Bundestag schafft Sicherheitslücken für Bürger und Wirtschaft - Staatstrojaner in Thüringen nicht einsetzen

Steffen Dittes

Anlässlich der heute im Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung, um allen Bundes- und Landesämtern für Verfassungsschutz und der Bundespolizei die Befugnis zum Einsatz eines Staatstrojaners zu ermöglichen, erklärt Steffen Dittes, innenpolitischer Sprecher der LINKEN im Thüringer Landtag: „Eine solche Befugnis erhöht nicht die Sicherheit, sie schwächt die Sicherheit aller Nutzer*innen von Smartphones und mobile Endgeräte. Normalerweise werden Sicherheitslücken, wenn sie bekannt werden, möglichst bald geschlossen und wir erhalten alle Meldungen, ein entsprechendes Update durchzuführen, um unser System auf den neuesten Stand zu bringen. Die heutige Gesetzesänderung bedeutet jedoch im Ergebnis, dass Sicherheitsbehörden, insbesondere Geheimdienste, nun gezielt solche Sicherheitslücken aufrecht erhalten und für sich nutzen können und das betrifft in der Regel die Geräte aller Nutzer*innen, was diese nicht nur anfällig für Kriminelle, Unbefugte und auch Geheimdienste anderer Länder anfällig macht, sondern einen schwerwiegenden unverhältnismäßigen Eingriff darstellt.“

Dittes sieht in dem Gesetz zum Einsatz des Staatstrojaners zur Quellen-TKÜ bzw. so genannten Quellen-TKÜ Plus einen Angriff auf die Integrität der Geräte und das Grundrecht auf Vertraulichkeit der Bürger. Auch geraten nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen in Gefahr, es werden Journalisten, Ärzte, Anwälte und Menschenrechtsaktivisten, aber auch Landesbeamte des Freistaats Thüringen, Politiker und Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden selbst in der sicheren Kommunikation gefährdet. Dittes weiter: „Die Vorstellung, dass man mit dem Staatstrojaner gezielt und isoliert nur ein einzelnes Gerät angreift, ist lebensfremd, da der Staat technisch die Sicherheit für alle Nutzer senken muss, um die Geräte praktisch infiltrieren zu können. Es gibt keine sichere Ausnahmemöglichkeit, die gleichzeitig den Zugang mit krimineller Absicht zu den geschaffenen und offengelassenen Hintertüren auszuschließen.“

Der Abgeordnete kritisiert, dass der Staatstrojaner, der bereits im polizeilichen Bereich höchst problematisch ist, nun auch auf die Geheimdienste übertragen würde. Dies sei eine „Aushöhlung der Grundrechte, da diese Dienste der demokratischen Kontrolle weitgehend entzogen sind und wie in Sachsen bekannt wurde, auch nicht davor zurückschrecken, Informationen über einen stellvertretenden Ministerpräsidenten zu sammeln und zu speichern.“

In Thüringen habe sich die Rot-Rot-Grüne Koalition bereits im ersten Koalitionsvertrag von 2014 gegen die Ausweitung von Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung und gegen Maßnahmen zur heimlichen Infiltration von IT-Systemen ausgesprochen und zu Staatstrojanern vereinbart, „jegliche rechtliche und gerichtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einführung und/oder Nutzung der genannten Eingriffe in Thüringen zu verhindern“.

Auch die SPD-Fraktion hatte ihr Ablehnung gegenüber dem Staatstrojaner zuletzt 2020 bekräftigt. Dittes abschließend: „Die Landesregierung ist nun aufgefordert, alle rechtlichen und gerichtlichen Möglichkeiten zu prüfen und zu unterstützen, um zu verhindern, dass durch das Amt für Verfassungsschutz in Thüringen derartige Staatstrojaner-Schadsoftware genutzt und die Sicherheit der Systeme der Bürger beeinträchtigt wird, andernfalls werden damit nicht nur die Grundrechte der in Thüringen lebenden Menschen, sondern auch die Sicherheit der Thüringer Wirtschaft gefährdet“.