Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen 2/3

Anja Müller

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/2042

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon erstaunlich, wie man den Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen auf einen einzigen Punkt reduzieren kann:

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Nämlich das, was offensichtlich die AfD am meisten stört, ist, durch Öffentlichkeit kontrolliert zu werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Aber das mal beiseitegelegt: Unlängst haben wir uns hier im Plenum mit dem Arbeitsbericht zum Petitionsausschuss befasst. Wir hatten in diesem Zusammenhang angekündigt, dass wir an einer Änderung des Thüringer Petitionsgesetzes arbeiten, um vor allem die Hürden für eine Einreichung einer Petition und auch die Möglichkeiten einer möglichen öffentlichen Anhörung zu senken. Diese Änderungen kann das Thüringer Petitionsgesetz gut vertragen, weil die Einreichung einer Petition zu einem Grundrecht für Bürgerinnen und Bürger gehört, die Politik mitgestalten wollen. Deshalb ist es uns als rot-rot-grüne Koalition in Thüringen ein ganz wichtiges Anliegen, unser Petitionsrecht weiter zu einem echten Beteiligungsinstrument zu entwickeln.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

In den vergangenen Monaten haben wir zahlreiche Ideen diskutiert, auch verworfen, wieder aufgegriffen, verglichen und in andere Bundesländer geschaut, immer unter der Maxime, unser Petitionsverfahren soll durchlässiger und transparenter werden, attraktiver und leichter zugänglich. Schon mit unserem jetzigen Petitionsrecht können außerhalb von gerichtlichen Verfahren oder eines Verwaltungsverfahrens Anliegen in den Petitionsausschuss getragen werden. Diese Anliegen können eigene und welche für eine andere Person sein oder auch eines, welches das Gemeinwohl betrifft. Eine Petition ist in meiner Auffassung ein politisches Instrument, das Einzelnen und Minderheiten die Chance gibt, auf Missstände hinzuweisen, juristisch geregelt und im Grundgesetz gesichert. Genau dadurch unterscheiden sich offizielle Petitionen, die durch unser Thüringer Petitionsgesetz gemeint und geregelt sind, ganz maßgeblich von den Eingaben auf freien Plattformen wie Change.org oder openPetition. Auf diesen Plattformen tummeln sich Tausende Petitionen, manche sind eine Bereicherung für den öffentlichen Diskurs, manche nur Ressentiments und Stammtischparolen. Leider verschwinden allzu oft auch die Petitionen mit engagierten Inhalten genauso wie die anderen unbeachtet und das Engagement verpufft, weil niemand zu einer Reaktion verpflichtet ist.

 

Das ist eben bei den nach den Thüringer Petitionsgesetz und direkt im Landtag eingereichten Petitionen anders. Es besteht ein Anspruch auf einen begründeten Bescheid in angemessener Frist. Dem nach Artikel 65 der Verfassung des Freistaats Thüringen bestellten Petitionsausschuss obliegt die Entscheidung über die an den Landtag gerichteten Petitionen. Besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse, kann der Petitionsausschuss auf Antrag beschließen, dass Petitionen auf der Petitionsplattform des Landtags im Internet veröffentlicht werden. Die hier veröffentlichen Petitionen können dann sechs Wochen lang auf der Plattform mitgezeichnet werden. Manchmal allerdings ist es jedoch schwierig, dass notwendige Quorum von 1.500 Mitzeichnungen für eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss zu erreichen.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat vor allem zwei Gründe. Denn bisher sind nach strenger Auslegung des Gesetzes nur die auf elektronischem Weg geleisteten Unterschriften gültig. Viele Menschen aber möchten lieber nach wie vor analog auf einer auf Papier unterschriebenen Liste Petitionen mitzeichnen. Manche, weil ihnen die entsprechenden technischen Möglichkeiten einer digitalen Mitzeichnung nicht zur Verfügung stehen, viele aber nehmen auch Abstand, weil es nach der derzeitigen Formulierung Pflicht ist, Namen und Wohnort von Mitzeichnenden zu veröffentlichen.

Deshalb ist es ein ganz wichtiges Anliegen, bei der Änderung des Gesetzes diese Hürden zu beseitigen und die Petitionsplattform des Thüringer Landtags ein ganzes Stück weiter zu einem attraktiven und leicht zugänglichen Angebot für echte Mitwirkung am demokratischen Prozess zu machen. Außerdem bietet die Plattform keine Möglichkeit zur Diskussion von veröffentlichten Petitionen. Um diese Hürden zu senken, schlagen wir in unserem Gesetzentwurf vor, dass die Sammlung und Einreichung handschriftlicher Mitzeichnungen der Petitionen in Zukunft auf das Quorum anrechnungsfähig werden und nach der ordentlichen Hinterlegung und Sicherung bei der Landtagsverwaltung lediglich die Anzahl im Internet veröffentlicht werden.

 

Künftigen Mitzeichnern von öffentlichen Petitionen wird freigestellt, ob ihr Name oder ein standardisiertes Pseudonym veröffentlicht wird. Mitzeichnende sind dann nur noch zur Angabe ihrer vollständigen Anschrift bei der Landtagsverwaltung verpflichtet. Das entspricht auch einer Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen des Deutschen Bundestags. Ein Diskussionsforum soll in die Online-Petitionsplattform eingebettet werden, um die Diskussion von Petitionen, die sich in der Mitzeichnungsphase befinden, zu befördern. Ich hoffe, diese Änderungen werden bewirken, dass Bitten und Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern mehr als bisher in die Entscheidungsfindung des Parlaments einfließen können. Petitionen dürfen nicht folgenlos bleiben.

Wir von Bündnis 90/Die Grünen stehen für echte Mitsprache und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb brauchen wir einen weiteren grundlegenden Ausbau von Mitwirkungsmöglichkeiten wie dem Petitionsgesetz. Darum bitten wir Sie um Überweisung des Gesetzes an den Ausschuss für Justiz und an den Petitionsausschuss, diesen bitte federführend. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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