NS-Diktatur

28. Februar 1933: Verhaftung der KPD-Abgeordneten war Schlag gegen das Parlament

Rudolf Arnold, Richard Eyermann, Fritz Gäbler, Willy Gebhardt, Fritz Heilmann, Leander Kröber, Josef Rösel, Erich Scharf, Arno Voigt und Richard Zimmermann – das sind die Namen der zehn Thüringer Landtagsabgeordneten der KPD, die vor genau 80 Jahren von den Nazis verhaftet wurden. An sie wollen wir erinnern.
Am 28. Februar 1933 erging per Funkspruch der Befehl, die gewählten KPD-Abgeordneten des Thüringer Landtages beim Betreten des Parlaments festzunehmen und die Räume der Fraktion im Fürstenhaus in Weimar sowie die Pulte der Abgeordneten im Sitzungssaal zu durchsuchen. Der Vizepräsident des Thüringer Landtages hatte der Polizei die Genehmigung dafür erteilt. Die Abgeordneten wurden schließlich an verschiedenen Orten Thüringens verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen. Mehrere kamen in das erste Konzentrationslager des NS-Staates, das Sammellager in Nohra. Dort wurden ab Anfang März 1933 Abgeordnete, Stadträte und Funktionäre der KPD sowie der „Roten Hilfe“ interniert. Das Lager diente in den ersten Wochen und Monaten der nationalsozialistischen Herrschaft der Machtsicherung der NSDAP und der Ausschaltung der KPD. Flucht ins Exil, langjährige Inhaftierungen der Thüringer KPD-Abgeordneten in verschiedenen Gefängnissen und in Konzentrationslagern folgten.
Sofort nach der Machtübertragung an die Nazis am 30. Januar 1933 begann die Zerschlagung der Demokratie der Weimarer Republik. Die Presse- und Versammlungsfreiheit wurden eingeschränkt, kommunistische und sozialdemokratische Beamte entlassen und Zeitungen verboten. Am 28. Februar erfolgte dann mit der sogenannten „Reichstagsbrandverordnung“ ein weiterer schwerer Schlag gegen die Demokratie. In einer gezielten Aktion wurden aus Anlass des Reichstagsbrandes tausende Kommunistinnen und Kommunisten in „Schutzhaft“ genommen. Mit der Verordnung wurden wichtige Menschen- und Bürgerrechte außer Kraft gesetzt. Sie war ein Baustein für die weitere Absicherung der Herrschaft der NSDAP. Allein in Thüringen wurden auf Grundlage dieser Verordnung in den ersten Wochen nach der Machtübertragung etwa 1.000 Mitglieder der KPD verhaftet.
Der Terror von rechts traf nicht allein die KPD. Der Sturm auf die Gewerkschaftshäuser am 2. Mai, die Zerschlagung der Gewerkschaften sowie die Verhaftungen und Verbote gegen die SPD folgten in den nächsten Wochen und Monaten. Auch wenn die ArbeiterInnen-Bewegung zuerst in den Fokus des nationalsozialistischen Staates geriet, richtete sich der Terror der Nazis gegen alle Demokratinnen und Demokraten. Die letzte Sitzung des frei gewählten Thüringer Landtags fand am 14. Februar 1933 statt.
Was dann folgte, überstieg den frühen Terror bei weitem: Die Verfolgung und der millionenfache Völkermord an den Jüdinnen und Juden, die Shoa, der Völkermord an den Sinti und Roma sowie die Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen, Angehörigen religiöser Gruppen sowie den als „Asoziale“ bezeichneten Menschen.
Bis heute ist die Verfolgung der zehn Thüringer KPD-Abgeordneten offenbar nicht ausreichend und umfassend erforscht. Allein über die Frage, ob die Abgeordneten am 22. Februar oder am 28. Februar 1933 in die faschistischen Kerker geworfen wurden, gibt es beispielsweise unterschiedliche Informationen. Aktuelle Literatur zur Verhaftung der Abgeordneten, zur Zwangsauflösung der KPD-Landtagsfraktion und dem weiteren Schicksal dieser Abgeordneten des Thüringer Landtages ist heute nicht oder nur schwer zu finden. Auch im Thüringer Landtag erinnert nichts an diese zehn früheren Abgeordneten, die Opfer des NS wurden.
Die Verhaftung von KPD-Abgeordneten aus den Landtagen und dem Reichstag sowie Parteifunktionären war ein Schritt in der langen Kette der Zerschlagung der Demokratie und der Errichtung und Festigung der NS-Herrschaft. Der Thüringer Landtag sollte daher prüfen, wie in Zukunft allen Abgeordneten, die Opfer der NS-Herrschaft wurden, gedacht werden kann und wie sie geehrt werden können. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Opfer des NS vergessen werden.

Bodo Ramelow