Abschiebungen: Humanitären Härtefall prüfen

Patrick Beier

„Die Abschiebungen in der Nacht zum 19. August sind zu kritisieren, nicht nur, weil dabei mindestens eine Familie auseinandergerissen wurde“, so Patrick Beier, migrationspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. Bei der Abschiebung wurden 14 Personen zurück nach Serbien geschickt. Zwei volljährige Töchter der nun getrennten Familie bleiben in Erfurt zurück, da sie eine Aufenthaltserlaubnis haben. „Eine der Töchter ist aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation von der Betreuung ihrer nun abgeschobenen Eltern abhängig. Hier liegt ein humanitärer Härtefall vor, der von den zuständigen Behörden und auch  der Härtefallkommission zeitnah nochmals  geprüft und entschieden werden muss“, betont Beier.

Angesichts dieser Abschiebungen stellen sich zwei grundsätzliche Aufgaben: Im Rahmen der anlaufenden Diskussion um Änderungen im EU-Asylrecht (Stichworte „Asylpakt“, deutsche EU-Ratspräsidentschaft) muss die zynische und in ihren Wirkungen unmenschliche Konstruktion so genannter „sicherer Staaten“ dringend auf den Prüfstand. Dieses Konstrukt erzeugt in großen Teilen erst die „Festungen Deutschland und Europa“ und damit letztlich auch die humanitären Katastrophen auf dem Mittelmeer, in Griechenland, Libyen und anderswo. „Außerdem zeigt der Fall der mit Gewalt getrennten Familie, dass die Regelungen zum Familienschutz im Asyl- und Aufenthaltsrecht verbessert werden müssen. In Deutschland und auf EU-Ebene hat der Schutz der Familie Verfassungsrang“, unterstreicht Beier.

Die Abschaffung des Konstrukts der so genannten sicheren Herkunftsländer und Drittstaaten sollte sowohl im nationalen und europäischen Recht so schnell wie möglich erfolgen, auch um bei anderen europäischen Staaten die Bereitschaft für eine europaweite Flüchtlingsverteilung zu erhöhen, so Beier. Durch das Konstrukt der so genannten „sicheren Staaten“ im innerstaatlichen Recht wie im EU-Recht „hat sich Deutschland jahrzehntelang gegenüber und zu Lasten der anderen EU-Staaten, vor allem in Südeuropa, vor der Aufnahme Geflüchteter abgeschottet. Das hat mit europäischer Solidarität leider nichts zu tun“, betont der LINKE-Migrationspolitiker. Nach Abschaffung des Konstrukts der „sicheren Staaten“ wäre dann das Asylrecht als tatsächliches Grundrecht wiederhergestellt, für dessen Zuerkennung dann entsprechend eine konkrete Einzelfallprüfung stattfinde, erläutert Beier

Hinzu komme, dass die Einstufung als sog. „sicherer Staat“ durch den Bund bzw. die EU – und damit verbindlich für die Bundesländer – nach nicht selten sehr problematischen Kriterien erfolge. Gerade z.B. mit Blick auf den Kosovo gelte dies, in dem sehr schwierige politische, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse bestehen und der von vielen Fachleuten als sog. „gescheiterter Staat“ eingestuft wird. Abschließend bekräftigt LINKE-Migrationspolitiker Beier, „dass das Konstrukt der „sicheren Staaten“ nur der untaugliche Versuch ist, Fragen der Migration nach Deutschland zu regeln, die nicht auf die Ebene des Asylrechts gehören. Das Asylrecht wird letztlich so sehenden Auges beschädigt. Für diese Fragen der Einwanderung müssen andere wirksame rechtliche Lösungen gefunden werden - immer unter der Maßgabe: Kein Mensch ist illegal.“