Kein Generalverdacht auf dem Anger – Die Linke warnt vor gefährlichen Folgen der Kameraüberwachung
Ronald Hande, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, übt scharfe Kritik an der für kommende Woche geplanten Aktivierung der neuen Videoüberwachung auf dem Erfurter Anger: „Was über Jahre öffentlicher Raum war, soll nun zum technischen Überwachungsareal werden. Statt wirksamer Sicherheit will die Landesregierung ein System der dauerhaften Überwachung der Bürgerinnen und Bürger auf dem Anger errichten. Betroffen sind nicht nur vermeintliche Kriminelle, sondern alle: Schüler, Rentner, Berufstätige, Familien, Touristen. Dabei wird auch Privates wird erfasst. Überwachung zeichnet nicht nur auf, sie verändert Verhalten. Wer beobachtet wird, passt sich an. Spontanität, Nähe und freie Meinungsäußerung - all das läuft Gefahr, auch weniger zu werden.“
Der Abgeordnete verweist auf den nachgewiesenen sogenannten Chilling-Effekt: „Selbst wer nichts Unrechtes tut, verändert sein Verhalten, wenn er sich überwacht fühlt. Persönliche Gesten unterbleiben, politische Meinung wird nicht mehr offen gezeigt, soziale Räume verlieren an Freiheit. Öffentliche Orte werden zu Zonen stiller Selbstzensur und das ist nicht Theorie, sondern durch zahlreiche Studien aus Großbritannien und den USA wissenschaftlich belegt. Noch in der vergangenen Legislatur erklärte das Innenministerium nach Auswertung zahlreicher internationaler Studien, dass Videoüberwachung ‚kaum geeignet sei, das subjektive Sicherheitsgefühl dauerhaft zu steigern‘ und dass dieses Gefühl ohnehin ‚kein geeigneter Maßstab für wirksame Kriminalitätsbekämpfung‘ sei. Der Minister ist heute derselbe, doch bedauerlicherweise hat er seine Haltung mit der Kamera gleich mitgedreht.“
Auch sicherheitspolitisch warnt Hande vor fatalen Folgen: „Im Mai 2025 haben das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und internationale Sicherheitsdienste vor massiven Hackerangriffen auf Kamera-Systeme in Europa gewarnt, auch im öffentlichen Raum, verübt durch eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes APT28. Der britische ‚Guardian‘ berichtet von 10.000 betroffenen Kameras, darunter auch in EU-Staaten wie Polen, Rumänien oder der Slowakei. Solche Systeme werden schnell zu digitalen Einfallstoren, nicht nur für Spionage, sondern auch für Missbrauch durch Dritte. Wer heute noch behauptet, Kameras seien sicher, ignoriert die Realität moderner Cyberbedrohungen. Dass die Landesregierung nicht einmal den Versuch unternimmt, diese Überwachung wissenschaftlich unabhängig evaluieren zu lassen, ist ein Offenbarungseid. Wer tief in Freiheitsrechte eingreift, muss wenigstens bereit sein, die Wirkung kritisch prüfen zu lassen. Stattdessen erleben wir Überwachung ohne Nachweis und ohne Kontrolle. Wir fordern daher: Schluss mit diesem blind gestarteten Überwachungsprojekt in der Erfurter Innenstadt, die Landesregierung muss die Überwachung abbrechen!“
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