Neuer Verfassungsschutzbericht: Geheimdienst bindet unnötig Personalstellen

Ronald Hande

Anlässlich des heute vorgestellten Verfassungsschutzberichtes erklärt Ronald Hande, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag: „Der heute vorgelegte Bericht ist nicht nur eine Fortsetzung systematischer Mängel im Berichtswesen des Amtes. Er unterstreicht zudem, dass der Geheimdienst den Anspruch eines ‚Frühwarnsystems‘ überhaupt nicht erfüllen kann. Es ist der vierte Bericht in Folge, der nicht erklären kann, warum seit vier Jahren in Folge im Geheimdienst rund vierzehn Personalstellen eingeplant sind, die einfach nicht besetzt werden. Wir haben hier viel zu viel Personalstellen, so dass ein weiterer Aufwuchs nicht begründet ist. Wir schlagen vor, diese vierzehn Stellen zu streichen und an die Polizeischule in Meiningen zu übertragen, um dort mehr Stellen für Lehrpersonal zu schaffen, die tatsächlich die Ausbildung für eine adäquate Gefahrenabwehr stärken und keine Ministerialabteilung, die mit 199 Tagen Verspätung Zahlenmaterial der Polizei wie die Kriminalstatistik oder antifaschistische Recherchen reproduziert.“

Hande weiter: „Durch den Aufbau des Berichts wird wie in den Vorjahren die zunehmende Radikalisierung der rechten Szene verharmlost und verzerrt. Die AfD findet sich etwa als Opfer von Straftaten wieder, vergleichende Darstellungen gegen die anderen Parteien gibt es nicht, obwohl allein 65 mal Partei- und Abgeordnetenbüros von CDU, SPD, Grünen und Linken im Berichtszeitraum attackiert wurden, letztere in 24 Fällen. Der Verfassungsschutz bleibt in wesentlichen Teilen im Blindflug und das nicht, weil er mangelnde Befugnisse hat, sondern weil er in Teilen weiterhin verkrusteten Denkmustern aus den 90er Jahren hinterherrennt. Hier in einen weitgehend kontrollfreien Raum zusätzliche Überwachungsmethoden zu geben, wie dies etwa die CDU fordert, wäre unverantwortlich“.

Der Abgeordnete nennt ein Beispiel: „Der Thüringer Geheimdienst bindet seit 26 Jahren Ressourcen mit einem eigenen Sachgebiet für die Scientology-Sekte, die in Thüringen keine relevante Rolle spielt und sogar der Bericht am Rande einräumen muss, dass es keinerlei organisatorische Struktur in Thüringen gibt. Stattdessen verpasst die Behörde wesentliche Entwicklungen in der rechten Szene, nicht nur neue organisierte Neonazi-Jugendgruppen, sondern auch fortgesetzte Radikalisierungen. Was sich seit Jahren teils wöchentlich in Gera abspielt, wie dort Neonazi-Szene, AfD und Querdenker verwachsen sind und den Staat herausfordern, wie dort extrem rechte Intensivstraftäter die Meute aufwiegeln gegen Zivilgesellschaft, Medienschaffende, Lokalpolitiker:innen und Polizist:innen, die teils persönlich und namentlich angegriffen werden, weil sie für die Demokratie und Sicherheit des Landes einstehen, also den Schutz der verfassungsgemäßen Grundrechte, darüber findet man dort nichts in diesem Bericht. Fakten und Analysen von Medien, Wissenschaft und vor Ort engagierten liefern hier wesentlich zügiger und hochwertiger Informationen für uns als Parlament, staatliche Stellen und die Öffentlichkeit.“

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