Parlamentsreport 18-2023

Demokratie ist ein Wertesystem

Am 14. September 2023 hat der Thüringer Landtag im Plenum die Absenkung der Grunderwerbsteuer beschlossen und eine bundesweite Debatte ausgelöst. Wieder einmal wurde diskutiert, ob die Mauern, die eine demokratische Gesellschaft vor den Feinden der Demokratie schützen sollen, in Thüringen eingerissen wurden. Dass dies passieren würde, war den politisch Verantwortlichen in der CDU in Thüringen bewusst, und sie waren darauf vorbereitet. Die Entscheidung der Thüringer CDU war der Anlass für Friedrich Merz, sein vor drei Wochen noch erklärtes „Nein heißt Nein“ und seine Ankündigung, Politik ohne die AfD zu gestalten, weil es in allen Parlamenten Mehrheiten jenseits der AfD gäbe, vollständig aufzuheben. Gleichzeitig wurde erklärt, es handele sich ja um einen ganz normalen Vorgang, wenn eine Fraktion einen Antrag einreicht und eine Mehrheit von Abgeordneten diesem zustimmt. Und in der Tat: Die Abstimmung war ein nach den Regeln der Demokratie absolut zulässiger und nicht zu beanstandender Vorgang. Nur ist Demokratie mehr als das Einhalten von Regeln.


Demokratie ist ein Wertesystem, das letztlich allen Menschen dient und den einzelnen schützt. Die AfD ist eine extrem rechte Partei, nicht weil der Verfassungsschutz sie als solche bezeichnet, sondern weil ihre täglich im Thüringer Landtag erlebbare Politik sie als solche erkennbar macht. Wer extreme Rechte einlädt, die Gesellschaft zu gestalten, gefährdet die Demokratie. Vielleicht nicht unmittelbar, aber schleichend durch die Normalisierung als demokratischen Akteur, an deren Ende auch die Beteiligung an Regierungen steht. Die Zuspitzung eines solchen Prozesses kann in den Geschichtsbüchern nachvollzogen werden.


In Thüringen gibt es seit 2020 eine Minderheitsregierung. Nicht, weil es besonders praktikabel oder sinnvoll ist, sondern weil es keine Mehrheit im Landtag gab, die eine gestaltende Parlamentsmehrheit oder eine Regierung hätte abbilden oder bilden können. Das hat sich nun geändert: Die CDU hat eine Koalition in der Opposition, eine gestaltende Parlamentsmehrheit gebildet und es droht eine regierende Mehrheit unter Einschluss einer extrem rechten Partei gegen die Regierung. Das kann nicht als ein normaler demokratischer Prozess verstanden werden.

Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender

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