Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Straßengesetzes

Andreas Schubert

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5375

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Thüringerinnen und Thüringer hier im Saal und an den mobilen Endgeräten, vor allen Dingen die, die möglicherweise Interesse haben, auch zukünftig Carsharing noch stärker zu nutzen! Die Debatte heute hier im Hohen Haus findet statt im Kontext der globalen Diskussion zu den großen Anstrengungen, die für eine Energie- und Verkehrswende notwendig sind. Denn die Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, läuft ab. Schon ab Mittwoch hatte Deutschland laut Umweltschützern alle Ressourcen verbraucht, die bei einer nachhaltigen Nutzung für das ganze Jahr zur Verfügung gestanden hätten – schon wieder ein Tag früher als letztes Jahr. Wir leben sozusagen ressourcentechnisch auf Pump, auch auf Kosten des globalen Südens und die Existenz dieser, unserer einzigen Erde, hängt inzwischen davon ab, ob wir willens und in der Lage sind, unser Alltagsverhalten zu verändern. Machen wir das nicht, macht das jeder so weiter wie bisher, und würden andere bevölkerungsstarke Länder uns mit diesem Beispiel folgen, was zum Beispiel die Dichte von individuellen Automobilnutzungen anbelangt, dann wird es so sein, dass diese Erde in diesem Zustand nicht zu erhalten sein wird.

 

Deshalb sagen wir als Linke, es braucht hier mehr als Appelle und Sonntagsreden, denn der Markt regelt auch das nicht und schon gar nicht allein. Es gibt einen riesigen Investitionsbedarf und wir sehen, wie falsch die Prioritäten beim Mitteleinsatz in der Vergangenheit hierzulande gesetzt wurden, unter anderem an dem Abstand zu anderen Volkswirtschaften, die uns auf dem Weg der Dekarbonisierung und der Energie- und Verkehrswende weit enteilt sind. Wer zum Beispiel in den letzten Monaten oder Jahren mal in Skandinavien unterwegs war, wird das sofort feststellen. Deshalb sagen wir als Linke auch, es muss endlich umgesteuert werden, und zwar massiv. Wir haben in diesem gesamten Kontext der Energie- und Verkehrswende einen konkreten Vorschlag unterbreitet. Bodo Ramelow hat diesen artikuliert, gemeinsam mit Regierungsmitgliedern von drei weiteren Landesregierungen, wo die Linke mit in Verantwortung steht. Es geht darum, 100 Milliarden Euro als Sondervermögen für Energiesicherheit, Energiesouveränität und ökologische Transformation einzusetzen. Das wäre tatsächlich notwendig, um Anreize zu setzen,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

damit wir unser Alltagsverhalten anpassen, klimaschonender gestalten, und zwar schnell. Wir als Linke sagen ganz klar, es braucht dafür Angebote, viel mehr Angebote statt Verbote. Deshalb haben wir uns jetzt auch mit dieser Initiative für mehr Angebote auf den Weg gemacht und haben hier einen Vorschlag zur Änderung des Thüringer Straßengesetzes zur Diskussion gestellt. Wir wollen mit mehr Spielraum für die Kommunen – das war schon Thema – die Flexibilität bei der Festsetzung der Gebühren, Herr Bergner, bei für Stellplatznutzung für Carsharinganbietern erhöhen, nicht abschaffen, sondern wir wollen die Flexibilität erhöhen und damit den Markteintritt weiterer Anbietern in Thüringen erleichtern, und zwar mit dem Ziel, das Mobilitätsverhalten zu ändern und eine Neuverteilung des Verkehrsraumes zu befördern. Denn Carsharing wird Autos ersetzen, wird somit Innenstädte entlasten und den Parkraumdruck mindern. Das hilft am Ende allen. Selbst denjenigen, die nicht Carsharing nutzen, wird eine vermehrte Nutzung von Carsharing helfen. Carsharing mehr zu nutzen ist am Ende ein Beitrag für mehr Mobilität für alle.

