Die Hölle auf Erden: Mit der „Alternative 54“ beim Jonastalverein

Zwischen Arnstadt, Ohrdruf und Crawinkel liegt das Jonastal, ein idyllischer Landstrich mit imposanten Muschelkalkfelsen und großer, weitestgehend naturbelassener Pfanzenvielfalt. Wäre da nicht die Gedenkstätte – kaum etwas ließe vermuten, dass sich hier einmal eines der grausamsten und menschenverachtendsten Arbeits- und Konzentrationslager der NS-Zeit befunden hat. Fast 20.000 Menschen wurden hierhin verschleppt und gingen buchstäblich durch die Hölle auf Erden. Etwa die Hälfte der Gefangenen überlebte diesen Ort des Schreckens nicht.

Um an das Unheil und das Leid der Häftlinge im Lager »S III« zu erinnern, hat sich im Jahre 2001 die »Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal e.V.« gegründet. Der gemeinnützige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, geschichtliche Vorgänge in Bezug auf das »Sonderbauvorhaben S III« aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Vom Bahnhof Arnstadt sind es nur wenige Minuten Fußweg bis hin zum alten Lokschuppen, wo sich im Eisenbahnmuseum alte Dampfokomotiven besichtigen lassen. In unmittelbarer Nachbarschaft befnden sich die Vereins- und Ausstellungsräume des Jonastalvereins.

Die Dauerausstellung beinhaltet Dokumente, Fotos, originale Ausstellungsstücke, einen Stollennachbau sowie ein Modell der Baustelle Jonastal. Diese Nachbildung ermöglicht einen einmaligen Blick zurück ins Jahr 1945 und erläutert die Ausbaustadien und Arbeitsabläufe sowie das direkte Umfeld der Anlage, das insgesamt 25 Stollen umfasste, die aufgrund höchster Dringlichkeitsstufe in unfassbarer Geschwindigkeit in den Berg getrieben wurden, um ein vor Fliegerbomben möglichst geschütztes Führerhauptquartier zu errichten. Im Keller des Museums, in dem normalerweise die Rundgänge mit einer Filmvorführung beginnen, werden die Häftlingsschicksale thematisiert. Anhand originaler Foto- und Videodokumenten werden den Besucher*innen die Zustände bei der Befreiung der Konzentrationslager auf mahnende Weise vermittelt.

„Die Häftlinge wurden in einer undenkbaren Brutalität geradezu verheizt, wie es aus kaum einem anderen Lager bekannt ist. Nach täglich bis zu siebzehn Stunden körperlicher Schwerstarbeit ohne Nahrung und fester Kleidung sind die Gefangenen abends regelrecht ins Koma gefallen, viele von ihnen sind nicht wieder aufgewacht. Andere sind qualvoll erstickt, denn im Bunker gab es weder genug Betten noch genügend Atemluft für alle. Wieder andere starben auf dem Todesmarsch oder durch die erbarmungslose Gewalt der Aufseher.“ berichtet Georg Ribienski. Er ist Vorstandsmitglied und schon seit 2013 im Verein tätig. „Unser derzeitiges Ziel ist der Aufbau eines digitalen Archivs, um die Informationen auch online für Schüler*innen und Wissenschaftler*innen zur Verfügung zu stellen. Mehrere hundert Gigabyte Material warten darauf, sortiert und eingepfegt zu werden. Das ist eine immense Herausforderung für uns.“

Seit vielen Jahren wird der Verein regelmäßig auch mit Fördermitteln der »Alternative 54« bedacht.

Mehrere kleinere Projekte, wie Publikationen oder Reparaturarbeiten konnten dadurch schon realisiert werden. Doch in diesem Jahr scheint die fnanzielle Unterstützung notwendiger denn je. „Unsere Arbeit hier erledigen wir ehrenamtlich. Wir kämpfen jedes Jahr darum, irgendwie über die Runden zu kommen. Einen großen Teil der Einnahmen erhalten wir aus Eintrittsgeldern von Schulklassen und anderen Besucher*innengruppen, die an den Führungen teilnehmen.“

Ausgerechnet zur wichtigen Saison im Frühjahr mussten die Türen wegen der Corona-Pandemie aber komplett geschlossen bleiben. „Leider ist allein unser Kinoraum so klein, dass mit ausreichend Abstand statt der üblichen 20 Personen gerade einmal drei oder vier hinein passen würden.“ Das reiche aber bei weitem nicht aus, um den Museumsbetrieb langfristig aufrecht erhalten zu können. Neue Ausstellungskonzepte seien gefragt, sogar ein Umzug des Vereins in größere Hallen werde in Erwägung gezogen. Der Lokschuppen sei ohnehin nicht ideal, gerade im Winter, wenn sich aufgrund der fehlenden Heizung die Außen- und Innentemperaturen anglichen. Außerdem sei das Gelände mit seinen Treppen nicht barrierefrei. Das größte Problem sei aber die mangelnde Planungssicherheit. „Es wäre schön, wenn man für fünf oder zehn Jahre vorausplanen könnte, um unsere ambitionierten Vorstellungen in die Tat umsetzen zu können.“, meint Ribienski. Das setze aber genügend Geld für Miete und Angestellte voraus. „Aber wir wollen nicht jammern, denn bisher haben wir es immer irgendwie geschaft.“

Neben dem Museum unterhält der Verein auch einen Geschichts- und Naturlehrpfad durch das Jonastal, der durch die Mitglieder*innen gepfegt wird. Die Informationstafeln seien in den letzten Jahren vor allem aus rechtsextremistischen Motiven immer wieder angegrifen und beschädigt worden. Auch für deren stetige Instandsetzung werden Spendengelder, wie die der »Alternative 54« dringend benötigt. An diesem Tag wird der Scheck über 500 Euro für den Aufbau des Vereinsarchivs durch Christian Schaft, Sprecher für Wissenschaft, Hochschule und Forschung der Linksfraktion, überreicht. „Diese Initiative zur Hilfe für Schüler*innen bei ihren Recherchen unterstütze ich gerne mit dieser Spende. Die Mitglieder*innen des Jonastalvereins leisten seit Jahren einen wichtigen Beitrag für die lokale Erinnerungsarbeit im Ilm-Kreis und darüber hinaus.“ Lukas Krause

 


 

Seit dem 10.06. ist das Dokumentationszentrum wieder für Besucher*innen geöfnet. Mehr Informationen auf www.gtgj.de.