Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes

Donata Vogtschmidt

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5569

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien, der nun in der Drucksache 7/5569 vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes betrifft ein eigentlich innenpolitisches Thema mit der Weiterfassung des Schwerpunkts auf spezielle parlamentsrechtliche Gesichtspunkte innerhalb des Gesetzes. Der Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen der Zusammensetzung bzw. der Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission. Sie ist das mit Abgeordneten des Thüringer Landtags besetzte Gremium mit der Aufgabe, die parlamentarische Kontrolle gegenüber dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium und gegenüber dem Amt für Verfassungsschutz bzw. dem Verfassungsschutz als staatliche geheimdienstliche Organisationsstruktur des Landes auszuüben. Auch und gerade die Strukturen und Arbeit von Geheimdiensten benötigen eine wirksame parlamentarische und damit demokratische Kontrolle. Das zeigen nicht zuletzt Vorgänge um den NSU in Thüringen und anderswo und die Ergebnisse diverser Untersuchungsausschüsse zu diesem NSU-Komplex, auch die des Thüringer Landtags.

Inwieweit geheimdienstliche Arbeit demokratische Kontrolle und Transparenz in einem lösbaren oder auch nicht lösbaren Spannungs- und Widerspruchsverhältnis stehen und wie damit adäquat umgegangen werden sollte, ist hier an dieser Stelle nicht zu verhandeln und ist anderen Diskussionszusammenhängen vorbehalten. Darauf ist auch bereits mein Kollege Herr Bilay in seinem Redebeitrag eingegangen.

 

Die Einbringung dieses Gesetzentwurfs hat eine – ich nenne es jetzt mal – Vorgeschichte und ist einer rechtlichen und tatsächlichen praktischen Notwendigkeit geschuldet. Ausgangspunkt dafür ist, dass als gesetzlich vorgesehene Übergangsregelung derzeit immer noch die Parlamentarische Kontrollkommission der 6. Wahlperiode im Amt ist, um die verfassungsrechtlich gebotene parlamentarische Kontrolle geheimdienstlicher Arbeit in Thüringen zu gewährleisten. Mit Blick auf das Rechtsprinzip der möglichst wirksamen demokratischen Legitimation der Übertragung von staatlichen Funktionen und Aufgaben ist es nun geboten, dass ein vom jetzigen 7. Thüringer Landtag gewähltes Gremium seine Arbeit aufnehmen kann. Doch in den dafür durchgeführten Wahlvorgängen haben die von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Kandidaten nach den jeweils sachlich begründeten Gewissensentscheidungen der Abgeordneten nicht die notwendige Anzahl der Stimmen erzielt.

 

Im heutigen Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission hat es bereits Herr Walk auch angesprochen, ich möchte es aber auch an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen: Eine Tätigkeitsaufnahme des schon zumindest teilweise durch Einzelwahlen neu besetzten Gremiums ist nach einer von der AfD-Fraktion erwirkten Eilentscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2020 nicht möglich. Das Gericht stellte fest, dass die Parlamentarische Kontrollkommission sich erst dann in einer ersten Sitzung konstituieren darf, wenn alle ihre Mitglieder durch Wahl bestimmt und legitimiert sind und eine Ablehnung von Kandidaten – Zitat – „nicht aus sachwidrigen Gründen erfolgt ist“, so das Gericht im Tenor des Beschlusses.

 

Im weiteren Fortgang der Arbeit an dieser – ich nenne es an dieser Stelle mal – Baustelle fanden im Landtag, wie vom Gericht angeregt, weitere Gespräche zwischen den Fraktionen statt. Dabei kam auch – wie bereits auch von Herrn Walk erwähnt – ein Meditationsverfahren zur Anwendung.

 

Im vorliegenden Gesetzentwurf ist demnach die logistische und inhaltliche Schlussfolgerung der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vollzogen worden aus den gerade geschilderten Vorgängen. Ziel ist also, die möglichst zügige und auch vollständige Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission mit neu gewählten und gleichzeitig vom Landtag der 7. Wahlperiode legitimierten Mitgliedern zu ermöglichen. Dazu werden die Regeln der Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission in § 25 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes so verändert, dass auch zukünftig fünf Mitglieder des Gremiums nicht mehr ausgehend von der Anknüpfung an einzelne Fraktionen kandidieren und gewählt werden. Zukünftig erfolgen deswegen Kandidatur und Wahl der Person und damit auch die Zuteilung der Sitze im Gremium vielmehr bezogen auf ihre Zuordnung zu und das Stärkeverhältnis zwischen den regierungstragenden Fraktionen als Gesamtheit auf der einen Seite und der parlamentarischen Opposition des Landtags als Gesamtheit auf der anderen Seite. Die Anknüpfung an den Oppositionsstatus und das Recht der Opposition auf entsprechende parlamentarische Repräsentanz finden sich in Artikel 59 der Verfassung als Grundprinzip. Das bedeutet: Durch die zukünftige Anknüpfung an die beiden funktionalen Teile des Parlaments hat keine der Fraktionen oder parlamentarischen Gruppen mehr ein automatisches Anrecht auf einen Sitz in diesem Gremium. Um den unter dem Gesichtspunkt der wirksamen parlamentarischen Kontrolle problematischen Durchmarsch von Mehrheiten bei der Besetzungsentscheidung zu verhindern, ist für die Wahl nach Artikel 25 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes ein Stimmquorum von zwei Dritteln vorgesehen.

 

Unsere einreichenden Fraktionen hoffen auf eine zügige Beratung des Gesetzentwurfs und werben für eine Verabschiedung, damit die Parlamentarische Kontrollkommission in neuer Besetzung so bald wie möglich ihre Kontrollarbeit im Sinne auch der bisherigen Rechtslage, insbesondere der §§ 24 und 29, auch tatsächlich aufnehmen kann. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE)

Dateien