Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2024 (Thüringer Haushaltsgesetz 2024 – ThürHhG 2024 –)

Ronald Hande

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/8591

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn, sehr geehrter Herr Kollege Voigt, möchte ich mich ausdrücklich Ihren Worten anschließen, allerdings nur dem allerersten Teil Ihrer Rede, als Sie Dankeswünsche an die Haushälter und auch die Genesungswünsche an alle erkrankten Kolleginnen und Kollegen ausgesprochen haben. Wie gesagt, dazu meine ausdrückliche Zustimmung. Und ich kann Ihnen auch versichern, dass der Kollege Dittes diese Haushaltsrede hier heute sicherlich sehr gern selbst gehalten hätte. Wo ich Ihnen aber schon nicht mehr zustimmen kann, ist Ihre Aussage, dass dies der letzte rot-rot-grüne Landeshaushalt sein wird. Ich glaube, da ist dann eher der Wunsch Vater Ihres Gedankens.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich stelle außerdem fest, dass Sie durchaus eine interessante Rede gehalten haben, die aber doch, wie ich finde, eher bundespolitisch geprägt war, und sich weniger mit den Problemen – sprich dem Haushalt hier in Thüringen zuwendet.

 

Ich möchte das gern versuchen zu korrigieren, indem ich selbst vom Haushalt rede und eine Sache jedoch gern voranstellen möchte: Dieser uns jetzt vorgelegte Haushalt ist ein Kompromiss. Es ist kein rein linker Haushalt, es ist ebenso wenig ein Haushalt, der rein rot-rot-grün ist, und er sieht ebenfalls auch anders aus als ein Haushalt, der mit der CDU verhandelt wurde. Aber für viele, die auf einen Landeshaushalt angewiesen sind, ist dieser Haushalt besser als gar kein Haushalt. Für mich ist nicht automatisch jeder Haushalt gut, Voraussetzung ist immer, dass das Grundgerüst stimmt. Ich darf feststellen – und ich versuche das in meiner Rede auch für die Kolleginnen und Kollegen der CDU darzustellen –, dass dieses Grundgerüst in diesem Haushalt absolut stimmt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Unter den gesellschaftlichen Bedingungen, unter den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen, unter den Bedingungen der Mehrheitsverhältnisse hier bei uns im Thüringer Landtag und auch acht Monate, in etwa, vor der Landtagswahl ist ohne Zweifel dieser Haushalt um ein Vielfaches besser als gar kein Haushalt.

 

Aber, meine Damen und Herren, fangen wir von vorn an. Wir erleben seit nunmehr über zwei Jahren einen erheblichen Preisanstieg, der insbesondere Familien mit Kindern belastet, und den Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen und ohne Vermögen nicht ausgleichen können. Auf der anderen Seite verzeichnen wir eine Vermögensmehrung bei Superreichen und Konzernen, insbesondere bei Energiekonzernen, die mit Rekordrenditen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. Einkommen und Vermögen sind in der Bundesrepublik mehr denn je ungleich und ungerecht verteilt. In dieser Zeit kommt es auf den öffentlichen Haushalt an. Dem fällt eine besondere Verantwortung zu. Öffentliche Haushalte sollen einerseits für einen Ausgleich durch Steuern und Transferleistungen sorgen und andererseits öffentliche Leistungen und grundlegende gesellschaftliche Funktionen sicherstellen, und gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und auf dem Land sollen sie ebenfalls ermöglichen. Doch auch diese Aufgabe wird durch verschiedene Faktoren, auch durch bundespolitische und allgemeinpolitische Entscheidungen, zunehmend gestört. Auf Bundesebene erleben wir derzeit eine Haushaltspolitik, die Steuererleichterungen auf alle Einkommensgruppen verteilt und damit höhere Einkommen überdurchschnittlich entlastet, die neue Steuersenkungen auf Unternehmensgewinne anstrebt und andererseits im Bereich der Sozialausgaben oder notwendigen Subventionen den Rotstift ansetzt. Zudem zieht sich der Bund in vielen Bereichen aus der Verantwortung zurück. Ich denke da insbesondere an die Sprachkitas in diesem Jahr oder an die Gründungsunterstützung an Hochschulen ab dem kommenden Jahr.

