Zukunft vor Ort gestalten – Kommunalen Investitionsfonds zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur in Thüringen auflegen

Andreas Schubert

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6819

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Thüringerinnen und Thüringer hier im Thüringer Landtag oder auch am Livestream oder vielleicht später dann im Internet! „Zukunft vor Ort gestalten – Kommunalen Investitionsfonds zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur in Thüringen auflegen“, Herr Walk hat hier einen Antrag der CDU begründet. Die CDU möchte mit diesem Antrag Nachhaltigkeitsinvestitionen in den Kommunen beschleunigen.

 

Vorweg, Herr Walk: Dass dafür jetzt zweckgebunden Mittel in einem revolvierenden Fonds zur Verfügung gestellt werden sollen, ist viel besser, als immer wieder zusätzliches Geld nach dem bekannten Schlüssel in den kommunalen Kreislauf einzuspeisen, wie soeben geschehen auf Vorschlag der CDU, die 50 Millionen, die wir im vorletzten Tagesordnungspunkt behandelt haben, nach dem Motto: viel hilft viel – vielleicht auch für Nachhaltigkeit. Denn das stimmt nur, wenn es überall vor Ort auch entsprechend Verantwortliche gäbe, die die Zeichen der Zeit wirklich erkannt haben. Und das sage ich Ihnen mal mit Blick auf den Oberbürgermeister in meiner Heimatstadt, in Gera, das ist leider flächendeckend nicht so. Da sind die zusätzlichen Mittel zum Beispiel im vergangenen Jahr einfach im Personalhaushalt verschwunden.

 

Aber, worum geht es eigentlich bei Nachhaltigkeitsinvestitionen? Es geht darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Land zu modernisieren, es sozial und ökologisch zu gestalten, hin zur notwendigen Klimaneutralität zu entwickeln in Verwaltung, in Institutionen für Bildung, Kultur, Sport und Gesundheitsversorgung, von den Produktions- und Dienstleistungsunternehmen über die Mobilität bis hin zum Wohnen, und zwar schnell; schnell mit Blick auf die dramatische Veränderung des Klimas.

 

Es braucht also die Umrüstung auf erneuerbare Energien, Solarzellen oder auch Geothermie; Energieeffizienzsteigerungen, Einsparungen zum Beispiel durch energetische Sanierung, eine moderne Energieinfrastruktur wie Nahwärmenetze und mehr Kreislaufwirtschaft, und zwar dort, wo die Menschen leben, wohnen, arbeiten: in den Kommunen. Nachhaltigkeitsinvestitionen, das ist sicherlich kein Geheimnis, müssen beschleunigt werden. Das ist auch keine neue Erkenntnis, die sich mit explodierenden Energiepreisen eingestellt hat. Die Notwendigkeit war von Expertinnen lange klar und in anderen Ländern ist man uns in der Umstellung hin zur Klimaneutralität bei der sogenannten Dekarbonisierung weit voraus. Und ich möchte deshalb aus gegebenem Anlass aktuell den Präsidenten des Umweltbundesamts zitieren, der gestern bei der Vorstellung der Bilanz sagte, die Einschätzung lautet: Wir brauchen eine Geschwindigkeit von 6 Prozent Reduzierung pro Jahr von heute an bis 2030. – Es geht um die Treibhausgasemissionen. Die Geschwindigkeitsproblematik ist das, was mich nervös macht. Die Linke hatte schon vor einem Jahr auf Bundesebene den Vorschlag eines Sondervermögens Energiewende von 100 Milliarden Euro eingebracht. Bis heute wurden so jedoch nur 100 Milliarden Euro für Aufrüstung gebunden, nicht aber für Nachhaltigkeit.

Doch seit den explodierenden Energiepreisen ist die Anerkennung dieser Notwendigkeit von Nachhaltigkeitsinvestitionen exponentiell gewachsen. Weil klar ist, dass ohne diese Umstellung nicht nur der Wirtschaftsstandort dramatisch an Attraktivität verlieren wird. Thüringen würde auch für die Menschen immer unattraktiver, weil teuer. Deswegen ist es auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, wenn wir uns die Energiepreisentwicklung der letzten Monate vor Augen halten. Und deswegen möchte ich zum Zweiten den Präsidenten des Bundesumweltamts zitieren, der gestern ebenfalls dazu sagte: Wir reden bei der Klimaneutralität über das größte Modernisierungs- und Wohlstandssicherungsprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg – das größte Wohlstandssicherungs- und Modernisierungsprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg.

Das Gelingen der sozialökologischen Transformation ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Thüringen ein in jeder Hinsicht attraktiver Lebensort mit gleichwertigen Lebensverhältnissen überall bleibt. Die Politik hat also eine große Verantwortung. Diese macht nach übereinstimmenden Einschätzungen erhebliche Investitionen notwendig. Wirtschaftsforscher und Gewerkschaften sind sich einig, dass die öffentliche Hand erhebliche Investitionen stemmen muss, um diesen Wandel zu gestalten. Wir begrüßen also, Herr Walk, die Intention des CDU-Antrags im Grundsatz und werden der Überweisung an den Fachausschuss zustimmen, aber wir müssen bis zur Beschlussfassung zwei zentrale Punkte diskutieren.

