Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindergartengesetzes

Daniel Reinhardt

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6783

 

Eines vorangestellt: Auch die Linksfraktion erkennt die Kindertagespflege, die 240 Tagesmuttis und Tagesväter in Thüringen, als einen kleinen, wichtigen Baustein zur Kinderbetreuung an und dankt natürlich für ihre tägliche Arbeit, die anspruchsvoll ist.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Werte Frau Präsidentin, geschätzte Kollegen Parlamentarier, liebe Kolleginnen und Kollegen Erzieher, zur letzten Plenarsitzung hatten wir als Rot-Rot-Grün einen kleinen Gesetzentwurf im Kindergartengesetz vorgelegt. Schwerpunkt war PiA, also eine der brennenden Fragen der Fachkräftegewinnung. Da haben wir uns als Koalition – außer von der AfD, Herr Jankowski hatte damals nicht gesprochen – ganz schön was anhören müssen im Sinne von: Mensch, das, was ihr da vorlegt, reicht doch gar nicht aus, das sind nicht die Probleme dieser Zeit. Nun zitiere ich mal Herrn König von der CDU aus der letzten Plenarsitzung, in der es um dieses Kindergartengesetz ging: „Kurz vor Jahresende wird das hier umgesetzt, obwohl eigentlich eine viel größere Gesetzesinitiative notwendig gewesen wäre und aus unserer Sicht auch angekündigt wurde.“ Es wurde noch blumig damit ergänzt, man hätte sich das umfangreicher gewünscht.

 

Nun hätte man sich heute vorstellen können, dass die CDU im Freistaat Thüringen ihren Worten nun Taten folgen lässt und die dringenden Probleme in der Kindergartenlandschaft in Thüringen angeht. Aber mitnichten. Mitnichten, werte Kolleginnen und Kollegen. Dieser heutige Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht aller Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Also eine Änderung für 240 Personen der Kindertagespflege im Vergleich zu 20.000 Erzieherinnen und sich dann hier aufzuplustern und zu sagen, wir lösen hier die Probleme und die Landesregierung schläft, also das stelle ich wohl infrage.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Es ist ein Schlag ins Gesicht aller Eltern, die ihr Kind im Kindergarten betreuen lassen, ein Schlag ins Gesicht der 90.000 Kinder, die hier im Kindergarten betreut werden für 3,5 Millionen Euro. Dann gehen Sie mal in Ihre Wahlkreise, in die 21, die Sie noch direkt gewonnen haben, und fragen nach, was man mit 4,5 Millionen beispielsweise bei den Sprach-Kitas machen könnte – nur mal im Vergleich.

 

In dem Entwurf ist nichts, aber auch nichts von den aktuellen Problemen in der Kindergartenlandschaft zu lesen: von den Entlastungen in den Familien, die durch die Krisen belastet sind, von Gebührenfreiheit, von dem Thema „kostenfreies Essen“, von einem verbesserten Personalschlüssel – das sind alles Dinge, die Sie hier angekündigt haben und bei denen Sie immer sagen,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

alle anderen schlafen. Da frage ich mich ja, ob Sie sich noch immer im künstlichen Koma befinden. Ausschließlich die Kindertagespflege wird bedacht. Das soll also mehr Geld erhalten. Insgesamt sagen Sie jetzt in Ihrem Entwurf 3,5 Millionen, in den Haushaltsänderungen haben Sie allerdings auch geschrieben 3,366 Millionen. Vielleicht können Herr König oder Herr Tischner noch einmal kurz aufklären, wo dieser Widerspruch hier besteht, warum Sie hier mit unterschiedlichen Zahlen hantieren, und vielleicht können Sie in der Begründung oder in der Rede auch mal sagen, wie Sie auf die geänderten Sätze kommen.

 

Aber ich frage mich tatsächlich, ob das Ihr bildungspolitischer Anspruch ist, liebe CDU! 3,5 Millionen für die Kindertagespflege, wo doch originär – und das steht im Gesetz auch letztlich beschrieben – Kommunen und Landkreise genau an dieser Stellschraube selbst tätig sein sollen. In Jena hat man die Richtlinie zur Erhöhung der Gebühren jetzt erhöht, also für die Kindertagespflegeeltern, in Gera haben wir das gemacht, da haben wir sogar den Inflationsgebührenausgleich nach oben gesetzt, Erfurt hat das auch gemacht.

Und wenn man jetzt sozusagen jetzt mal „Butter bei die Fische“ macht: Tatsächlich, so eine Kindertagesmutti in Gera verdient im Schnitt nach allen Rücklagen usw. um die 800 Euro. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist viel, viel zu wenig. Das ist katastrophal und natürlich müssen wir da ran. Die Frage ist doch aber: Wie?

 

In unserem Gespräch mit dem Landesverband der Kindertagespflege sind im Übrigen auch noch andere Schwerpunkte aufgekommen. Der Landesverband für Kindertagespflege hat sich – nehme ich mal an – mit all Ihnen entsprechend auch getroffen und für Lösungen geworben. Ich lese mal die Forderungen kurz vor, die wir so rausgenommen haben: eine leistungsgerechte Bezahlung des Anerkennungsbeitrages für die Förderleistung, das bedeutet diesbezüglich zwingend eine Verpflichtung der Jugendämter zu einer Anlehnung an den TVÖD und hier tatsächlich eine tarifliche Staffelung, Berechnung des Stundensatzes der Förderleistung nicht auf Basis von fünf, sondern vier Kindern, weil durchschnittlich eine Kindertagesbetreuung meistens nur vier Kinder hat, und eine deutliche Anhebung der Sachkostenpauschale mit einer Dynamisierung.

 

Nun muss man natürlich nicht alles eins zu eins umsetzen und natürlich ist, wenn man seit 2015 an diesen Sachkosten nicht gedreht hat, es höchste Zeit, an dieser Stellschraube etwas zu verändern. Aber innovativ und als großer Heilsbringer im Kindergartengesetz würde ich das, was hier vorliegt, nicht nennen.

 

Zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, die auf ihr Handy lieber gucken, kann ich verstehen,

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Hätten Sie mal richtig zugehört! So ein Gelaber da vorne!)

 

was ich tatsächlich mehr als interessant finde, ist – jetzt reagieren Sie wenigstens, wunderbar, meine aktive Ansprache hat bei Ihnen funktioniert.

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Erst nicht zuhören und dann so ein Auftritt!)

 

Herr Zippel, Sie haben gestern auch ganz schön draufgehauen.

Was ich tatsächlich mehr als interessant finde, ist, dass sich nun die CDU für Tarifbindung bzw. Bindungen an Entgeltgruppe nach dem TVÖD starkmacht. Das finde ich deshalb so interessant, weil wir uns als Linke seit Jahren für eine stärkere Tarifbindung starkmachen, und zwar immer gegen den Widerstand der CDU. Nicht zuletzt haben Sie das signalisiert in den Haushaltsverhandlungen 2023. Das wollten wir zum Beispiel durch eine Kampagne zur Erhöhung der Tarifbindung im Land oder durch Vorschläge zur Erleichterung von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen. Und Sie – die CDU – hauen da immer dagegen, wie gesagt zuletzt erst im Haushalt 2023. Nun machen Sie hier ein Gesetz, was wir als Linke gut finden, einen Vorschlag, wie man so eine tarifliche Bindung hier festsetzen sollte im Gesetz – das allerdings für 240 Personen. Wir würden uns wünschen, dass Sie an dieser Stelle konsequenter sind und das mehr im Freistaat fordern. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE)

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