 

In dieser Zeit stellen wir hier in Thüringen einen Haushalt für das Jahr 2024 auf. Vereine, Verbände, Institutionen der sozialen Infrastruktur verweisen gegenüber dem Land ganz nachvollziehbar und berechtigt auf die durch sie zu tragenden Preissteigerungen und machen deutlich, dass bei gleichbleibenden Haushaltsansätzen der Anteil qualitativer Arbeit natürlich automatisch geringer wird. Andere erwarten, dass das Land Zahlungsausfälle des Bundes kompensiert. Und Kommunen haben die Erwartung, dass das Land Mehrkosten und Preissteigerungen erstattet, als wären Kommunen eine Art außenstehender Dienstleister, nicht aber neben dem Bund und den Ländern elementarer Teil des Staates. Begleitet wird diese finanzpolitische Gemengelage von einer Debatte, die den Staat dazu zwingen will, seine Ausgaben zu minimieren. In Thüringen fordert etwa die FDP, im Landeshaushalt 1.000 Millionen einzusparen. Es wird eine Debatte geführt, in der mit dem irreführenden Begriff der Schuldenbremse kreditfinanzierte Investitionen in die Zukunft verhindert werden sollen, worüber sich wahrscheinlich jeder Unternehmer einfach nur verwundert die Augen reiben würde.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Im Fall der Ausgabenminimierung führt das dazu, dass die Ungleichheit in diesem Land höher wird, weil öffentliche Leistungen für diejenigen reduziert werden, die auf die Ausgleichsfunktion des Staats angewiesen sind. Die Verweigerung der Finanzierung von Zukunftsinvestitionen führt wiederum dazu, dass heute notwendige Investitionen, auch und gerade rentierliche Investitionen, verschoben werden müssen, die dann künftige Generationen mit erheblichen Mehrkosten belasten.

 

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Sehr richtig!)

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir hatten heute bereits über Generationengerechtigkeit bei der Frage von Investitionen und Schulden bzw. Kreditfinanzierungen gesprochen, das nur dazu.

 

Herr Kollege Voigt – jetzt nicht mehr im Raum – hat die Notwendigkeit von Investitionen selbst angesprochen. Dabei wäre es doch gerade jetzt durchaus notwendig, die Herausforderungen anzugehen, zu denen ich mal einige Beispiele und Stichworte nennen möchte: einerseits die demografische Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Gesundheitsstrukturen, Kostenverteilung und auch auf die Infrastruktur, insbesondere in den ländlichen Räumen und andererseits die Notwendigkeit, Zuwanderung so zu gestalten, dass Menschen, die zuwandern, im mindestens gleichen Maße profitieren wie die Menschen, die andere in ihrer Gesellschaft aufnehmen, der Klimawandel mit spürbaren Folgen zunehmend extremer Wetterlagen, Folgen auf Gesundheit, die Folgen auf die Nahrungsmittelproduktion, Sicherheit und aber auch die Endlichkeit fossiler Energieträger, was uns nötigt, Energieversorgung grundlegend neu zu organisieren. Krieg, Flucht, Vertreibung zwingen uns, über unsere politisch-ökonomische Verantwortung nachzudenken und Menschen entsprechend unserer humanitären Ansprüche zu helfen. Die Ungerechtigkeit – ich hatte es bereits angesprochen – zwischen Arm und Reich steigt weiter, die Schere geht weiter auseinander. Und eine Demokratie, die unter Dauerbeschuss steht – zunehmend auch durch Friendly Fire. Die Herausforderungen sind in den letzten Jahren – wie Sie sehen – nicht kleiner geworden, ganz im Gegenteil.

