„Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Jugendhilfe der Stadt Suhl“

Philipp Weltzien
Ab dem kommenden Jahr müssen die Mittel für die Jugendarbeit in Suhl drastisch gekürzt werden. Als direkte Folge steht jeder dritte Jugendklub vor dem Aus. Diese Entscheidung des Stadtrates hat weitreichende Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, aber auch für die Mitarbeiter:innen der Einrichtungen.


Suhl ist bekannt als die „älteste Stadt Deutschlands“ mit einem Durchschnittsalter der Bevölkerung von 50,3 Jahren. Und Suhl ist bekannt als die Stadt, die nach der Wende so viele Menschen verloren hat wie keine andere. Arbeitsplätze verschwanden und mehr als 20.000 Menschen kehrten Suhl den Rücken. „Gerade hier, wo man gegen Abwanderung und für die Jugend etwas tun müsste, entscheidet sich der Suhler Stadtrat für Kürzungen im Jugendbereich. Das ist nicht nachvollziehbar“, erklärt Philipp Weltzien, Abgeordneter der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, der seinen Wahlkreis in Suhl hat. Besonders betroffen von den Kürzungen in Suhl: Die Jugendklubs der Stadt, darunter das „Nordlicht“.
Hier treffen sich täglich zwischen zehn und zwanzig Mädchen und Jungen zu verschiedenen Aktivitäten. Von der Hausaufgabenbetreuung über Sportangebote bis hin zum Musikunterricht bietet der Klub vielfältige Möglichkeiten, sich zu engagieren und Neues auszuprobieren. Die Kürzungen bei der Jugendförderung sind Teil eines neuen Jugendförderplans, der drastische Mittelkürzungen vorsieht. In den kommenden Jahren werden Stellen abgebaut, was zu einer Reduzierung der Angebote und einer Verschlechterung der Betreuungssituation führen wird. Besonders betroffen sind Jugendliche aus sozial schwachen Familien, die oft nicht auf die Unterstützung ihrer Eltern zählen können. Für viele sind die Jugendeinrichtungen ein Rückzugsort, um ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten und nicht allein zu sein. „Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Jugendhilfe der Stadt Suhl“, so Weltzien.

Mitarbeitdende frustriert

Auch die Mitarbeitenden des „Nordlichts“ widersprechen der Behauptung der Stadt, die Nutzerzahlen seien rückläufig. Sie betonen die Stabilität der Zahlen und den nach wie vor großen Bedarf an Unterstützung für die Jugendlichen. Wenn es dann vonseiten des Stadtrates heiße, man könne die Jugendarbeit ja auch ehrenamtlich vollziehen, dann scheint die Anerkennung umso geringer. „Es ist einfach nur bitter. Wir wussten, dass die Jugendarbeit schrittweise reduziert werden sollte. Der Plan war aber bis 2029. Dass der Abbau nun so rapide kommt, ist unverständlich“, erklärt André Strauß, Sozialarbeiter im Suhler „Nordlicht“. Man habe keinerlei Ankündigung gehabt, im Gegenteil. Im vergangenen Jahr wurden noch Mitarbeitende eingestellt, die Küche und das Computer Kabinett erneuert. Hätte man die Information der schnellen Schließung früher erhalten, hätte man einen sanfteren Rückbau einleiten können, so Strauß.  Für die betroffenen Mitarbeitenden des „Nordlichts“ und anderer Jugendklubs ist die Zukunft ungewiss. Die Stadt hofft, sie an anderer Stelle weiterbeschäftigen zu können, doch für viele stellt sich die Frage, ob sie in anderen Bereichen der Jugendarbeit tätig sein können. Auch für die Kinder und Jugendlichen selbst gibt es keine Alternative.
Die Suhler „Jugendschmiede“ wird es wahrscheinlich an einem neuen Ort und mit einem neuer Träger weiter geben, jedoch mit weniger Budget. Grundsätzlich sei die Nachricht der in der Stadtmitte liegenden „Jugendschmiede“ gut, jedoch weniger hilfreich für die Jugendlichen aus dem Norden. Wegen des Weges aber auch wegen der Sozialstruktur.

Großer Handlungsbedarf

Um die Jugendhilfe voranzubringen, braucht es das Zutun auf Landes- und kommunaler Ebene. Das Land stellt die finanziellen Mittel zur Verfügung, es liegt an den Kommunen, diese zielgerichtet zu nutzen. Vor allem in CDU-Kommunen besteht dort Handlungsbedarf. Und auch in der Landespolitik sind konstruktive Diskussion besonders schwer, wenn generelle Sparzwänge als Wahlkampftaktik von Parteien wie der CDU  politisch durchgesetzt werden.

 

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