 

Erstens, Herr Walk – zwei zentrale Punkte –:

 

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Ich höre zu!)

 

Wenn das so wichtig und richtig und dringend notwendig ist, dann frage ich: Warum wollen wir dann weiter Zeit bis zum Haushaltsbeschluss 2024 verstreichen lassen? Warum wollen wir das nicht eher organisieren? Wir können jetzt den Vorschlag der Thüringer Aufbaubank – der liegt seit geraumer Zeit auf dem Tisch, der wurde schon durch viele Ministerien getragen und Sie kennen den mit Sicherheit auch. Es gibt einen Vorschlag der Thüringer Aufbaubank für einen revolvierenden Nachhaltigkeitsfonds für die Kommunen. Den können wir deutlich schneller auf den Weg bringen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Denn wir haben ja festgestellt, dass wir mehr Geschwindigkeit bei der Modernisierung der kommunalen Infrastruktur brauchen und das würde einer Vergrößerung auch von Zukunftschancen bedeuten. Deshalb die erste zentrale Frage: Warum wollen Sie das erst mit dem Haushaltsprozess für das kommende Jahr diskutieren? Wir haben jetzt Mitte März und wir haben viel Zeit und müssten diese Zeit eigentlich nutzen, um an dieser Stelle, die Sie jetzt hier im Blick haben, voranzukommen.

 

Und der zweite zentrale Punkt, den wir im Nachgang diskutieren werden, betrifft die Notwendigkeit der Nachhaltigkeitsinvestitionen jenseits der kommunalen Ebene, wo die gleiche Begründung besteht, schneller zu modernisieren, Thüringen hin zur Klimaneutralität jetzt sozial und ökologisch umzugestalten, denn das ist doch die Verantwortung unserer Generation. Es geht doch darum, jetzt das Land zu modernisieren. Gemeint sind hier zum Beispiel Anreize für private Unternehmen für diesen Umgestaltungsprozess, und zwar jenseits der 15.000 Euro für den Dekarbonisierungsbonus. Es braucht eine Unterstützung für die kommunalen Energieversorgungsunternehmen zum Ausbau der Modernisierung der Infrastruktur, der Verteilnetze einschließlich der Ladepunkte. Wir brauchen eine Beschleunigung für die Modernisierung der landeseigenen Gebäude und Liegenschaften einschließlich der Möglichkeit zur Gewinnung erneuerbarer Energien auf Flächen, die dem Land und den Landesgesellschaften gehören, Stichwort Beispielfunktion. Wir können doch nicht immer nur als Politik Appelle an die privaten Unternehmen nach draußen schicken, ohne selber als Land voranzuschreiten.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Was ist eigentlich das Argument dagegen, nicht auch dort die Nachhaltigkeitsinvestitionen intensiver voranzutreiben? Was ist das Argument dagegen, die Nachhaltigkeitsinvestitionen in unserem Land nicht intensiver voranzutreiben? Dafür könnten wir uns der Möglichkeiten der Landesgesellschaften, beginnend mit unserer landeseigenen Förderbank, bedienen und die Anschubfinanzierung ebenso aus einer Umverteilung der Mittel im Sondervermögen organisieren. Denn die Finanzierung kann jetzt schon dargestellt werden, denn im Sondervermögensgesetz steht unter § 2 Abs. 2 Punkt 6 folgendes Ziel für das Sondervermögen Energiekrise – war ja vorhin hier schon heftig diskutiert –, dort steht zu lesen, dass eines der Ziele dieses Sondervermögens Zuschüsse zur Transformation von Energieträgern, Energieeffizienzsteigerung und Energieeinsparung ist, und dieses Ziel würde genau mit solchen Punkten erfüllt werden. Es geht darum, endlich Geld in eine Nachhaltigkeitsanlage in unseren Freistaat zu übertragen, Nachhaltigkeitsinvestitionen in die Zukunft dieses Freistaats jetzt beschleunigt zu organisieren. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, Thüringen steht im Wettbewerb. Es seht im Wettbewerb national und international, um Menschen genauso, die sich niederlassen, wie um Unternehmen. Wir haben die Chance, mit mutigen Entscheidungen den Investitionsturbo für diese Nachhaltigkeit zu zünden, das Land zu modernisieren, die Wettbewerbsposition zu verbessern, Arbeitsplätze zu sichern und auch neue anzusiedeln.

Lassen Sie uns deshalb mutig sein! Ich rufe der CDU zu: Überlegen Sie mit uns an dieser Stelle wirklich, ob wir nicht eine höhere Geschwindigkeit organisieren können, gemeinsam mit Mittelumschichtungen, auch im Sondervermögen die Geschwindigkeit zu erhöhen. Je schneller wir diese Aufgaben lösen, umso größer sind die Zukunftsperspektiven dieses Landes, davon bin ich fest überzeugt. Warten wir deshalb nicht, Herr Walk, auf den Haushaltsbeschluss bis 2024. Ich bin auch als Beiratsmitglied der Thüringer Aufbaubank fest davon überzeugt, wir können den Nachhaltigkeitsfonds deutlich schneller zum Laufen bringen und nächstes Jahr schon erste Projekte in den Kommunen umsetzen, für eine gute Zukunft, für die Menschen in unserem Land. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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