Im Ausland studieren, in Deutschland praktizieren – „Fachkräfteoffensive – medizinische, zahnmedizinische und pharmazeutische Versorgung 2030“

Christian Schaft

Zum Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/7140

 

Werte Kolleginnen, liebe Zuschauerinnen – zumindest da oben noch und am Livestream –, zu später Stunde am Freitagabend schauen wir noch mal auf die Ausbildung von angehenden Medizinerinnen in Thüringen. Ich kann ja zumindest bei einer Sache zustimmen, Herr Montag. Ich kann zugeben, Zagreb und Split sind zwei wunderschöne Städte. Ob wir allerdings tatsächlich das Geld in die Hand nehmen müssen, um dort Studienplätze über Stipendien zu finanzieren, darüber lässt sich sicherlich im Ausschuss noch mal diskutieren. Und zwar vor dem einfachen Hintergrund – und da fange ich gleich direkt mal an dem Punkt an –: Es ist doch Ihre Gruppe, die beispielsweise mit Blick auf den Haushalt immer von der Milliarde, die man im Thüringer Landeshaushalt einsparen müsse, redet.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dann stelle ich aber mal entgegen, wie viel die Studienplätze oder gegebenenfalls auch ein Stipendium kosten. Wenn man sich die Zahlen mal anguckt, die Spannbreite bei den Studienplätzen im Ausland liegt dann irgendwo pro Platz schon recht weit, nämlich irgendwo zwischen 2.300 Euro und 27.000 Euro pro Jahr. Wenn man das dann mal hochrechnet mit den entsprechenden Personen, die Sie dann jetzt auch genannt haben, dann kommen wir in Summen, wo ich mich frage: Wo liegt denn der entsprechende Haushaltsantrag der FDP-Fraktion vor, wenn Sie das, was Sie hier mit einem Antrag vorlegen, tatsächlich auch untersetzen wollen?

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Pauschale Mehrausgabe!)

 

Ich finde und habe das letztens an anderer Stelle schon gesagt, der Vorschlag, den Sie hier machen, greift mit Blick auf die eigentliche Herausforderung, die wir haben, nämlich das künftige Personal für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu haben, dann doch wieder ein bisschen sehr kurz, weil es sich am Ende um eine – aus meiner Sicht – sehr kleine Stellschraube dreht, Sie haben gerade die Zahlen genannt. Das betrifft am Ende vielleicht irgendwo eine Zahl zwischen einer einstelligen bis niedrigen zweistelligen Personenzahl und dann muss man da doch durchaus noch mal ins Verhältnis legen, welchen Mitteleinsatz wir denn wählen. Denn wenn ich das mal hochrechne, nehmen wir mal die teurere Variante: Gesamtkosten für so ein Stipendium – 150.000 Euro im Jahr. Dann lege ich mal daneben, was beispielsweise auch jetzt das Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht hat mit beispielsweise der Änderung der Niederlassungsforderung. Dann wäre doch die Frage der Abwägung: Finanziere ich quasi in dem Umfang von ca. 150.000 Euro pro Person im Jahr einen Stipendiumsplatz mit allem Drum und Dran, oder sage ich, statt 150.000 Euro gebe ich drei bis vier Personen die Möglichkeit, über die Niederlassungsförderung mit den 40.000 Euro entweder eine Praxis oder auch eine Apothekerniederlassung zu fördern? Da ist aus meiner Sicht mit dem sinnvollen Einsatz der Gelder und der konkreten Bindung vor Ort eher der Weg zu wählen, den auch das Ministerium dann entsprechend mit der Verbesserung der Niederlassungsförderung gegangen ist. Da schaffen wir am Ende mehr mit weniger Geld, die Leute dann hier auch entsprechend in der Region zu halten.

 

