Dittes: Weitere Strafrechtsverschärfung bei Angriffen auf Polizisten nicht zielführend

Die Bundesländer Hessen und Saarland werden bei der heute beginnenden Innenministerkonferenz nach Medienberichten den erneuten Vorschlag einbringen, eine Mindesthaftstrafe von sechs Monaten bei Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte einzuführen. Steffen Dittes, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Thüringer Landtag, dazu: "Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte ist selbstverständlich nicht hinnehmbar. Doch eine Verschärfung der Strafgesetze, insbesondere mit dem Ziel einer halbjährigen Mindesthaftstrafe, ist weder geeignet, wirksam Gewalt zu reduzieren, noch um eine Kultur des Respekts innerhalb der Bevölkerung zu befördern." Der Abgeordnete weist darauf hin, dass bereits der angestrebte Abschreckungseffekt ins Leere läuft. "Bei den tätlichen Angriffen ereignen sich eine Vielzahl der Fälle unter Alkoholeinfluss, auch gibt es Personengruppen, die mit hoher Gleichgültigkeit vor juristischen Konsequenzen Straftaten begehen. Die Erwartung, dass gerade in solchen Fällen Menschen vor der Tat einen Blick in ein Gesetzbuch werfen, sich über eine Strafhöhe informieren, daraufhin ihr Verhalten kritisch reflektieren und von der Ausführung von einer Gewalthandlung absehen, erscheint mir nicht sehr lebensnah", so Dittes.

2015 war ein ähnlicher Gesetzesvorstoß gescheitert, wenige Jahre zuvor wurde mit derselben Begründung, Polizeibeamte vor Gewalt besser schützen zu können, das Strafrecht geändert. "Erst bei der Strafrechtsverschärfung 2011 wurde die Höchststrafe für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte  von zwei auf drei Jahre erhöht, ohne dass es inzwischen empirische Belege für eine Wirksamkeit dieser Anpassung im Sinne einer Reduktion von Tätlichkeiten gegen Polizisten gibt." Dittes weiter: "Statt mehr oder weniger hilflos eine Mindesthaftstrafe zu forcieren, wäre es auch im Sinne der Einsatzkräfte, die Gefährdungslage und ihre Ursachen realistisch zu analysieren, um adäquate Gegenkonzepte entwickeln zu können." Der Abgeordnete weist mit Blick auf den ähnlich lautenden Vorstoß aus Hessen vom vergangen Jahr auf ein weiteres Problem hin: "Wenn eine Rangelei bei einer Demonstration oder ein Eierwurf, der auch regelmäßig als Angriff nach dem entsprechenden Paragraphen gewertet wird, zwangsläufig eine halbjährliche Gefängnisstrafe nach sich zieht und niedrigschwelligere Sanktionsmöglichkeiten entfallen, dann kann von Verhältnismäßigkeit keine Rede sein."

Thüringen habe bereits eine sehr hohe Aufklärungsquote beispielsweise beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, die geltende Rechtslage ist grundsätzlich ausreichend, um Straftaten zu verfolgen. "Das Bedürfnis, den Schutz für Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte zu verbessern ist nachvollziehbar und hat auch grundsätzlich unsere Unterstützung, eine Diskussion darüber muss jedoch auf sachlich fundierter Grundlage und mit Augenmaß geschehen. Ziel ist eine offene, bürgernahe und verhältnismäßige  Amtsausübung durch  die  Einsatzkräfte für eine Kultur des Respektes gegenüber den Einsatzkräften wie im Koalitionsvertrag von LINKE, SPD und GRÜNE vereinbart".