Schulgesetz

Das von der Landesregierung vorgelegte „Gesetz zur Änderung des Thüringer Schulgesetzes und des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen“ wird von der Landtagsfraktion DIE LINKE als untauglich zurückgewiesen. Es handle sich lediglich um ein „Reförmchen“, das die Unübersichtlichkeit des Schulsystems in Thüringen noch verschärfe, betont Michaele Sojka, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Insbesondere wird von der LINKEN kritisiert, dass das längere gemeinsame Lernen nur als eine weitere, völlig freiwillige Option für die Schulträger in Thüringen eingeführt wird. An den Gymnasien ab Klasse 5 wird dagegen im vollen Umfang festgehalten. Damit wird sich für einen großen Teil der Schüler und Eltern in Thüringen nichts ändern. Klar ist: ein zumindest flächen- und bedarfsdeckendes Angebot an Gemeinschaftsschulen wird es damit in Thüringen nicht geben, stattdessen wird das gegliederte, auf frühe Trennung der Schüler setzende Schulsystem beibehalten und zementiert, so Michaele Sojka. Ziel der LINKEN sei nach wie vor die flächendeckende Einführung der Gemeinschaftsschule – in absehbarer Zeit müsse bei jedem Schulträger in Thüringen ein Angebot für eine Gemeinschaftsschule existieren. Bei freien Schulen sei zu erreichen, dass diese perspektivisch ohne die Erhebung von Schulgeld existieren können. Generell gelte, dass der Bildungsbereich kein Ort für Sparen und Haushaltssanierung sein könne und dürfe.

Darüber hinaus werden aus Sicht der Linksfraktion mit dem Gesetz der Landesregierung andere wesentliche Reformziele der SPD und der CDU-SPD-Koalition im Schulbereicht nicht umgesetzt. Dies betrifft insbesondere:

  • die umfassende Gestaltung von Ganztagsschule,
  • die Einführung einer wirklich eigenverantwortlichen Schule,
  • die Schaffung von grundlegenden Voraussetzungen, um den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf an den allgemeinen Schulen in Thüringen deutlich auszuweiten. Die Ausgrenzung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehöre nach wie vor zur traurigen Normalität des Thüringer Schulsystems.

   
Die Abgeordnete weist darauf hin, dass durch die Landtagsfraktion DIE LINKE deshalb 18 Änderungsanträge zum Schulgesetz der Landesregierung im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingebracht wurden. Neben dem Ziel der flächendeckenden Einführung der Gemeinschaftsschule sollen Ganztagsangebote für alle Schularten in den Klassen 5-10 ausgebaut und die Eigenverantwortung der Schulen nachhaltig gestärkt werden.

Die wichtigsten Änderungsanträge sind:

  • Alle Schulen, die zu einem Hauptschulabschluss bzw. qualifiziertem Hauptschulabschluss führen (also Regelschulen, Gemeinschaftsschulen und Gesamtschulen), gestalten verbindlich eine flexible Schulausgangsphase. Damit entfällt das Qualitätssiegel „Oberschule“ für einen Teil der Regelschulen.
  • Verkürzung der Übergangszeiten für die Gestaltung wirklicher Gemeinschaftsschulen, von Klasse 1 beginnend bis Klasse 12. Die Übergangsphase soll von 10 auf fünf Jahre verkürzt werden.
  • Die Übertrittsmöglichkeiten von Regelschulen, Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen zu Gymnasien wird flexibler gestaltet. Zukünftig wird der Übertritt zum Gymnasium auch nach der 7. Klasse und später ermöglicht.
  • Ganztagsangebote werden nicht nur in Klasse 5 und 6, sondern mindestens bis Klasse 10 in Schulen jeder Schulart eingeführt.
  • Schulsozialarbeit soll an jeder weiterführenden Schule (d.h. ab Klasse 5) stattfinden.
  • Die wirkliche Eigenverantwortung von Schulen soll in Thüringen endlich eingeführt werden (Eigenverantwortung der Schulen insbesondere bzgl. Schulbudget, Budgetbewirtschaftung, Personalfragen, Schulleitung).
  • Jeder Schulträger wird verpflichtet, bis zum Beginn des Schuljahres 2013/2014 mindestens ein Angebot zu einer Gemeinschaftsschule in seinem Verantwortungsbereich einzurichten.


