Nr. 19/2010: „Dieser Plenartag war durch und durch von der Opposition geprägt“

„Dieser Plenartag war wirklich durch und durch von der Opposition geprägt, und die Landesregierung bzw. die regierungstragenden Fraktionen waren schwer damit beschäftigt, sich fadenscheinige Argumente zusammenzusuchen, warum sie alles ablehnen müssen“, so hatte Bodo Ramelow in seinem Internet-Tagebuch (www.bodo-ramelow.de) über die letzte Landtagssitzung (hier der Plenartag am 9. September) geschrieben und z.B. auf den LINKEN-Antrag zum Diätenmoratorium verwiesen. Es „hätte die Möglichkeit gegeben, die Diätenzahlung an Abgeordnete endlich transparent und nachvollziehbar zu machen. Momentan haben wir ein Zwischending zwischen Angestellten- und Beamtenstatus, anstatt einfach ein Brutto- und ein Nettogehalt zu haben, wie die meisten Menschen, die uns wählen auch. Wir haben auch eine Pauschale zu Begleichung unserer Kosten im Wahlkreis, obwohl offensichtlich in den Zentren der großen Städte andere Mieten für Wahlkreisbüros fällig werden als in ländlichen Gebieten. Diese Schwachstellen zu verbessern und gleichzeitig anzuerkennen, dass es viele Menschen in Thüringen gibt, die angesichts unserer automatischen Diätenerhöhungen nur noch mit dem Kopf schütteln können, dazu wäre heute die Chance da gewesen.

Chancen zu gerechterer Politik boten auch unsere Anträge zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und zur Überarbeitung des Bibliotheksgesetzes. Die Abschaffung der Straßenausbausbeiträge entspricht der Forderung der Bürgerallianz, denn mit der jetzigen Regelung werden Einzelne überproportional belastet, obwohl die Erneuerung von Straßen Vielen zugute kommt. Unsere Novelle zum Bibliotheksgesetz hätte den Erhalt von Bibliotheken endlich zur Pflichtaufgabe gemacht und war im übrigen die Übernahme eines Änderungsantrages, den LINKE und SPD im Jahr 2008 noch gemeinsam gestellt haben. Nun meint die SPD, sie könne ihrem eigenen Antrag nicht mehr zustimmen, weil sie längst besseres plane. Schließlich stünde im Koalitionsvertrag, dass die Schaffung eines Kulturfördergesetzes geprüft werden soll. Die SPD vergisst dabei aber, dass sie nicht mal die Projekte durchsetzen kann, die sie verbindlich in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, geschweige denn Vorhaben, für die eine Prüfung vorgesehen ist.“

Die CDU sollte sich schämen

Zum Plenarsitzungstag am 10. September hob Bodo Ramelow in seinem Tagebuch ein Thema besonders hervor: Die Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber. „Der Antrag wurde von der FDP eingebracht (ausdrückliches Lob dafür!), und eigentlich hätte es im Landtag eine Mehrheit dafür gegeben, dieses nur in Deutschland existente, menschenunwürdige Regulierungsinstrument wenigstens für Thüringen endlich abzuschaffen. Auch die Grünen, die SPD und wir hatten die Abschaffung im Wahlprogramm stehen. Schade nur, dass bei der SPD politische Forderung und politisches Handeln so weit auseinander liegen, wie bei keiner anderen Partei in diesem Parlament. Die Sozialdemokraten könnten dem Antrag jetzt nicht zustimmen, da eine eigene Gesetzesänderung geplant sei. Mit der würde aber der erlaubte Bewegungsradius von Asylbewerbern nur im Promillebereich vergrößert. Unsere Abgeordnete Sabine Berninger brachte es auf den Punkt: Dieses Verhalten ist typisch SPD. Ich hatte selbst vor zwei Jahren in meinem Bundestagswahlkreis den Fall eines Asylbewerbers aus dem Iran. Er war aus seiner Heimat geflüchtet, weil er dort als zum Christentum Konvertierter mit dem Tod bedroht wurde. Hier war es seine Kirchgemeinde, die sich um ihn kümmerte und es ergab sich sogar eine Möglichkeit in einer Firma zu arbeiten. Nur war der Betrieb genau hinter der Kreisgrenze und die zuständige Ausländerbehörde sah es nicht ein, für diesen Fall eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Auch wenn der junge Mann zu mir ins Büro kommen wollte, um sich beraten zu lassen, musste ich jedes Mal vorher eine schriftliche Einladung ausstellen, damit er nicht auf dem Weg zu mir verhaftet wird. Die CDU sollte sich schämen, dass sie mit der Verteidigung der Residenzpflicht das christliche Menschenbild einfach ignoriert und dass die SPD hier tatenlos zusieht, finde ich eigentlich noch schlimmer.“