Parlamentsreport 06-2022

Fundierte Debatte

Am 20. März – so war es lange durch die Bundesregierung angekündigt – sollten die weitreichenden Beschränkungen zum Schutz der Menschen vor Corona enden. Das politische Versprechen war ebenso groß wie die Hoffnung, dass mit Frühlingsbeginn und einer ausreichend hohen Impfquote Grundrechtsbeschränkungen im bisherigen Umfang nicht mehr notwendig sein müssen. Doch die Hoffnung hat ein weit weniger massives Fundament, als erwartet. Einerseits stagnieren Hospitalisierung und Belegung der Intensivstationen auf einem konstanten, aber wohl handhabbaren Niveau. Die Gefahr eines drohenden Zusammenbruchs des medizinischen Versorgungssystems scheint weniger akut zu sein. Andererseits verweist insbesondere der Bundesgesundheitsminister auf die massiv steigenden Inzidenzen und die nach wie vor hohe Anzahl von Todesfällen mit Corona infizierter Menschen.


Wirkliche Schlussfolgerungen werden hingegen daraus nicht gezogen. Auch eine fundierte Risikobeurteilung mit neu aus den nun vorliegenden Erkenntnissen abgeleiteten Schwellenwerten für einheitliche Schutzmaßnahmen sucht man vergeblich. Stattdessen laufen die Regelungen auf Bundesebene aus und die Landesregierungen und Landesparlamente werden gesetzlich in die Pflicht gesetzt, Masken- und Testpflicht sowie Zugangsbeschränkungen in besonderen Bereichen festzulegen. Eine Bundeseinheitlichkeit der Maßnahmen wird es so nicht geben können. Was aber nach zwei Jahren Pandemie weit schwerer wiegt, dass der politisch motivierte Streit in den Ländern eine fachlich fundierte Debatte überlagern und die Akzeptanz für weiterhin notwendige Schutzmaßnahmen in der Gesellschaft weiter sinken wird. Die Ampel-Koalition hat ihre Chance für eine neue Corona-Politik damit endgültig verspielt.
 

Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender

 

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