 

In dieser Situation trägt eine Minderheitskoalition in Thüringen Verantwortung und wird auch im letzten Jahr der laufenden Legislaturperiode einen Haushaltsentwurf zur Abstimmung stellen, der am Ende mehr Ja- als Neinstimmen erhalten wird. Damit ist eines sichergestellt: Planungssicherheit – für das kommende Jahr, für alle Empfängerinnen öffentlicher Gelder, in der sozialen Infrastruktur, bei Vereinen und Verbänden, in den Kommunen und auch bei Unternehmen. Gesichert sind die im Haushalt geplanten Investitionen und gesichert ist, dass frei werdende Stellen – zum Beispiel bei Lehrern und Polizeibeamten – auch wieder besetzt werden können. Wer nach dem 5. Februar 2020 – manche von Ihnen werden sich erinnern – und dem Nichtzustandekommen von Neuwahlen im Jahr 2021 irgendwas orakelte, muss nun feststellen, dass die Regierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow ihrer Verantwortung auch in der zweiten Amtszeit gerecht geworden ist und dass die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen ihrerseits heute ihrer Verantwortung gerecht werden.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Natürlich ist der heutige Haushaltsbeschluss und vor allem die Debatte darüber geprägt von politischen Mehrheitsverhältnissen und mehr noch von der bevorstehenden Landtagswahl am 1. September kommenden Jahres. Das Zahlenwerk ist, wie es der HuFA-Vorsitzende hier darstellte, nun ausgehandelt und eine entsprechende Beschlussempfehlung liegt vor.

 

Bei politischen Interpretationen des Zahlenwerks und der eigenen Rolle hierbei dominieren Selbstdarstellung und Berichterstattung die wichtige Einigung zum Haushalt selbst. Dass dies manchmal zu sehr skurrilen Ergebnissen führt, verdeutlicht folgendes Beispiel: Die CDU berichtete in einer Pressemitteilung – ich glaube, es war letzten Dienstag – von ihrem Erfolg, 5 Millionen Euro für die kommunalen Sportstätten durchgesetzt zu haben. Okay. Was bei dieser Erzählung jedoch vergessen wurde, ist, dass Rot-Rot-Grün einen Änderungsantrag über 7 Millionen Euro für kommunale Sportstätten vorgelegt hatte.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Genau genommen besteht der Erfolg der CDU also darin, dass die Kommunen nicht 7 Millionen Euro, sondern 5 Millionen Euro für ihren kommunalen Sportstättenbau und Investitionen bekommen. Herzlichen Glückwunsch dazu!

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ja, das ist sicherlich Ergebnis von Verhandlungen. Und ja, wir mussten Verhandlungen führen, denn – manchen ist es aufgefallen – wir haben keine Mehrheit. Nein, auch daran muss uns nicht immer wieder erinnert werden. Aber es gibt eben auch keine anderen Mehrheiten in diesem Land, die Gestaltungsverantwortung übernehmen bzw. übernehmen sollten. Gerade eben hier an diesem Pult hat Kollege Voigt ausgeführt in Richtung AfD, dass die AfD keine Verantwortung übernehmen darf. Aber was tun Sie in der Praxis? Sie beschließen Gesetze, konkret die Grunderwerbsteuersenkung, gerade mit diesen Stimmen der AfD, kalkulieren sie ganz bewusst ein, sagen aber trotzdem hier an diesem Pult: Dieser Partei darf keine Verantwortung gegeben werden. Ich glaube, da sollten Sie über Ihr eigenes Handeln noch mal nachdenken.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Denn, sehr geehrte Kollegen, in einer solchen Konstellation, in der wir uns hier in Thüringen befinden, müssen sich nicht nur eventuell die Regierungsfraktionen neu überdenken. Auch die Oppositionsfraktionen dürfen sich ihrer parlamentarischen Verantwortung nicht entziehen, Mehrheiten in demokratischen Spektren zu suchen und zu finden. Sie werden dieser parlamentarischen Rolle aber nicht gerecht, wenn Sie von Bedingungen und Zwang reden oder wenn Sie offenkundig in Verhandlungen parteipolitische Interessen höher gewichten als die Verantwortung für die in Thüringen lebenden Menschen. Daher bin ich froh, dass die CDU-Fraktion ihre Blockade einer Haushaltsverhandlung hier im Haus schließlich doch noch einmal überdacht hat. Denn jede weitere Blockade des Beschlusses des Landeshaushalts wäre eine Blockade für Thüringen gewesen.