Auch zum Schulfinanzierungsgesetz hat die Landtagsfraktion Änderungsanträge vorgelegt:

  • Die Schülerbeförderung soll zukünftig entgeltfrei auch für Schüler der gymnasialen Oberstufe und der Berufsschulen erfolgen. Bisher findet die vollständige Übernahme der Kosten zur Schülerbeförderung nur bis zum Ende der Sekundarstufe 1, also des Abschlusses der 10. Klasse, statt.
  • Der endgeltfreie Beförderungsanspruch für Schüler einer Gemeinschaftsschule muss im vollen Umfang und für den gesamten Schulweg bis zur nächst gelegenen Gemeinschaftsschule gelten. Nach der jetzigen Reglung besteht der Anspruch nur bis zum nächstgelegenen Gymnasium oder Regelschule.


Zum Gesetz der Landesregierung über Schulen in freier Trägerschaft wurden durch die Linksfraktion insgesamt 23 Änderungsanträge im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur gestellt.

In Schulen in freier Trägerschaft erfüllen Kinder und Jugendliche ihre Schulpflicht, hebt Michael Sojka hervor. Die Errichtung und Betreibung von Schulen in freier Trägerschaft sei ein Recht, welches sich aus dem Grundgesetz und der Verfassung ergebe. Dabei seien auch die Schulen in freier Trägerschaft an Schulgesetz und Verfassung gebunden, soziale Benachteiligung und Ausgrenzung dürfe also auch bei freien Schulen nicht erfolgen. Als Hauptziel der LINKEN benennt Michael Sojka, dass freie Schulen in die Lage zu versetzen seien, dass sie perspektivisch ohne die Erhebung von Schulgeld existieren können. Als weitere notwendige Voraussetzungen dazu führt die Abgeordnete die Einbeziehung der freien Schulen in die regionalen Schulnetzplanungen und die Umsetzung einheitlicher Tarifregelungen für staatliche und freie Schulen an. Die Schulreformbemühungen an staatlichen Schulen schließen zudem die freien Schulen nicht aus: gemeinsamer Unterricht, individuelle Förderung, Ganztagsschule und längeres gemeinsames Lernen seien Ziele für freie Schulen, ohne entsprechend ausgebildetes und ausreichendes Personal jedoch nicht umzusetzen.

Folgende wesentliche inhaltliche Änderungen zum Gesetz der Landesregierung über Schulen in freier Trägerschaft wurden durch die Landtagsfraktion DIE LINKE beantragt:

  • Die staatliche Finanzhilfe freier Schulen wird auf dem bisherigen Niveau gesichert, d.h. die geplante Soll-Kosten-Regelung wird nicht eingeführt, sondern die bewährte Ist-Kosten-Regelung bei der Berechnung des Personalkostenanteils beibehalten (Berechnung der staatlichen Finanzierungsanteile für freie Schulen auf der Grundlage der tatsächlichen, im Vorjahr entstandenen Kosten in staatlichen Schulen). Die „Von-100-Anteile“ der staatlichen Förderung (geregelt in der entsprechenden Verordnung) sollen nicht gekürzt, sondern in der bisherigen Höhe beibehalten werden.
  • Abschaffung der intransparenten Ausnahmeregelung im Falle einer höheren Finanzhilfe für einzelne freie Schulen.
  • Abschaffung der Möglichkeit, den Schulträgern staatlich nicht anerkannter Ersatzschulen Gebühren für die Durchführung von Abschlussprüfungen in Rechnung zu stellen. (Dies führt letztlich nur zu einer Erhöhung des Schulgeldes und damit zu noch mehr Chancenungleichheit bzw. Ausgrenzung.)
  • Die Lernmittelfreiheit wird zukünftig auch an freien Schulen im vollen Umfang gesetzlich festgeschrieben. (Einführung einer konkreten Formulierung im Gesetz, nach der die an staatlichen Schulen geltende Lernmittelfreiheit auch an den freien Schulen gilt.)
  • Berufsbildende Schulen sollen keiner erneuten Wartezeit bzgl. staatlicher Finanzhilfen unterliegen, wenn diese Bildungsgänge auf Grund von Veränderungen der Arbeitsmarktsituation ändern, neu gestalten oder streichen.