Dann will ich noch mal auf einen anderen Punkt in Ihrem Antrag eingehen. Unter III. 1 setzen Sie sich für einen Studienkapazitätsausbaupfad ein. Das ist ja erst mal löblich und sicherlich auch richtig, dass es hier eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern braucht, um die Kapazitäten zu erhöhen. Sie haben ja selber in der Einbringung schon erwähnt, was Thüringen dort auch schon mit Blick auf die Medizinstudienplätze in Jena gemacht hat. Aber es gehört dazu – und das wäre auch ehrlich mit Blick auf das FDP-geführte Ministerium im Bund –, würde sich Frau Stark-Watzinger auch gegenüber Herrn Lauterbach stärker dafür einzusetzen, dass es hier eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern braucht und dass der Bund sich eben nicht bei der Frage der Finanzierung des Medizinstudiums und der entsprechenden Reform, aber auch der Reformkosten der neuen Approbationsordnung zurückzieht und den Appell der Länder aus dem Herbst beispielweise tatsächlich auch ernst nimmt, sodass die Mehrkosten hier auch entsprechend gemeinsam getragen werden. Ich hoffe, dass Sie als Arbeitsauftrag mit in die Ampelregierung nehmen, dass sich das auch entsprechend abbilden muss, wenn wir am Ende auch über die Frage des Bundeshaushalts sprechen. Was mir bei der Forderung in III bei dem Konstrukt der Finanzierung der Stipendien dann auch so ein Stück weit zu kurz kommt, ist auch noch ein anderer Aspekt, nämlich, dass die Erwartungshaltung junger Absolventinnen in der Medizin, in der Pharmazie oder Zahnmedizin sich darin gar nicht widerspiegelt. Ich nenne mal ein paar Sachen, was die tatsächlich erwarten: Es gibt einerseits natürlich – auch die schauen darauf – eher einen Trend zur Anstellung, Teilzeitarbeit oder andere Modelle zu wählen. Da ist die Sorge vor dem unternehmerischen Risiko, beispielsweise bei der Übernahme einer Einzelpraxis. Das ist die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist aber auch beispielsweise die Entlastung von administrativen oder organisatorischen Tätigkeiten. All das sind Sachen, wo unseres Erachtens diese eine Einzelmaßnahme mit der Frage „Was wende ich dafür finanziell im Vergleich zu dem auf, was tatsächlich das Ergebnis ist?“ am Ende auch zu kurz greift. Deswegen muss die Frage eher sein: Wie schaffen wir es, die sogenannten Klebe- oder Bindungseffekte zu erreichen und insbesondere diejenigen hier zu halten, die hier in Thüringen ihr medizinisches, zahnmedizinisches oder pharmazeutisches Studium beginnen. Da würde ich wirklich eher den Fokus auf die Instrumente legen, die in den letzten Jahren entwickelt und eben auch – ich habe die Frage der Niederlassungsförderung schon erwähnt – verbessert wurden, damit wir attraktive Bedingungen schaffen, nach dem Studium auch hierzubleiben. Ich glaube, dafür ist das Geld sehr viel sinnvoller angelegt, als zu überlegen, jetzt auch noch für eine kleine Anzahl von Personen Stipendien für Auslandsstudienplätze oder – ich hörte letztens auch schon diese Diskussion – an privaten Universitäten innerhalb der Bundesrepublik zu finanzieren. Ich glaube, es ist ein sinnvollerer Einsatz der Steuermittel, wenn wir auf diese Stellschraube setzen, als die von Ihnen vorgeschlagene.

 

Ich glaube, eine andere Sache, worüber man durchaus im Ausschuss diskutieren kann, ist die Frage, inwiefern – Sie haben das unter III. 4 erwähnt, Thema „Zahnärztescout“ – das Modell des Ärztescouts und die Frage, wie natürlich auch eine Praxisorientierung während des Studiums Eingang finden kann, eine Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeit beim Weg des Studiums. Ich glaube, das sind Ansätze, über die man dann entsprechend diskutieren kann. Insofern ist von unserer Seite nichts dagegen einzuwenden, zu sagen, all das sowie auch noch ein paar andere Aspekte des CDU-Alternativantrags an den zuständigen Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung zu überweisen.

 

Ich will nur noch mal eine Sache beim CDU-Antrag erwähnen, denn da muss man sich am Ende auch ehrlich machen. Unter IV zielen Sie auf die kontinuierliche Erhöhung der Vorabquoten mit Blick auf die Frage des Landarztgesetzes ab. Das ist noch mal quasi daneben zu betrachten, da läuft ja auch die entsprechende Beratung. Aber man muss sich mal ehrlich machen, was es bedeuten würde, die Vorabquote auf das Maximum zu erhöhen! Es gibt nämlich eine entsprechende Vorlage, da kann ich nur noch mal die Lektüre empfehlen, die ist bereits aus dem Dezember 2021, Drucksache 7/3158, wo im Ergebnis der Prüfung darauf hingewiesen wird, dass wir nämlich ein Problem bekommen, wenn man die Vorabquote für diesen Bereich quasi dann auch auf das Maximum anheben würde, denn dann müssen nämlich in diesem schwierigen Konstrukt der Vorabquoten andere hintenanstehen. Da gibt es beispielsweise eine Vorabquote, die natürlich auch von besonderer Relevanz ist. Das sind die Personen mit der besonderen Bildung oder beruflichen Qualifizierung, für die das auch ein Weg in das medizinische Studium sein soll. Ich frage mich, ob es dann noch der Sache gerecht ist, wenn wir die ausschließen, wenn an anderer Stelle die Vorabquote auf das Maximalste dann erhöht wird. Und man muss sich auch da ehrlich machen: Die Zahlen bei den Vorabquoten in diesem Kontext sind ja auch nicht am Ende die Zahlen, die den großen Wurf dann auch machen.

 

Aber das sind alles Debatten, die können wir, glaube ich, nochmal sehr viel intensiver dann im Ausschuss führen. Insofern ist es unser Ansinnen zu sagen, wir überweisen das in den Fachausschuss und können dann noch mal im Detail genauer darüber diskutieren. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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