 

Meine Damen und Herren, die Menschen wollen wissen, was in dem Haushalt steht, was sie mit diesem Haushalt bekommen – vielleicht nicht unbedingt, wer sich, welche Partei, welche Fraktion, sich wo durchgesetzt hat. Der Haushalt besteht aus 6.551 Haushaltstiteln in 150 Kapiteln mit einer Gesamtsumme – es wurde schon gesagt – von rund 13,5 Milliarden Euro. Mit der Beschlussempfehlung wurden im Entwurf der Landesregierung 256 Millionen Euro Minderausgaben und 115 Millionen Euro Mehrausgaben aufgenommen, also wurde nur ein Bruchteil des eigentlichen Regierungsentwurfs verändert. Deshalb ist es angebracht, nicht nur über die Verhandlungen und das Ergebnis, sondern auch über den Gesamthaushalt zu reden. Dabei wird deutlich, dass die, die sich seit Jahren auf die Arbeit von Rot-Rot-Grün verlassen, sich auch mit dem Haushalt 2024 auf die Landesregierung und die sie tragende Koalition verlassen können.

 

Lassen Sie uns also darüber reden, was dieser vorgelegte Landeshaushalt für Thüringen leistet. Da wären als Erstes die Kommunen, die noch nie so viel Geld vom Land bekommen haben, wie sie es mit diesem zu beschließenden Haushalt werden. Der prozentuale Anteil der Finanzausgleichsmasse an den Einnahmen des Landes steigt nochmals an. Das zeigt, wie ernst das Land seine Verantwortung für die Kommunen nimmt. Die strukturellen Herausforderungen für die Kommunen sind natürlich dennoch unübersehbar trotz Rekordzuweisungen des Landes an die Kommunen und jährliche Jahresüberschüsse im dreistelligen Millionenbereich. Im Jahr 2022 waren das rund 370 Millionen. In diese umfassende finanzielle Leistung des Landes an die Kommunen bettet sich nun – Sie hatten das seitens der CDU bereits angesprochen – nach den genannten Verhandlungen das Kleine-Gemeinde-Programm. Jedoch ist dieses eher Ausdruck dafür, wie notwendig Strukturentscheidungen auf dieser Ebene sind, dass Ihnen mit diesem Kleine-Gemeinde-Programm diese Strukturentscheidung aus dem Weg geräumt wird und es keine langfristig verlässliche, finanziell verantwortbare Säule der kommunalen Finanzierung darstellt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Man kann eben nicht jedes strukturelle Defizit dauerhaft irgendwie mit Geld überdecken, auch wenn die Opposition das in jedem Jahr wieder auf den Tisch holt. Der Hilferuf der Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern und mit Hallenbädern zeigt ein ähnliches Problem auf. Förderentscheidungen in den 90er-Jahren führen zu finanziellen Überforderungen in der Gegenwart. Nun kann man versuchen, das mit Landesmitteln auszugleichen, man kann aber auch versuchen, mittelfristig durch eine Neuschaffung von tragfähigen strukturellen Lösungen zum Erhalt der Schwimmbäder in kommunaler Verantwortung beizutragen.

 

Mit dem Haushalt 2024 werden auch Kulturausgaben verstetigt. Das ist im Bundesvergleich einmalig. Ebenso einzigartig ist die Sicherung der reichhaltigen Theaterlandschaft in Thüringen. Die Theater in Thüringen haben Planungssicherheit bis zum Jahr 2032 und der eingeschlagene Weg zum Flächentarif wird weiter bestritten. Wir zeigen mit diesem Haushalt auch unter schwierigen Rahmenbedingungen, dass wir Sozio- und Breitenkultur sowie die freie Szene ebenso wertschätzen wie unser kulturelles Erbe und feste Kulturgrößen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Seit 2014 haben wir außerdem die Stellenzahl an der Brand- und Katastrophenschutzschule verdoppelt. Das ist ein Beispiel dafür, dass ein pauschales Gerede vom Stellenabbau wenig zielführend ist, sondern immer Aufgaben mitberücksichtigt werden müssen. Dabei setzen wir nicht auf Pauschalen und Gießkanne, sondern auf konkrete Investitionen in Digitalisierung, Ausrüstung, Fahrzeuge, Gerätehäuser oder auch die Brandschutzerziehung. Die Mittel für dezentrale Katastrophenschutzlager werden im Vergleich zum Haushalt 2021 um das 17-Fache erhöht, das heißt massive Investitionen in Notstromversorgung, Sanitätsmaterialien, Pumpen, Wasserversorgung, Zelte und vieles mehr.

