Mit bunter Vielfalt wurde jetzt in Kirchheim ein Bürgerfest gegen braune Einfalt gefeiert

„Kirchheim ist bunt!“, das Ausrufezeichen kann nach diesem Wochenende getrost gesetzt werden, auch wenn man sich vielleicht noch mehr Dorfbewohner zum Volksfest gegen den braunen Ungeist am Sportplatz gewünscht hätte. Aber was das örtliche Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus am 14. Mai auf die Beine gestellt hat, ist aller Ehren und Achtung wert.
Sie wollten einmal nicht gegen Nazi-Veranstaltungen, wie sie seit 2008 regelmäßig in der „Erlebnisscheune“ des „Romantischen Fachwerkhofes“ stattfinden, protestieren. Diesmal wurde mit einem eigenen Fest, mit Sport und Kultur, Konzerten und Kinderspaß, mit Polit-Talk, Ausstellungen und Infoständen bunte Vielfalt zelebriert.
Eine eindrucksvolle Demonstration der besonderen Art, dabei auch all jene, die dem Bündnis immer wieder zur Seite stehen, darunter LINKE, wie Bodo Ramelow, Martina Renner, Sabine Berninger und Frank Kuschel aus dem Landtag, oder Jens Petermann, der Arnstädter Bundestagsabgeordnete der LINKEN.  

Bei einer hochspannenden Diskussionsrunde auf dem Podium im Festzelt, durch die sehr engagiert die Deutschlandradio-Kultur-Korrespondentin Blanka Weber führte, wurde das Kirchheimer Bürgerengagement einmal mehr gewürdigt. Diana Hennig vom örtlichen Bündnis hatte berichtete, wie es ist, im dörflichen Umfeld, wo man sich kennt, zu agieren, Flyer zu verteilen und zu versuchen, die Leute immer wieder wachzurütteln. Bodo Ramelow, der es aus eigenem Erleben kennt, betonte anerkennend: „Sie zeigen Gesicht, Sie machen da nicht schweigend mit, Sie tolerieren das nicht.“ Neben ihm der Oberkirchenrat a. D. Peter Zimmermann: „Das Besondere an Kirchheim, dass Sie diesen Punkt des Schweigens überwunden haben.“ Wie wichtig und notwendig das sei, zeigten auch die Erhebungen, wonach inzwischen 28 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer Menschen in Wertvolle und Wertlose unterteilen.

Madeleine Henfling, Landessprecherin von Bündnis90/Die Grünen, verwies auf Regionen, wie im Wartburgkreis, wo die NPD in den Kommunalparlamenten sitzt, und warnte auch mit Blick auf die nächsten Kommunal- und Landtagswahlen, dass es Tendenzen gebe, die NPD als eine normale Partei wahrzunehmen.

Auch wenn dies nicht immer so gesehen werde, „die Polizei zeigt Flagge gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“, betonte unter besonders starkem Beifall der Leiter der Polizeidirektion Gotha, Michael Menzel. Sie versuchten im Vorfeld der Demonstrationen gegen Nazi-Veranstaltungen Kooperationsgespräche zu führen, um Sicherheit zu gewährleisten.
Gäbe es eine antifaschistische Klausel im Grundgesetz und in der Landesverfassung, wofür sich die LINKE einsetzt, dann, so Bodo Ramelow, würde es zu manch abstrusen Situation nicht kommen. Zum Beispiel, dass der Vorstand der Saale-Orla-Sparkasse verklagt wird, weil es der NPD verwehrt wurde, ihr ein Konto einzurichten. Oder, dass er sich dagegen wehren muss, als Rädelsführer bei den Protesten gegen den Naziaufmarsch zum 13. Februar 2010 in Dresden angeklagt zu werden.

Dateien


 

Mehr Themen