Nr. 09/2011: Beratungsstelle für Grundrechte statt institutionalisierter Verfassungsschutz

Das Landesamt präsentierte mit seinem Jahresbericht“ Zahlen und Fakten ohne Neuigkeitswert“

Nach der Vorstellung des Thüringer Verfassungsschutzberichtes am 22. April in Erfurt erklärte die Landtagsabgeordnete der LINKEN, Martina Renner: „Nichts, was einer aufmerksamen Zivilgesellschaft bislang verborgen geblieben ist, zudem eine unvollständige Aufzählung rechtsextremer Musikveranstaltungen und kein Beitrag zur politischen Auseinandersetzung.“

Das Landesamt für den Verfassungsschutz leistet nach Ansicht der Innenpolitikerin der Linksfraktion mit seiner Arbeit keinen Beitrag zur dringend notwendigen Auseinandersetzung mit der auch nach Ansicht des Innenministeriums größten Gefahr für die Demokratie, dem Rechtsextremismus. „Der Gefahr zu begegnen heißt, sich mit Einstellungsmustern und Ideologien überall dort auseinanderzusetzen, wo diese in Erscheinung treten. Während viele Bürgerbündnisse gegen Rechtsextremismus sich dieser Aufgabe angenommen haben, lokal und konkret informieren und aufklären, präsentiert das Amt Zahlen und Fakten ohne Neuigkeitswert. Auf der Haben-Seite steht daher nicht viel, auf der Kosten-Seite allerdings Grundrechtseingriff und staatliche Spitzelei. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Amtes muss zudem auch vor dem Hintergrund gestellt werden, dass zivilgesellschaftliche Organisationen mehr als doppelt so viele rechtsextremistische Musikveranstaltungen im Jahr 2010 zählten als das Amt selbst“, sagte Martina Renner.

Sie erneuerte für die LINKE die Forderung nach Auflösung des Geheimdienstes. „An die Stelle des institutionalisierten Verfassungsschutzes mit der Befugnis zum Grundrechtseingriff soll eine Beratungs- und Dokumentationsstelle für Grundrechte und Demokratie in Thüringen treten, die sowohl rechtlich und organisatorisch, aber vor allem auch inhaltlich in der Lage ist, zivilgesellschaftliche Projekte und ihre Arbeit gegen Rechtsextremismus zu stärken und der Vernetzung lokaler Bündnisse zu dienen.“

Aus dem Jahresbericht

Nach dem Bericht ist die Mitgliederzahl der rechtsextremen NPD in Thüringen im Jahr 2010 erneut um 100 auf etwa 350 Personen gesunken

  • Die Zahl der von der NPD organisierten Kundgebungen und Demonstrationen im Freistaat halbierte sich auf zehn. Das geplante „Fest der Völker“ als wichtiger Szene-Treffpunkt war abgesagt worden.
  • Das gesamte rechtsextreme Personenpotenzial in Thüringen nahm gegenüber 2009 um 100 auf rund 1.000 Personen ab.
  • Landesweit geht der Verfassungsschutz von 180 aktiven Neonazis aus. Das sind 20 mehr als im Vorjahr.
  • Als Auffangbecken für Thüringer Neonazis dienen Gruppen wie die „Autonomen Nationalisten“, „Heimattreue Deutsche Jugend“ und die „Schlesische Jugend“.
  • Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten sank von 1.213 auf 1.002. Die Kriminalität aus dem linken Spektrum sei von 467 auf 290 Straftaten zurückgegangen.


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