Familienpolitik vor Ort

Cordula Eger, Ralf Kalich

Die Entwicklung im Pflegebereich macht vielen, auch außerhalb des direkten Berufszweiges Sorgen. Wegen prekärer Arbeitsbedingungen und geringer Entlohnung ist es gerade schwer, Auszubildende und Mitarbeitende für die Arbeit zu begeistern. Das Thema hat auch bei den Landtagsabgeordneten Cordula Eger, Sprecherin für Familie und Senioren und Ralf Kalich, Sprecher für Landesentwicklung, eine große Bedeutung. Gemeinsam besuchten sie deshalb im Mai den Saale-Orla-Kreis, um sich über die Angebote im Senioren-, Familien- und Jugendbereich bei der Volkssolidarität in Schleiz sowie im Kinder- und Jugendheim der Diakonie in Ranis zu erkundigen.
Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Umsetzung der Landesprogramme „Solidarisches Zusammenleben“ und „AGATHE - Älter werden in Gemeinschaft“, die von der rot-rot-grünen Landesregierung ermöglicht wurden, um eine bedarfsgerechte Familienförderung und Angebote gegen Einsamkeit und Vereinsamung älterer Menschen sowie Seniorenbetreuung in den Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens abzusichern. In Ranis begleiteten die Landtagsabgeordneten die Kreistagsfraktion der LINKEN.

Die stellvertretende Geschäftsführende der Volkssolidarität Oberland e. V. , Manuela Kaufmann, hatte viele Hinweise im Gepäck, die im Zusammenhang mit der Entwicklung nach der Pandemie sowie der Landesförderung stehen. Die angespannte Lage im Fachkräftebereich hat sich in den Kindergärten und der Jugendarbeit relativ beruhigt. Die Herausforderungen seien dennoch groß, denn Kinder und Jugendliche brauchen jetzt mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit. Da sei es für viele unverständlich, dass auch Kürzungen in der Jugendförderung anstehen. Dazu Ralf Kalich: „Diese Stolperfalle haben wir der CDU-Fraktion zu verdanken, die den Landeshaushalt nur beschließen wollte, wenn globale Minderausgaben von insgesamt 330 Mio. Euro festgeschrieben werden. Diese parteipolitische Sparpolitik ist ein gefährliches Spiel mit der Zukunft in Thüringen, da wichtige Projekte und Entwicklungsschritte ausgebremst werden. Wünschenswert wäre eine Debatte um den Haushalt gewesen, in dem die CDU öffentlich Stellung zu ihren Kürzungsvorschlägen hätte beziehen müssen.“
Der Sorge um die Entwicklungen im Berufsfeld der Pflege steht eine liebevolle Betreuung von Senioren und Seniorinnen in den Einrichtungen der Volkssolidarität Oberland gegenüber. Dies gelingt beispielsweise im „Betreuten Wohnen“ im Atrium-Gebäude in der Schleizer Innenstadt. Die Landtagsabgeordneten durften Einblicke in den Wohnbereich nehmen und kamen ins Gespräch mit den Bewohner:innen.
Das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben“ habe den Sozialverbänden in der Region geholfen, um Beratungs- und Betreuungsangebote auch in der Corona-Zeit aufrecht zu erhalten. Wichtig sei, den Zugang für die Familien auch digital noch besser abzubilden, da bislang keine eigenständige Internetpräsenz im Landkreis vorhanden sei.
„Es ist großartig, dass das Landesprogramm hier gut angelaufen ist und die Träger, aber auch die kommunalen Akteure momentan an der Fortschreibung des Familienförderplans des Landkreises arbeiten. Verstehen kann ich die Kritik, das zwar eine Vereinfachung des Antragsverfahrens wünschenswert ist, jedoch muss auch gewährleistet sein, dass die Gelder in den Landkreisen zielgerichtet und generationenübergreifend eingesetzt werden“, erklärte Cordula Eger. Sie plädiert für den Erhalt und die Weiterentwicklung der regionalen Familienförderung für eine Verstetigung der Förderung.
Bei der Besichtigung des neuen, wettbewerbstauglichen „Pumptracks“ der Stadt Schleiz wurde das Potenzial für die Jugend- und Sozialarbeit deutlich, welches am Standort erreicht werden kann. Jugendarbeiter Ronny Müller sieht große Chancen für ein attraktives Angebot für Kinder und Jugendliche im Verbund mit der angrenzenden Gebäudestruktur. Das in die Jahre gekommene Jugendhaus in Schleiz ist zwar nach wie vor eine feste Anlaufstelle, doch mit einem stärkeren innerstädtischen Bezug und der Begleitung von eigenständigen Jugendstrukturen am „Pumptrack“ sei eine zukunftsfähige Perspektive in Aussicht. Im Rahmen einer Vorstellung des Kinder- und Jugendheims der Diakonie in Ranis erhielten die Landtagsabgeordneten einen Einblick in die Tätigkeiten und Leistungen der Mitarbeitenden. Einrichtungsleiterin Yvonne Meinhardt ging dabei auf die Herausforderungen einer individuellen Lebensbegleitung der Kinder und Jugendlichen ein und machte deutlich, dass es nicht selbstverständlich sei, eine Rückführung in das ursprüngliche Elternumfeld zu erreichen. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt werden die Voraussetzungen dafür schrittweise geprüft. Meinhardt freut sich, dass in diesem Jahr endlich auch wieder ein Sommerfest zum Beginn der Sommerferien stattfindet, bei dem die Kinderbetreuung der offene Arbeit vorgestellt wird und die Kinder ein besonderes Gemeinschaftserlebnis wahrnehmen können.

In einer Gesprächsrunde mit den AGATHE-Beraterinnen aus Oppurg und der VG Ranis-Ziegenrück konnten sich Cordula Eger und Ralf Kalich davon überzeugen, dass die Investitionen in das Modellprojekt des Landes einen wichtigen Beitrag für ältere Menschen leisten. Mit den neuen vier Stellen wurden im Landkreis nun flächendeckend Kontaktstellen geschaffen, um Pro­blemlagen aufzufangen, Beratungen anzubieten, Netzwerke zu schaffen und damit der Einsamkeit von Seniorinnen und Senioren im ländlichen Raum entgegenzuwirken. Oft sind es die kleinen Gespräche, die für diese Altersgruppe wichtig sind, um einen würdigen Lebensalltag zu gestalten. Fest steht für die Abgeordnete Eger, dass die Förderung vom Landesprogramm AGATHE auch im Haushalt 2023 gesichert werden muss, damit die jüngst etablierten Strukturen nicht einbrechen und ihre Wirkung entfalten können. Auf längere Sicht muss die Bundesregierung aber eine Finanzierung sicher stellen. Beide Abgeordneten sind dankbar für die Gelegenheit, solch tiefe Einblicke in die Praxis im Saale-Orla-Kreis erhalten zu haben. Isabel Kreke, Philipp Gliesing