Parlamentsreport 16-2022

Parlamentsreport

Im Juli 2022 veröffentlichte der Paritätische Wohlfahrtsverband seinen jährlichen Armutsbericht. Die Werte sind alarmierend. Was besonders hervorsticht: 21 Prozent aller Kinder und Jugendlichen sind von Armut betroffen. Umso größer waren die Erwartungen, wie insbesondere kinderreiche Familien und Alleinerziehende mit dem in der Bundesregierung verabredeten sogenannten „Entlastungspaket III“ vor einer Verschärfung und Ausweitung von Armut durch die Preisexplosionen bei Lebensmitteln, Strom, Gas und Heizung geschützt werden. Doch das als „wuchtig“ angekündigte Paket lässt Familien mit Kindern im Regen stehen.
Eine magere Erhöhung des Kindergeldes um 18 Euro monatlich (erst ab Januar 2023) ergibt für eine Familie mit zwei Kindern gerade einmal 432 Euro Entlastung für ein gesamtes Jahr. Die Anhebung des Grundsicherungsregelsatzes auf 500 Euro belässt das Grundsicherungsniveau unterhalb der Armutsgrenze. Die im gesellschaftlichen Leben erfahrenen Folgen von Armut sind unwürdig. Dies gilt vor allem für eine Gesellschaft mit ungeheurem, aber ungerecht verteilten Reichtum. Dieser produziert und vergesellschaftet Folgekosten. Die Bundesländer versuchen diese vorprogrammierte Armut teilweise abzufedern, indem sie Härtefallregelungen, Beratungs- und Betreuungsstellen, Familienkarten und anderes finanzieren. Aber es wäre längst an der Zeit, von Bundesseite aus Armut systemisch und strukturell zu bekämpfen und nicht nur den Bundesländern die Nachsorge zu überlassen.
Was es braucht, ist eine radikale, eine an die Wurzeln gehende Armutsbekämpfungspolitik – und der hierfür erste, längst überfällige Schritt ist die Einführung einer Kindergrundsicherung. Mit dem seit 2019 in Thüringen begangenen Weltkindertag als gesetzlichem Feiertag am 20. September haben wir in Thüringen einen Tag auch dafür geschaffen, die Rechte von Kindern wieder in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken. Das Recht auf ein würdevolles Leben ohne Armut ist das grundlegendste Recht. Dieses Recht zu sichern, wird eine Kernforderung am 20. September – dem Weltkindertag – sein. Finanzieren könnte der Bund diese Maßnahme zum Beispiel durch die Einführung einer Übergewinnsteuer, die auf leistungslose Gewinne in Krisenzeiten erhoben werden könnte. Fest steht, echte Entlastungen von Familien kommen durch zielführende Maßnahmen.
Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender

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