„Steuergerechtigkeit ist ein zutiefst linkes Thema“

Ronald Hande

Treffen finanzpolitischer Sprecher:innen

 

Vermögen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt: 45 Haushalte besitzen so viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammen. Das reichste eine Prozent der Bevölkerung besitzt mehr als ein Drittel des Vermögens. Oft wird in der Politik darüber gesprochen, wo gespart und gekürzt werden muss, aber nicht darüber, auf welche Einnahmen verzichtet wird, wenn Reichtum nicht ausreichend besteuert wird.


Die haushalts- und finanzpolitischen Sprecher:innen der Fraktionen DIE LINKE trafen sich in Schwerin, um deshalb die weitere politische Linie in der Haushalts- und Finanzpolitik zu beraten und sich auszutauschen. Vertreter:innen fast aller Landtagsfraktionen und der Bundestagsfraktion waren anwesend. Das Treffen sollte vor allem Steuern und Steuergerechtigkeit als Schwerpunkt setzen. „Steuergerechtigkeit ist ein zutiefst linkes Thema, bei dem jedem von uns der Kampfgeist entfacht“, erklärte Ronald Hande, Sprecher für Haushalt und Finanzen der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag. „Steuern sind die grundlegende Einnahme des Staates“, so Hande weiter. Ein weiterer Grund für die Finanzer:innen, genauer hinzuschauen.

 

Steuer(un)recht


Zum Thema Erbschaftssteuer war die Referentin Julia Jiermann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit anwesend. Sie referierte über die Ungerechtigkeiten, die es im System der Erbschaftssteuer gibt. Das Netzwerk und auch die Politiker:innen der Partei DIE LINKE kritisieren, dass millionenschwere Erbschaften nicht besteuert werden. Deswegen wird nur circa ein Drittel des gesamten Steuerpotenzials überhaupt besteuert. Mehrere Milliarden mehr könnten die Steuerabgaben somit einbringen. Das ist insofern für die Länder spannend, da die Ertragskompetenz bei ihnen und nicht beim Bund liegt. So waren sich alle einig, dass eine Reform der Erbschaftssteuer dringend geboten ist. Die Referentin stellte auch dar, dass, je mehr eine Person erbt, desto weniger bis hin zu gar keinen Steuern müsse diese Person prozentual zahlen. Einen Lösungsschritt in der Besteuerung von vererbten Betriebsvermögen sah Frau Jiermann darin, dass die Steuer nicht mit Erhebung fällig wird, sondern innerhalb mehrerer Jahre abgezahlt werden kann. Dadurch würden Betriebserben ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft gerecht, aber müssten eine Erbschaft nicht wegen der Steuer ablehnen.


Eine Forderung, die die PDS schon vor knapp 20 Jahren lautstark vertreten hat, wies der Abgeordnete Hande hin. Die Anwesenden in Schwerin verabredeten eine konzertierte Kampagne, um die Bundesregierung dazu zu bringen, endlich die soziale Ungerechtigkeit der Erbschaftssteuer zu eliminieren. Auf das Thema „Erbschaftssteuer“ folgte die Grunderwerbssteuer. Sowohl Hamburg als auch Thüringen verhandeln im Parlament gerade die Senkung eben jener. Mehreren Berichten war zu entnehmen, dass eine Veränderung dieses Steuersatzes nicht zu messbaren Veränderungen auf dem Immobilienmarkt führe. Deswegen hielt die Runde das Mittel der Steuersatzsenkung für ungeeignet, um Familien zu entlasten, da es sehr viel höhere Minderausgaben in den Haushalten nach sich zieht als es effektiv bringt. „Wir reißen uns ein Loch in die Haushalte, ohne diejenigen zu fördern, die es bräuchten“, so Hande. „Viel geschickter wäre eine zielgerichtete Förderung und Beibehaltung des Steuersatzes.“ Deswegen wurde über das Modell aus Nordrhein-Westfalen gesprochen, wo eine Förderung von Familien durch eine Rückzahlung der Steuerlast beantragt werden kann. Dadurch soll die Förderung bei den Familien ankommen und nicht in einer Pauschalsubventionierung enden.

