Schulische Ausbildung zum Heilerziehungspfleger attraktiver gestalten – Schulgeldbefreiung und Vergütung langfristiger Praxisanteile sicherstellen

Daniel Reinhardt

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6835

 

Es ist an der Zeit, eine dringende soziale Realität anzusprechen, eine Realität, die oftmals im Schatten liegt: Menschen mit Behinderung. In einer Gesellschaft, die allzu oft auf Perfektion und Normen fixiert ist, werden diese Menschen häufig vergessen und sogar ausgegrenzt. Eine bedeutsame Rolle, dem entgegenzuwirken in diesem Zusammenhang spielen die Heilerziehungspfleger. Daher gehört es auch anerkannt, welche bedeutsame Rolle die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger für uns als Gesellschaft innehaben. Sie wirken als Scharnier. Tag für Tag arbeiten sie unermüdlich daran, Menschen mit Behinderung zu helfen und ihnen die verdiente Wertschätzung und Unterstützung zukommen zu lassen.

 

Frau Präsidentin, werte Zuhörerschaft, der Antrag der AfD zielt im Wesentlichen auf zwei Dinge ab: einerseits die Schulgeldfreiheit und andererseits die praxisintegrierte Ausbildung für Heilerziehungspfleger.

 

Ich gehe zuerst auf die Schulgeldfreiheit ein. Die Schulgeldfreiheit zu fordern an dieser Stelle für Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, ist insofern teilweise richtig, denn an unseren staatlichen berufsbildenden Schulen – Gott sei es gedankt – müssen unsere Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger bisher keinen einzigen Cent für ihre Ausbildung zahlen. Dies gilt ausschließlich für die Privatschulen und das ist der neoliberale Gedanke, den FDP und CDU im Bundestag tatsächlich zu verantworten haben, das gilt es auch zu kritisieren.

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

Und auch dort muss es im Übrigen gelöst werden.

 

Das zweite Thema – und darauf widme ich jetzt den Schwerpunkt meines Redebeitrags – ist die Frage: Braucht es denn eine H-PiAnisten-Ausbildung? Braucht es die praxisintegrierte Ausbildung in dem Maße, wie Sie sie in Ihrem Antrag beschreiben? Weg von der konsekutiven Ausbildung, also der klassischen Ausbildung, hin zur praxisintegrierten Ausbildung. Und da bin ich mir – ehrlich gesagt – gar nicht so sicher, ob es das braucht. Einerseits aufgrund der schieren Anzahl der Personen, die in Thüringen diese Ausbildung machen, die ist nämlich vergleichsweise niedrig zu den Erziehern. Und andererseits darf man sehr wohl das von uns sehr gute, eingebrachte Gesetz zur praxisintegrierten Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher auch mal kritisieren. Wir brauchen hier noch eine sehr scharfe Evaluation, ob die Gesetzesänderung von uns bei den Erzieherinnen und Erziehern in der PiAnisten-Ausbildung wirklich zu einem Mehr an Fachkräften in der aktuellen gegenwärtigen politischen Landschaft geführt hat. Die Frage ist: Brauchen das die Heilerziehungspfleger, die HEPs. Und da ist noch mal die Frage: Wofür haben wir ursprünglich mal die PiA eingeführt? Ursprünglich haben wir PiA mal als Modellprojekt eingeführt, das wir dann als Gesetz verstetigt haben, weil die Zugangsvoraussetzungen für die Erzieherinnen und Erzieher und gleichwohl auch für die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger so hoch waren, also die Hürde, das zu werden, war recht hoch.

 

Auch das Ausbildungs-BAföG war seiner Zeit tatsächlich schlecht geregelt, weil man das nämlich als Kredit wieder zurückzahlen musste. Das gilt es im Übrigen abzuschaffen, das sollte auch kostenfrei sein.

