Untersuchungsausschuss Treuhand: Die Linke stimmt Abschlussbericht nicht zu

Der Untersuchungsausschuss „Treuhand in Thüringen“ hat heute den Abschlussbericht inklusive eines Wertungsteils, der die Ergebnisse für die Öffentlichkeit einordnen soll, beschlossen. Der vorliegende Bericht konnte die Mitglieder der Fraktion Die Linke jedoch nicht überzeugen. Andreas Schubert, Obmann der Linken, erklärt:

„Wir konnten dem Bericht in seiner jetzigen Form nicht zustimmen und werden unsere Schlussfolgerungen in einem eigenen Sondervotum zusammenfassen. Wir sind es den Betroffenen der desaströsen Treuhandpolitik schuldig, die Geschichte ehrlich aufzuarbeiten. Denn die Massenarbeitslosigkeit verbunden mit Abwanderungsbewegungen und die Deindustrialisierung ganzer Regionen in den 1990ern wirken sich bis heute negativ auf die Lebenswirklichkeiten der Thüringerinnen und Thüringer sowie die Wirtschaftsstruktur im Freistaat aus. Die konservativen Regierungen in Bund und Land haben nachweislich die neoliberale Strategie der Treuhand unterstützt.“

Die Treuhandanstalt hat die Hochdruckprivatisierungen in den 1990er Jahren zu verantworten. Ehemalige VEBs wurden viel zu oft unter Wert verkauft, zerschlagen oder drastisch verkleinert. Lena Saniye Güngör, arbeits- und gewerkschaftspolitische Sprecherin und Mitglied im UA, unterstreicht: „Der Untersuchungsausschuss hat klar gezeigt, dass die geringere Tarifbindung und der niedrigere, gewerkschaftliche Organisierungsgrad in Thüringen gegenüber westdeutschen Bundesländern auch auf die neoliberale Privatisierungsstrategie in den 90ern zurückzuführen ist. Diese Erkenntnisse müssen klar benannt werden.“

Auch Ronald Hande, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion und ebenfalls Mitglied des Untersuchungsausschusses, bekräftigt: „Die Turboprivatisierungen der 1990er hinterließen Spuren in der Thüringer Wirtschaft, die sich gerade im ländlichen Raum heute noch zeigen. Ostdeutsche Betriebe wurden an finanzstarke Investoren ohne regionalen Bezug verscherbelt, anstatt selbstbestimmte Betriebsmodelle, wie das Management-Buy-Out engagiert zu fördern.“

Der Untersuchungsausschuss „Treuhand in Thüringen hat über 60 Zeuginnen und Zeugen angehört, die teilweise aus erster Hand von ihren Erfahrungen mit der Privatisierungsbehörde berichteten. Historikerinnen und Historiker ordneten die Geschehnisse in einen größeren Kontext ein und verantwortliche Politikerinnen und Politiker wurden von den Abgeordneten der Linksfraktion kritisch nach ihrer Rolle in der Transformationszeit befragt.

Andreas Schubert abschließend: „In der Gesamtschau muss man konstatieren, dass die Treuhandanstalt in ihrer Struktur den neoliberalen Geist der Thatcher-Reagan-Kohl-Ära atmete: Betriebe in Thüringen wurden zu einem Großteil unter Wert verkauft, um Privatisierungen so schnell wie möglich zu realisieren. Der Markt wurde als Allheilmittel für die Bewältigung der vielfältigen Probleme des Umstrukturierungsprozesses der 90er Jahre betrachtet. Gleichzeitig wurden soziale Sicherungssysteme vernachlässigt, Massenarbeitslosigkeit zugelassen und kluge Strukturpolitik verunmöglicht. Es ist eine Geschichte des Scheiterns, die zeigt, dass Transformationsprozesse von einer aktiven Wirtschafts- und Sozialpolitik begleitet werden müssen, die niemanden zurück- und Mitbestimmung zulässt.“