 

Uns ist es gelungen, den jahrelangen Stellenabbaupfad bei der Polizei zu beenden und sukzessive umzukehren. So werden auch die durch den Landtag beschlossenen 300 Polizeianwärter haushalterisch untersetzt und eine bürgernahe Polizei auf der Straße möglich gemacht. Nach zehn Jahren Rot-Rot-Grün werden im nächsten Jahr die vor 2014 verursachten Personaldefizite ausgeglichen und mit dem bereits erfolgten Wegfall der Stellenobergrenze sind auch wieder Beförderungen möglich. Mit dem Haushalt 2024 wird auch der Kampf gegen Cyberkriminalität gestärkt, Dienst zu ungünstigen Zeiten und Schichtdienst werden fairer geregelt, Anwärtersonderzuschläge und Mietkostenübernahmen für Polizeischülerinnen ermöglicht und noch vieles mehr.

Im Haushalt finden sich nach wie vor zwei kostenfreie Kindergartenjahre und die finanzielle Absicherung von 550 Erzieherinnenstellen seit 2014. Natürlich hätten wir uns gewünscht, keine Frage, dass wir mit dem Haushalt 2024 einen weiteren Schritt hin zur beitragsfreien Bildung und Erziehung gehen. Und auch, wenn ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr vorerst mit diesem Haushalt nicht umgesetzt werden kann, bleibt dies natürlich unser klares und deutliches Ziel

 

(Beifall DIE LINKE)

 

ebenso, wie die Frage der künftigen Entwicklung von Bildungseinrichtungen weiterhin auf der Agenda das Landtags stehen muss.

 

Mit dem Haushalt ist die durch Rot-Rot-Grün auf den Weg gebrachte gleiche Entlohnung aller Lehrerinnen und Lehrer, egal ob Grundschule, Regelschule, Gymnasium, abgebildet, die bessere Entlohnung der sozialpädagogischen Fachkräfte ebenfalls. Da wir heute schon über freie Schulen debattiert haben: Seit 2014 haben sich die Gelder für die Schulen in privater Trägerschaft um 70 Prozent erhöht, während die Schülerzahl im gleichen Zeitraum lediglich um 20 Prozent zunahm. Während andere Fraktionen in diesem Landtag das Landesarbeitsmarktprogramm erheblich zusammenstreichen wollen und wollten, verlieren wir von Rot-Rot-Grün Menschen nicht aus dem Blick, die Unterstützung beim Zugang zum ersten Arbeitsmarkt benötigen. Aus dem Blick verlieren wir auch nicht die Menschen, die vom Landesprogramm für das Zusammenleben der Generationen und vom Programm AGATHE – Älter werden in Gemeinschaft profitieren, ebenso wenig die Menschen, denen das Sinnesbehindertengeld einen Nachteilsausgleich gewährt oder die Schutz vor Gewalt in Beziehungen suchen und auf diese angewiesen sind. Vielfach hat der Landtag auch über die anstehende Krankenhausreform debattiert. Herr Kollege Voigt hat es ja auch gerade wieder angesprochen, aber in seiner doch sehr populistischen Weise, in der er hier diese Kritik ausgesprochen hat, vergisst er zu beachten oder sieht nicht, dass es zu den Prinzipen dieser Landesregierung dazugehört, solche grundlegenden Reformen im Einvernehmen mit den Akteuren anzugehen und auch umzusetzen. Dazu gehören auch die deutlich gestiegenen Investitionen in der Krankenhausstruktur. Auch hier gilt: Ein noch höherer Mittelansatz wäre begründet und gerechtfertigt. Thüringen ist das einzige Bundesland, was im ÖPNV-Gesetz die Aufgabenträger – die Verluste beim 49-Euro-Ticket gesetzlich absichert.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