 

Deswegen, sagen wir als Linke, ist die vorgeschlagene Änderung scheinbar trivial mit einem Halbsatz, ist es aber nicht. Es kann tatsächlich eine Entwicklung beschleunigen, die wir in den letzten Jahren zwar hatten, aber die aus unserer Sicht viel zu langsam vorangeht. Ich kann Ihnen das auch ganz persönlich aus der Erfahrung in einer Stadt wie Gera schildern, wo wir vor Jahren eine lange Debatte hatten, wo ein Carsharing-Anbieter überlegt hat, ob er einen Markteintritt in unserer Stadt organisiert, finanziert. Wir haben uns lange mit der Stadtverwaltung auseinandersetzen müssen, bis wir unter der Überschrift „Pilotprojekt“ einen Modus Vivendi gefunden haben, weil es eben jetzt eine ganz konkrete Vorschrift zur Ermittlung dieser Gebühr im Thüringer Straßengesetz gibt. Das möchten wir flexibler gestalten. Ich verstehe gar nicht die kritischen Hinweise, Herr Malsch oder auch Herr Bergner, wo Sie doch sonst bei jeder anderen Gelegenheit hier vorn am Pult stehen und das hohe Gut der kommunalen Selbstverwaltung

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und der Eigenverantwortung in die Höhe halten, um zu sagen, das wissen die vor Ort doch am besten, was wie gemacht werden muss. Dann lassen Sie das doch die Kommunen vor Ort am besten entscheiden und gehen wir weg von der jetzt festgelegten Durchschnittsgröße, die jetzt im Gesetz steht. Es ist deswegen aus meiner Sicht – und wir haben das als Koalition natürlich vorher prüfen lassen, bevor wir hier diesen Vorschlag machen – auch überhaupt nicht einschlägig, dass Sie jetzt mit beihilferechtlichen Schwierigkeiten um die Ecke kommen, weil es ja nicht so ist, dass diese Gebühr abgeschafft wird, sie wird auch nicht ausgesetzt, sondern wir erhöhen lediglich die Flexibilität für die kommunale Ebene, diese Gebühr festzulegen. Es kann sogar sein, dass sie am Ende auch höher wird als der Durchschnitt. Ja, warum nicht? Aber wenn wir sagen, wir brauchen erst mal einen Anreiz, damit wir vielleicht auch eine Vielfalt von Angeboten, von Anbietern in den Kommunen haben, dann kann sie nach unserem Vorschlag in Zukunft deutlich unter dem Durchschnitt liegen. Deswegen sagen wir, Ihre Vorbehalte sind hier nicht einschlägig und auch das, was Herr Bergner hier für die FDP vorgetragen hat mit dem Vergleich von E-Scootern und Fahrrädern ist wenig überzeugend, weil diese, wenn Sie zum Beispiel in Erfurt

 

(Zwischenruf Abg. Bergner, Gruppe der FDP: Das können wir im Ausschuss diskutieren!)

 

– genau, dann lassen Sie mich doch ausreden – unterwegs sind, ganz selten auf Parkplätzen angeboten werden, sondern meistens in der Fußgängerzone stehen.

 

(Zwischenruf Abg. Bergner, Gruppe der FDP: Das ist keine Sondernutzung!)

 

Das ist sicherlich auch von Ihnen beobachtet worden. Das sind keine Parkplätze, Herr Bergner, darum geht es doch.

 

Auf dem flachen Land – weil die Debatte von Herrn Malsch noch mal in diese Richtung geführt wurde: Wir müssen doch auch Zukunftsentwicklungen mitdenken. Es wird eine Zeit kommen, und die ist nicht mehr weit weg, wo wir auch über autonomes Fahren reden, wo das Fahrzeug viel stärker KI-gesteuert im Einsatz sein wird und wo wir solche Stellen haben müssen, wo diese Fahrzeuge Passagiere aufnehmen können, Passagiere wieder aussetzen können. Vor dem Hintergrund ist es tatsächlich nicht nur eine Entwicklung, die wir mit Blick auf große urbane Zentren im Auge behalten müssen, sondern eben auch als Möglichkeit, in Zukunft einen weiteren Mobilitätsbaustein auch im flachen Land anzubieten. Das ist es doch, was ein modernes Land – und das wollen wir doch hoffentlich alle gemeinsam – im Sinne einer Energie- und Mobilitätswende hier in Thüringen auch braucht.

 

Deshalb bitten wir hier um Ihre Zustimmung für eine Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten, wo wir uns dann diesen technischen Fragen auch noch mal in der Hoffnung stellen wollen, dass wir dort nicht ewig lange diskutieren, sondern dass wir an dieser Stelle schnell zu einer Entscheidung kommen, damit wir weitere Anreize setzen, das Mobilitätsverhalten zu ändern. Es ist dringend notwendig, denn die Zeit läuft ab für diesen Planeten. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien