Nationale Demenzstrategie – Initiativen Thüringens im Bereich der Pflege und der Unterstützung pflegender Angehöriger

Ralf Plötner

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/197

 

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine werten Kolleginnen und Kollegen, werte Interessierte, zur Aktuellen Stunde mit dem Thema „Nationale Demenzstrategie – Initiativen Thüringens im Bereich der Pflege und der Unterstützung pflegender Angehöriger“ möchte ich gern Folgendes sagen: Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn Thüringen seine Erfahrung beim Umgang mit dementen Menschen in vollem Umfang in die bundesweite Strategiedebatte einbringt. Über 50.000 Betroffene in Thüringen zeigen, dass diesem Thema wirklich eine sehr große Bedeutung zukommt und, sehr geehrter Kollege Zippel, ich bin sehr dafür, dass wir das auch im Fachausschuss dort vertiefend beraten.

Da die Lebenserwartung auch bei den Menschen im Freistaat Thüringen kontinuierlich weiter steigt, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Betroffenen wachsen wird. Die Belastungen bei der Versorgung und dem Umgang mit demenzerkrankten Menschen berühren eben nicht nur den Bereich der Pflege und Gesundheitsvorsorge, sondern sind auch sehr einschneidend in dem Bereich der Pflege und der Betreuung durch Angehörige. Ungefähr zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause gepflegt. Allerdings geben rund 70 Prozent der Menschen, die eine Angehörige oder einen Angehörigen zu Hause pflegen, an, dass sie sich überlastet fühlen. Ich möchte an den Thüringen-Monitor erinnern, bei dem lediglich 9 Prozent der Befragten angegeben haben, dass für sie im Alter ein Leben im Heim wünschenswert ist. An dieser Stelle möchte ich auch sehr ausdrücklich den Angehörigen danken, dass sie diese schwere und sehr belastende Aufgabe übernehmen und ihre Angehörigen gern zu Hause versorgen, weil das eben auch häufig der eigene Wunsch der Betroffenen ist.

 

Ziel muss sein, Gefahren von Demenzerkrankten abzuwehren, ebenso vom Umfeld. Pflegende Angehörige müssen entlastet und das größtmögliche Maß an Selbstbestimmtheit für die betroffenen Menschen erreicht werden. Deswegen kann der Satz in der Begründung in der Aktuellen Stunde „Die Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz ist für Angehörige eine Mammutaufgabe.“ voll unterstrichen werden. So wie jeder Mensch einzigartig ist, ist auch eine Demenzerkrankung in ihrer Ausprägung von Mensch zu Mensch unterschiedlich und einzigartig. Dies macht die besondere Herausforderung für Strukturen in der Demenzversorgung deutlich und für die Aufgabe der bundesweiten Strategie.

 

In Thüringen gibt es Strukturen – sie wurden schon benannt –, die Erfahrungswerte auf dem Gebiet der Demenz haben. Im November 2019 haben die Fachstelle Demenz der Alzheimer Gesellschaft Thüringen in Kooperation mit der Netzwerkstelle „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ in Erfurt ein Thüringer Vernetzungstreffen zum Thema „Demenz“ organisiert. Als Ergebnis wurden ein Demenznetzwerk für Thüringen gegründet und Vereinbarungen gemacht, wie die beschlossenen Schwerpunkte zukünftig bearbeitet werden sollen. Es wurde festgestellt, dass Bedarf an einer gut koordinierten Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen sowie Fachexpertinnen und -experten verschiedener Disziplinen besteht. In diesem Rahmen sollen Vernetzung, flächendeckende Versorgung, hohes Fachwissen und Qualität priorisiert werden. Es ist gut und wichtig, dass das Netzwerk auf dem Weg ist, eine wirkungsvolle Struktur aufzubauen. Allerdings müssen wir auch bei dem Thema „Pflege“ von größeren Rahmenbedingungen sprechen, die geändert werden müssen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern aus dem Fachmagazin „demenz“ zitieren. Ich zitiere: Außerdem wurden mit der Pflegeversicherung die Türen für die Privatisierung des sogenannten Pflegemarktes geöffnet. Dieser Markt wird so wenig reguliert, dass es völlig legal ist, nur eine Pflegekraft in der Nacht für 50 Bewohnerinnen und Bewohner einzusetzen. Über viele Jahre wurde am Personal gespart und Stellen abgebaut und damit teilweise viel Geld verdient. Heute werden große Pflegeheimketten an internationale Investoren für Millionen verkauft. Nur noch wenige Pflegeeinrichtungen gehören den Kommunen und auch die gemeinnützigen und kirchlichen Einrichtungen haben große Schwierigkeiten, in Konkurrenz zu den Billiganbietern zu bestehen. – Dazu setzt sich die Linke, um gute öffentliche Pflegestrukturen zu haben und vor allen Dingen auszubauen, für die Vollversicherung ein. Und wir wollen mindestens eine Begrenzung der Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen, denn der eintretende Pflegefall darf nicht den Eintritt in die Armut bedeuten. Als Koalition wollen wir auch eine komplette Bestandsaufnahme zur Pflegesituation in Stadt und Land erstellen, so steht es im Koalitionsvertrag, einen sogenannten Pflegeatlas. Darin soll die Pflegesituation auch von Demenzerkrankten erfasst werden. Lassen Sie uns daher gemeinsam aktiv in die Strukturdebatte einbringen, dass am Ende ein Gewinn für die Demenzerkrankten steht, aber ebenso ein Gewinn für jene, die sie pflegen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

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