Polizeivertrauensstelle muss Polizeibeamten offen stehen

Steffen Dittes

Zu dem heute im Kabinett vorgestellten ersten Jahresbericht der unter Rot-Rot-Grün eingerichteten Polizeivertrauensstelle erklärt Steffen Dittes, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag: „Dass sich binnen eines Jahres etwa 400 Menschen mit Beschwerden, Anliegen und Bitten an die Stelle gewandt haben, macht den Bedarf nach einer für Bürgerinnen und Bürger niedrigschwelligen Möglichkeit, angenommenes oder tatsächliches Fehlverhalten von Polizeibeamten vortragen zu können, deutlich.“

Der LINKE-Abgeordnete weiter: „Fehler und Rechtsverstöße im polizeilichen Handeln sind nicht per se ausgeschlossen. Wenn diese auftreten, dürfen sie nicht unter den Tisch gekehrt werden. Die Menschen müssen erwarten können, dass ihre Beschwerden ernst genommen, geprüft und bewertet werden und wenn diese begründet sind, es auch zu einer Änderung künftigen polizeilichen Handelns kommt. Eine Fehlerkultur, die Fehlverhalten nicht ausschließt, sondern aufarbeitet, um künftige Wiederholungen auszuschließen, fördert die Akzeptanz und den Respekt gegenüber der Polizei. Es war richtig, dass die derzeitige Koalition - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - die Polizeivertrauensstelle eingerichtet hat.“

Dittes stellt jedoch klar, dass die bisherige Form der Vertrauensstelle weiterentwickelt werden müsse, weil diese bislang ausschließlich von Polizeieinsätzen betroffenen Menschen, nicht aber für Polizeibeamte selbst, offen steht. „Auch Polizisten registrieren Missstände, kritische Entwicklungen und Fehlverhalten und auch sie wollen Anliegen und Beschwerden außerhalb von Dienstaufsichts- oder Strafverfahren ohne Nachteile für ihre eigene berufliche Entwicklung vortragen können. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen den vielfach aus den Reihen der Polizei geäußerten Wunsch Rechnung getragen und am 1. März 2019 durch den Landtag einen Beschluss herbeigeführt, wonach die Vertrauensstelle noch in dieser Legislatur für Polizeibeamtinnen und -beamte durch die Landesregierung geöffnet werden soll“, so Dittes.

Von den 400 Meldungen von Bürgern handelte es sich in 208 Fällen um Beschwerden gegen Beamte oder polizeiliche Maßnahmen, von denen 163 bereits die Landespolizeidirektion und die jeweils zuständigen Inspektionen geprüft hätten, davon seien allein 41,72 Prozent schon seitens der Polizei für ganz oder teilweise begründet angesehen worden, in 17 Fällen seien strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden. Einem Polizisten sei das Verbot der Führung von Dienstgeschäften ausgesprochen sowie ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer Entfernung aus dem Dienst eingeleitet worden. Die Fallzahlen haben sich sukzessive über das Jahr 2018 erhöht und verdeutlichen die wachsende Akzeptanz der Einrichtung.

Dass die beim Thüringer Staatssekretär für Inneres und Kommunales angesiedelte Polizeivertrauensstelle zumindest räumlich außerhalb des Innenministeriums eingerichtet wurde, führt nach Einschätzung von Dittes nur eingeschränkt zur Wahrnehmung einer von der Polizei unabhängigen Vertrauensstelle. „Um sowohl das Vertrauen der Polizeibediensteten als auch das der BürgerInnen zu gewinnen und fortbestehende Schwellenängste zu minimieren, sollte die Stelle perspektivisch vollständig aus der Ministeriumsstruktur herausgelöst werden. Aus diesem Grund hat der Landtag ebenfalls beschlossen, dass in der geplanten Evaluierung auch die Unabhängigkeit der Polizeivertrauensstelle geprüft werden soll“, so Dittes.

Nach der derzeitigen Dienstanweisung soll die Evaluierung erstmals zum Jahresende 2019 erfolgen.