Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Rettungsdienstgesetzes 2/2

Donata Vogtschmidt

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/7780

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream und auch wieder auf der Tribüne, wie in der Einbringung von mir schon dargestellt wurde, legt die rot-rot-grüne Regierungskoalition heute den Zweiten Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Rettungsdienstgesetzes vor. Wesentliche Regelungsgehalte hatte ich bereits in der Einbringung skizziert. Schwerpunkte sind unter anderem die telenotärztliche Versorgung, eine Experimentierklausel und auch die Lehrleitstelle. Auch die CDU und FDP hatten in den letzten Sitzungen eigene Änderungsvorschläge zum Rettungsdienstgesetz eingereicht, die wir im März erörtert hatten. Die Anträge hatten aber eben einige offene Fragen aufgeworfen. Das ist hier jetzt auch schon öfter angeklungen. Deswegen möchte ich gern noch mal auf diese drei Schwerpunkte von uns eingehen.

 

Zum einen die telenotärztliche Versorgung: Bereits im letzten Jahr waren mein Kollege Ralf Plötner und ich zu Besuch bei der Kassenärztlichen Vereinigung im Rahmen der Auswertung des Pilotprojekts. Da haben wir uns davon überzeugen lassen, dass die telenotärztliche Versorgung der richtige Weg für Thüringen ist, um im Ernstfall bei kurzfristigen und auch großflächigen Ausfällen dennoch eine hohe Versorgungsqualität abzusichern für alle Thüringer und Thüringerinnen.

 

Sowohl die CDU als auch die FDP haben im Gesetzentwurf Schwächen vorzuweisen. Es ist vorhin auch schon angeklungen. Ja, bei uns hat es ein bisschen länger gedauert, aber ich möchte nur mal skizzieren, der CDU-Gesetzentwurf hatte sechs Seiten, der FDP-Entwurf hatte fünf Seiten und der Gesetzentwurf von Rot-Rot-Grün hatte 15 Seiten. Deswegen gehen wir natürlich inhaltlich sehr gut auf diese ganzen Schwächen ein.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Das muss ja nichts heißen!)

 

Aber keiner von beiden befasst sich eben bisher intensiv …

 

(Unruhe CDU, Gruppe der FDP)

 

Ach, Herr Zippel.

 

Wenn Sie jetzt reinrufen müssen – Sie können gern eine Zwischenfrage stellen. Aber nur, weil jetzt irgendwie eine Frau widerspricht, müssen Sie jetzt nicht lauter reinrufen.

Keiner von den beiden Gesetzentwürfen von CDU oder FDP hat sich bisher mit der Frage beschäftigt, wie denn genau mit den hochsensiblen Patientinnendaten umgegangen werden soll, denn Bilder, Videos oder Tonspuren Verletzter oder dann eben tatsächlich auch leider teilweise entkleideter Menschen, was aus dem Rettungswagen dann übertragen werden soll, das ist datenschutzrechtlich einfach wirklich eine sehr schwierige Sache. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf von Rot-Rot-Grün regelt nun, unter welchen Bedingungen überhaupt Aufzeichnungen und Übertragungen stattfinden sollen. Der regelt, dass die Patientinnen und Patienten ein Mitspracherecht haben sollen, inwieweit die Aufzeichnungen überhaupt erfolgen sollen. Er regelt auch, dass eine vorherige Aufklärung stattfinden soll, soweit das eben im konkreten Fall möglich ist, und dass die Daten auch gelöscht werden bzw. unter welchen Voraussetzungen sie wann gelöscht werden. In der Regel haben wir da diese 6-Monats-Frist, was auch als Höchstgrenze so best practice – nenne ich es mal – ist, dort reingeschrieben. Es ist eben auch klar definiert, wer Telenotarzt oder Telenotärztin ist und welche Aufgaben diese haben.

 

Und, Herr Zippel, diese Behauptung, dass der Notarzt komplett durch einen Telenotarzt oder  ärztin ersetzt werden soll, ist einfach grundsätzlich falsch. Das steht auch nicht in unserem Gesetzentwurf drin.

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist aber die Konsequenz daraus!)

 

Vor allem haben wir aber auch die Aufgabenträgerschaft bei uns geregelt. Bei der CDU wird kein solcher Aufgabenträger oder  trägerin benannt, stattdessen heißt es relativ lapidar, dass die Ministerien das schon irgendwie richten sollen. Als Gesetzgeber haben wir uns dabei aber bei dieser wichtigen Frage nicht die Zügel aus der Hand nehmen lassen, denn wir definieren klar, dass die KVT – also die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen –, welche ja auch schon die notärztliche Versorgung in dem bodengebundenen Rettungsdienst innehat, auch die telenotärztliche Versorgung übernehmen soll. So viel dazu.

 

Zur Lehrleitstelle: Ich habe persönlich auch mit vielen Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion unterschiedliche Leitstellen und eben auch Feuerwehrstrukturen besucht. Das Ziel, das wir als Rot-Rot-Grün ja bereits vor einigen Jahren formulierten, nämlich eine zukunftssichere Leitstellenstruktur mit einer modernsten Technik zu schaffen, ist auch weiterhin richtig und vor allem auch wichtig. Ich kann nur an alle Landkreise, kreisfreien Städte und alle weiteren kommunalen Verantwortlichen appellieren, diesen Kurs auch im Sinne eines auf einander abgestimmten Verbundes weiterzuverfolgen.

 

Gerade auch bei der Umstellung bei der Thüringer Polizei wurde ja auch gezeigt, dass es für ein Notrufmanagement der Zukunft keine kostspielige Unterhaltung von mehr als über einem Dutzend Parallelleitstellen benötigt. Wichtig sind in diesem Fall einfach wirklich Erreichbarkeit, bewährte Systeme, Redundanzen, ausreichend fittes und motiviertes Personal sowie eben auch ein adäquates Einsatzleitsystem. Genau für einen solchen Leitstellenbetrieb auf hohem Niveau im Rettungsdienst braucht es eben eine Lehrleitstelle, die wir nun in § 14 Abs. 5 neu verankern, und eben auch eine Finanzierung, die auch anteilig auf Landesebene liegen soll.

 

Herr Zippel, die Lehrleitstelle ist bereits seit 2018 im Leitstellen- und Standortkonzept verankert. Das ist seit fünf Jahren öffentlich, das heißt, das ist kein neues Konzept, das wir jetzt irgendwie vorweisen. Eigentlich werden fast in jedem Jahr die Mitglieder im Innen- und Kommunalausschuss informiert, so auch mit einem Gutachten vom 15. September 2020. Das heißt, es ist bekannt, dass auch diese Lehrleitstelle in Gera sein soll. Wenn Sie das Thema interessiert, können Sie sich ja gern mit Ihren Mitgliedern im Innen- und Kommunalausschuss darüber austauschen, aber das haben wir da auch schon behandelt.

Die FDP hat ja auch im Antrag von einer Experimentierklausel gesprochen bzw. der Retter-App, das ist ja auch schon oft angesprochen worden. Ich möchte hier noch mal ganz kurz auf die Frage eingehen, wie man eben neuen Formen bei der Notfallversorgung gesetzgeberisch begegnen kann. Die FDP hat ja hier erst den Antrag formuliert, eine smartphonebasierte Ersthelferinnen-App zu erproben. Danach hat sie diese digitale Anwendung für mobile Endgeräte durch externe Dienstleister – so hieß das damals in dem Antrag – in einen Gesetzentwurf gepackt, um vollendete Tatsachen zu schaffen, und anschließend dann aber den Antrag auf Erprobung von der Tagesordnung des Landtags zurückgezogen, sonst hätten wir den ja auch noch wieder behandelt. Ich hatte damals im Märzplenum auch schon gesagt, dass ich das für den falschen Weg halte, den zweiten Schritt vor dem ersten zu gehen, um quasi erst feste Tatsachen zu schaffen, und sich dadurch irgendwie was zu verbauen.

 

Der Entwurf von Rot-Rot-Grün sieht also nun diese Experimentierklausel vor, die solche Erprobungen technikoffen ermöglicht. Das Einvernehmen von den Akteuren ist auch in diesem Fall weiterhin herzustellen, egal von welcher Seite dann der Impuls kommt. Die Zustimmung des zuständigen Ministeriums ist auch hier erforderlich. Anhand gesetzlich klar definierter Regelungen und Kriterien haben wir bei dieser Erprobung eben die Erprobungsfrist auf maximal zwei Jahre angelegt. Eine wissenschaftliche Begleitung soll auch hierbei weiterhin ein Muss sein. Das Antragsverfahren ist festgeschrieben. Auch der für das Rettungswesen zuständige Ausschuss muss eben über die Evaluierung informiert werden, damit wir weiterhin mit dieser digitalen Umstrukturierung weiter vorangehen können.

 

Damit wir aber eben auch gesetzgeberisch den Vorstellungen aus der Praxis deutlich flexibler näherkommen können und gleichermaßen seitens Regierung und Parlament die Kontrollrechte wahren, haben wir das alles in diesen wunderschönen Gesetzentwurf gepackt. Das weitere Verfahren, wie aus einem Pilotversuch dann eben ein Regelbetrieb werden kann, wird dabei auch unterschrieben.

 

Unser Ziel ist es als rot-rot-grüne Regierungskoalition – also vorbehaltlich der Überweisung –, natürlich beide Gesetzentwürfe von CDU und FDP auch mit am Freitag im Innen- und Kommunalausschuss in eine gemeinsame Anhörung zu packen, um das bestmögliche Ergebnis im Sinne der Versorgungssicherheit der Menschen in Thüringen, aber eben auch, um gute Arbeits- und Ausbildungsbedingen für die Einsatzkräfte herauszuholen. Für die fachkundige Unterstützung bedanke ich mich auch seitens unserer Fraktionen ganz herzlich bei den Mitgliedern des Landesbeirats für das Rettungswesen sowie bei den Mitarbeitenden des Referats 24 im Thüringer Innenministerium.

Ich möchte es hier noch mal sagen: Wir beantragen natürlich auch die Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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