Nr. 22/2010: Fachlich fundierte Gedenkstättenarbeit muss erhalten bleiben

Fraktion vor Ort im Gespräch mit Prof. Volkhard Knigge in Gedenkstätte Buchenwald

Die Situation der Gedenkstätte Buchenwald sowie die Perspektiven historischer Erinnerung standen im Vordergrund der auswärtigen Sitzung der Landtagsfraktion der LINKEN am 27. Oktober. „Die Arbeit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald-Dora ist ein zentraler Baustein lebendiger Erinnerungskultur in Thüringen“, unterstrich Fraktionsvorsitzender Bodo Ramelow während der Veranstaltung.
Der Direktor der Gedenkstätte, Prof. Volkhard Knigge, ging auf die Schwierigkeiten bei der Förderung der Einrichtung ein und betonte, dass es um den Erhalt sowohl der wissenschaftlichen Arbeit in der Einrichtung als auch um die qualifizierte Betreuung von Ausstellungsbesuchern bis hin zum baulichen Erhalt der Gedenkstätte, wie zum Beispiel des Mahnmals, gehe. „Sich durchzuhungern kann und darf nicht die Zukunft von Gedenkstätten wie Buchenwald sein. Die höchst wichtige Arbeit muss mit den dafür notwendigen Mittel abgesichert werden“, stellte Bodo Ramelow fest.
Beide Gedenkstätten, Buchenwald und Mittelbau-Dora, so Prof. Knigge, gehören zu den Maßstäbe setzenden in den Bundesrepublik, deren Arbeit und Ausstrahlung aber nur auf wenigen Schultern liege. Sie seien „ein ‚Scheinriese’ in einer Situation haushalterischer Knappheit“. Die angekündigten 500.000 Euro pauschale Kürzungen werden die „Schere weiter auseinandergehen“ lassen und gefährden den Fortgang wichtiger Projekte. So soll die Ausstellung der Gedenkstätte, vor 15 Jahren als Weg weisende eröffnet, durch eine neue abgelöst werden. Allerdings ist das Drei-Millionen-Projekt „im Moment storniert“.
Knigge betonte die Bedeutung der Gedenkstättenarbeit – „jenseits des Erinnerungsbegriffs“. Historische und politische Neugier der Jugendlichen soll geweckt werden. „Im Kern geht es um die Frage, wie Menschen zu Tätern werden und andere zu Opfern machen.“ Dabei setzen sie „voll und ganz auf forschendes und denkendes Lernen jenseits aller Moralisierung“. Die angestrebte Ausweitung des pädagogischen Angebots müsse qualifiziert vonstatten gehen. Und dazu bedürfe es eben auch der notwendigen Mittel, „dass wir arbeitsfähig bleiben“, wie der Gedenkstättendirektor auf Nachfragen von Abgeordneten der Linksfraktion unterstrich. Birgit Klaubert bedauerte es, dass die Landesregierung auf ihre Anfrage zur Erarbeitung eines neuen Thüringer Gedenkstättenkonzepts noch nicht geantwortet habe.
Bezüglich seiner Arbeit in der Historikerkommission und hinsichtlich des „SED-Bereichs“ mahnte Prof. Knigge eine „Versachlichung durch wissenschaftliche Fundierung“ an und warnte vor drohenden Verschiebungen z.B. mit Blick auf die Pläne in Mödlareuth mit einem „Museum als Schwarzbuch des Kommunismus“. Fraktionsvorsitzender Bodo Ramelow sprach von einer „politisch-instrumentellen Waffe“ und betonte die Auffassung der LINKEN, „an authentischen Orten authentische Erinnerungskonzeptionen“ umzusetzen. Das betreffe auch Point Alpha. Hier sollte, wie Knigge sagte, „die Geschichte des Kalten Krieges nicht mit den Mitteln des Kalten Krieges erzählt werden“.
Eine immer größere Bedeutung gewinnt die Arbeit mit den Nachgeborenen. Bodo Ramelow, der Enkel auf den Spuren ihrer Großväter erlebte, sprach von einer „Traumatisierung in den Familien“ und Volkhard Knigge berichtete über ihre Bemühungen, „die Angehörigen sorgfältig zu begleiten bei ihrem Gedenkstättenbesuch“. Sie seien „privilegierte Gesprächspartner“. DIE LINKE-Fraktion und Partei wolle sich in die Verantwortung nehmen lassen und „Enkel-Treffen“ unterstützen, so Ramelow. „Wir können nur so sorgfältig wie möglich mit Ihnen umgehen“, reagierte Knigge auf das Ansinnen von Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten, die LAG in den Häftlingsbeirat aufzunehmen. Zugleich warb sie vor den Regionalvertretern der LINKEN für die Wanderausstellung des VVN-BdA „Neofaschismus in Deutschland“, die seit 2. November im Rathaus Eisenach zu sehen ist.
Der Besuch der sehr eindrucksvolles Ausstellung zur Geschichte der Gedenkstätte Buchenwald, durch die der stellvertretende Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, Rikola-Gunnar Lüttgenau, sehr engagiert führte, bildete den Abschluss dieser bewegenden Fraktionssitzung der LINKEN vor – außergewöhnlichem und mahnendem – Ort. „Wir werden mit Ihnen in der Arbeit auch weiterhin sehr verbunden sein“, betonte der Fraktionsvorsitzende.

A. Rudolph

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