In Thüringen werden die Aufgaben der Daseinsvorsorge wieder in öffentliche Hand zurückgeholt, wie zum Beispiel bei der GWB Elstertal oder beim Maßregelvollzug. Das Transformationsnetzwerk für Arbeitgeber und Technologieberatungsstellen für Arbeitnehmer ist langfristig gesichert. Ein Programm zur Stärkung der Beherbergung und Gastronomie im ländlichen Raum wurde aufgelegt. Die Hochschulrahmenvereinbarung garantiert 4 Prozent Steigerung jährlich seit 2015 bis 2025. Mit dieser Dynamisierung ist es neben Hessen die beste Ausstattung der Hochschulen im Ländervergleich. Wir werden – glaube ich – in den Aussprachen zu den Einzelplänen sicherlich noch viele Beispiele diskutieren und hören, bei denen deutlich wird, dass dieser Haushalt gut ist, was dieser Haushalt alles leistet. Es ist eben kein schlechter Haushalt für die in Thüringen lebenden Menschen. Ganz im Gegenteil. Wir werden aber auch ansprechen, dass mit dem Haushalt nicht alle eingangs genannten Herausforderungen in dem Umfang abgebildet sind, wie es vielleicht im Augenblick nötig wäre. Deshalb an dieser Stelle noch einige Anmerkungen zu den Verhandlungen und dem Verhandlungsergebnis aus den letzten Wochen. Ich muss es ganz ehrlich sagen. Herr Prof. Voigt hat sich hier vorne hingestellt und hat in seiner Rede versucht, sich sehr staatsmännisch zu geben und –

 

(Zwischenruf Abg. Cotta, AfD: Was?)

 

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Das stimmt nicht, hat er nicht!)

 

Er hat es versucht und hat versucht, die CDU-Fraktion in Thüringen so darzustellen, als sei sie ein konstruktiver Verhandlungspartner gewesen. Das ist mitnichten der Fall gewesen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Also, es tut mir leid, Sie an die Realität erinnern zu müssen. Die Tatsache war so, dass Sie immer wieder die Verhandlungen verzögert haben, dass Sie immer wieder die Forderungsspirale nach oben getrieben haben. Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDU? Warum stehen, sitzen wir heute hier in diesem Rund und verhandeln den Haushalt und nicht schon vor zwei Wochen, nachdem die eigentliche Beschlusslage des Terminplans im HuFA war?

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das ist doch nur Ausdruck dessen, wie sehr Sie sich in der Vergangenheit bemüht haben, ein möglichst schönes Bild in der Presse abzugeben, aber die Nöte und die Notwendigkeiten, die hier in Thüringen abzuarbeiten gewesen wären, die haben Sie vernachlässigt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Da ist es eben auch bezeichnend, dass Jahr für Jahr als letzter Punkt in den Verhandlungen, nachdem über alles eine Einigung irgendwie in irgendeiner Form erzielt wurde, durch die CDU das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit aufgerufen wird.

 

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Immer, jedes Mal!)

 

Jedes Mal. Besser gesagt, nicht das Programm selbst, sondern dessen Kürzung. Es gehört offensichtlich zu den Ideologieprojekten der CDU, zivilgesellschaftliche Projekte, die sich der Stärkung der Demokratie und der Abwehr von Gefahren für diese verschrieben haben, die Mittel zu kürzen.

 

(Heiterkeit AfD)

 

(Unruhe CDU, Gruppe der FDP)

 

Eine haushalterische, inhaltliche Begründung findet sich nirgendwo. Tja, die Wahrheit tut weh.