 

Linke Steuerkonzepte


Beim Thema „Steuern“ sehen die Finanzpolitiker:innen den Bedarf, noch einmal genau darauf zu schauen. Deswegen wurde vereinbart, die Steuerkonzeption aus dem Jahr 2011 wieder aufleben zu lassen und sie auf den neuesten Stand zu bringen. Unter anderem muss in diesem Zusammenhang auch noch einmal die Übergewinnsteuer auf den Tisch. Die Kapitalertragsteuer ist von der Grundkonzeption schon ungerecht aufgebaut. Kapitalerträge werden mit maximal 25 Prozent besteuert. Alle anderen Einkommensarten werden mit bis zu 45 Prozent besteuert. „Wer also nur ein paar Aktien rum schiebt, wird besser behandelt als zum Beispiel ein Arzt im Krankenhaus“, erklärt Ronald Hande. An verschiedenen Stellen wird DIE LINKE das Steuersystem durchleuchten. Dieses Konzept soll die Veränderungen darstellen, um eine gerechte Besteuerung zu schaffen. Ebenfalls werden damit die rechnerischen Auswirkungen auf die Haushalte vorgestellt. Andreas Schuster, Referent für Haushalt und Finanzen, war schon bei der allerersten dieser Steuerkonzeptionen mit dabei und hat auch die nachfolgenden mitgeschrieben und berechnet. „Es gibt viele gute linkspolitische Steuerkonzepte, das des Netzwerkes für Steuergerechtigkeit oder die der Gewerkschaften. Wir hoffen, all diese zusammen unter einem Schirm zu vereinbaren“, so Hande weiter.

 

Kein politischer Spielball


In jeder Ebene stehen in den kommenden Monaten Haushaltsverhandlungen an, ob regierungstragend, -beteiligend oder Opposition, ob Einzelhaushalt, Doppelhaushalt oder Nachtragshaushalt. Ohne den Haushalt sind den Regierenden, aber auch den Verwaltenden, in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. Fördergelder werden eingefroren, Kulturzuschüsse dürfen nicht mehr ausbezahlt werden und Vereine bekommen weniger Hilfsleistungen. Der Haushalt sollte deswegen nicht zum politischen Spielball der Opposition werden dürfen.


Für Haushälter:innen ist es immer wieder spannend, da sie bei fast allen Themen am Rande oder sehr explizit involviert sind. Ein wichtiger Themenkomplex, der derzeit in allen Regierungen besprochen wird, sind die Themengebiete Dekarbonisierung, Energieunabhängigkeit, technischer Umweltschutz und Wirtschaftsförderung zur Klimaneutralität. Jedes Bundesland geht damit anders um. So haben Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen jeweils ein Sondervermögen aufgelegt. Thüringen hat knapp 415 Millionen Euro bereitgestellt, um Klimaneutralität herzustellen und steigende Energiepreise abzufedern. Auch der Umweltschutz kommt am Geld nicht vorbei. Bis auf das in Thüringen haben die Sondervermögen einen breiten millionenschweren Kreditrahmen offen. Berlin ist hier noch einen Schritt weiter gegangen und hat einen Fonds in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro aufgelegt.


Nach einer intensiven Diskussionsrunde verabredeten sich die Sprecher:innen auf einen nächsten Termin, um die ersten Schritte der neuen Steuerkonzeption zu beraten. „Ein spannender Ausflug für mich und meine Mitarbeiter. Viele neue Eindrücke und auch Ideen. Mecklenburg-Vorpommern hat einen Bürgerfonds, den wir vielleicht übernehmen sollten. Das ist etwas Ähnliches wie unsere Lottomittel, nur ein wenig umfangreicher“, fasste Ronald Hande den Tag zusammen.