 

Nun, wenn man sich die gegenwärtige Schullandschaft und auch die Zugangsvoraussetzungen für eine Erzieherinnen und Erzieherausbildung anschaut, die eben auch für die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger gelten, kann man auf der Homepage der Marie-Elise-Kayser-Schule hier in Erfurt nachlesen, sind die Bedingungen, dass man einen Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss einer mindestens zweijährigen einschlägigen Berufsausbildung oder Abschluss einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung mit mindestens 480 Stunden praktischer Erziehung oder eine Abiturfachhochschulreife mit mindestens 480 Stunden erzieherischer Praxis oder ein Abitur etwa eher an einem beruflichen Gymnasium oder FOS mit dem Schwerpunkt Gesundheit oder Soziales mit mindestens 180 Stunden erzieherischer Praxis haben muss. Übersetzt heißt das, die Hürde ist wesentlich niedriger gesetzt als die, die es vor vier Jahren war. Damit kann man sagen, dass der Antrag der AfD nicht nur fachlich abzulehnen ist, sondern auch veraltet ist.

 

Das Problem, was mir bekannt ist, was die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger in Thüringen haben, ist ein ganz anderes und das haben Sie uns im Übrigen per Petition mitgeteilt – das haben Sie alle erhalten, auch die AfD über den Petitionsausschuss – und dort hatten die HEP – so will ich sie mal nennen, so haben wir die in der Ausbildung immer genannt – uns folgendes Problem vorgetragen: Zum Zeitpunkt der Petition galt die Regelung des Aufstiegs-BAföG so, dass HEP im dritten Ausbildungsjahr, wenn sie also dieses halbe Jahr in die Praxis gehen müssen, keine weitere Förderung durch zum Beispiel das Aufstiegs-BAföG erhalten haben, weil die Praxisanteile dafür zu groß sind.

 

Und die HEP haben – und das völlig berechtigt – gesagt, sie finden und fühlen sich ungerecht behandelt, weil jede Erzieherin in Thüringen, die immer in den Kindergarten geht, bekommt das letzte halbe Jahr bezahlt nicht, nur eben die HEP nicht, wenn sie in den Kindergarten gehen. Diesen Umstand wollten sie verändert wissen. Und weil wir uns als Linksfraktion aller Probleme unserer Schülerinnen und Schüler annahmen und somit eben auch der Probleme der Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, haben wir in unserem Kindergartengesetz dieses Problem aufgenommen.

Zum Kindergartengesetz ist mittlerweile im Ausschuss mündlich angehört worden und ich habe nur sehr wenige kritische Stimmen zu diesem Passus, auf den ich jetzt gleich eingehen möchte, gehört. Wir haben gesagt – das ist tatsächlich neu –, dass wir wollen, dass jemand, der seine Ausbildung im Kindergarten macht, dafür eine Vergütung vom Kindergarten erhalten kann. Dieser Kindergarten darf diese Vergütungskosten, nach Tarif im besten Falle, als sogenannte Betriebskosten auszeichnen und sagen: Hier, das sind Betriebskosten, die möchte ich abrechnen. Im klassischen Sinne werden die Betriebskosten entweder über die Elterngebühren oder in Abrechnung mit den kleinen Gemeinden bezahlt. Das gilt dann nicht nur für die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, sondern auch für Sozialassistentinnen, Erziehungswissenschaftlerinnen, für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und, und, und, also all jene, die in dem Bereich arbeiten wollen. Weil unser Gesetz so rund und gut ist, haben wir als Linke gesagt, wir wollen ja nicht, dass der Kindergarten auf den Betriebskosten oder die Kommune liegen bleibt, wir sagen, wir führen zudem auch noch das dritte gebührenfreie Jahr ein, was das Land übernimmt, indem es erhöhte Landespauschalen an die Gemeinden überweist. Somit ist dieser Kreislauf rund und allen, die in dem sozialen Bereich im Kindergarten arbeiten würden, wäre damit geholfen. Das ist unser Lösungsantrag. Wer dem folgen kann und damit tatsächlich die gegenwärtigen Probleme der Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger im dritten Ausbildungsjahr lösen möchte, sollte helfen, diesem Gesetz im Kindergartengesetz aus dem Bildungsausschuss herauszuhelfen und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE)

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