 

Nun kommt es zumindest gegenüber dem Haushaltsansatz 2023 zu keiner Kürzung. Wie auch nicht in anderen Bereichen, die Sie gekürzt sehen wollten, etwa bei der Förderung erwerbsloser Menschen durch Arbeitsmarktprogramme, Erwachsenenbildung, der Gleichstellung, dem Gewaltschutz für Frauen, den Beratungsstrukturen für die Integration und auch kommunalen Klimaschutzinvestitionen. Dass Objektivität und Logik seitens der Opposition scheinbar nicht immer eine Rolle spielen, zeigt unter anderem auch der Umstand mit ursprünglich vorgesehenen Stellenmehrungen. So leistet der Rechnungshof sicher eine sehr wichtige Arbeit und gibt unter anderem auch bei der Prüfung der Landesregierung wertvolle Hinweise,

 

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

 

warum aber die CDU-Fraktion in den Verhandlungen dem Rechnungshof vier neue Beamtenstellen zugesteht, im Bereich Datenschutz, beim Landesrechenzentrum, beim Verfassungsgericht und anderswo jedoch keinerlei Stellenaufwüchse zulässt, hinterlässt mich zumindest mit Fragezeichen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Für eine andere Form von Unverständnis sorgt das Thema „Grunderwerbsteuer“. Ich hatte es ja schon mal angerissen in einem anderen Zusammenhang zum Abstimmungsverhalten. Aber die Umsetzung der Grunderwerbsteuersenkung, durch diese erfährt die Immobilienwirtschaft eine Entlastung. Familien erhalten eine Förderung, die sich Wohneigentum ohnehin leisten können. Vielmehr sollten doch alle Familien entlastet werden, zum Beispiel über eine Entlastung bei den Betreuungskosten für die Kinder oder aber auch auf andere Weise.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Dass hier nun denen Zugeständnisse gemacht werden, die es eher weniger brauchen, meiner Meinung nach, hinterlässt mich zumindest nicht zufrieden.

Aber vielleicht sind das auch alles gute Beispiele dafür, beim Haushalt nicht unbedingt darüber zu reden, welche Partei oder Fraktion sich durchgesetzt hat, sondern darüber, wer von diesem Haushalt profitiert und wer eben nicht. Der Landeshaushalt ist kein Haushalt für die Landesregierung. Er ist auch kein Haushalt für Rot-Rot-Grün. Dieser Landeshaushalt ist ein Haushalt für das Land, für die in Thüringen lebenden Menschen, weil mit dem Haushalt die Lebensgrundlage und die Strukturen organisiert und gesichert werden,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

trotz manch nachvollziehbarer Details, die vielleicht etwas korrigiert werden könnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wiederhole noch einmal das, was ich eingangs in etwa gesagt habe. Mit diesem Haushalt handelt es sich wie immer um einen Kompromiss. Ein reiner linker Haushalt würde anders aussehen als ein rot-grüner, rot-rot-grüner Haushalt; ein rot-rot-grüner würde anders aussehen als einer, der mit der CDU verhandelt wird. Und trotzdem wiederholte ich und gerade noch einmal diesen Satz: Für viele, die auf einen Landeshaushalt angewiesen sind, ist jeder Haushalt besser, als gar kein Haushalt. Es kommt eben, wie ich gesagt hatte, auf das Grundgerüst an. Ich glaube, ich habe in meinen letzten Ausführungen ausreichend, obwohl es nur schlaglichtartig war, dargestellt, dass das Grundgerüst dieses Haushalts auch in diesem Jahr wieder stimmt. Einmal mehr, wenn ich das so mit anfügen darf.

 

Und deswegen – genau das macht eigentlich den feinen Unterschied – stellen die Abgeordneten meiner Fraktion persönliche und parteipolitische Interessen hinten an. Sie übernehmen Verantwortung für die Menschen im Land, für Vereine, für soziale Infrastruktur, für die Kommunen und für die in Thüringen ansässigen Unternehmen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lehne mich jetzt einfach mal aus dem Fenster und versuche für alle Abgeordneten der Regierungskoalition zu reden, wenn ich sage, dass trotz mancher Kritik alle Abgeordneten dieser Seite da drüben nachher aufstehen werden, wenn die Frau Präsidentin oder Herr Präsident fragt, wer diesem Haushaltsgesetz in der Schlussabstimmung zustimmt. Ich glaube, alle werden aufstehen, werden das Kreuz gerademachen und Verantwortung für dieses Land übernehmen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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