Zukunft des Verbundraums und des Verbundtarifs Mittelthüringen / Bahn und Bus aus einem Guss

Zum Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/584 - und zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/623 -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, bereits im Januar hat DIE LINKE im Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr das Thema Fortsetzung und Erweiterung des Verkehrsverbunds Mittelthüringen auf die Tagesordnung gesetzt. Besonders hinterfragt wurde die mögliche Unterstützung des Freistaates Thüringen für die weitere Ausdehnung des Tarifverbundes. Trotz der Beteiligung des Landes an der Finanzierung des Verbundes, zum Beispiel bei notwendigen Investitionen oder Ausgleichszahlungen für entstehende Verluste bei der Vereinheitlichung des Tarifsortiments, ist nicht genügend zu erkennen, dass ein landesweiter Tarifverbund von der Landesregierung konsequent angestrebt wird. Im Gegenteil, nach Meinung der Landesregierung selbst war für sie zumindest im Januar nicht absehbar, inwieweit sich die vorhandenen Tarifverbünde zu einem einheitlichen Verbund entwickeln könnten. So eine Entwicklung wäre aber schon aufgrund der Kleingliedrigkeit unseres Landes mehr als wünschenswert. Allerdings muss dort mehr als eine Bestandsaufnahme und Konstatierung der kommunalen Selbstverwaltung aufgebracht werden. Eine stärkere Kooperation der Verkehrsverbände in seinem attraktiven Verbundangebot hätte große Vorteile sowohl für die touristische Entwicklung, für Marketing, Umweltschutz und eine größere Mobilitätsauswahl für die Bürger. Deswegen begrüßen wir die vorliegenden Anträge. Sie sollten aber ausführlich, besonders der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit dem Anliegen der Schaffung eines Verbundes unter Mitwirkung bestehender Verbünde, Gebietskörperschaften und Verkehrsunternehmen, im Ausschuss diskutiert werden.

Ein Problem haben wir allerdings: Die Anträge und die bisherige Diskussion gehen davon aus, dass ein gemeinsamer Thüringer Verkehrsverbund mit einheitlichem Tariffahrplan und Taktsystem - ich zitiere hier eine Zielstellung des Koalitionsvertrages, ich fand die einfach wunderbar - auf der Grundlage des vorliegenden Modells Verkehrsverbund Mittelthüringen erreicht werden soll. Das müsste auch hinterfragt werden. Diese Diskussion sollte ebenfalls strukturoffen geführt werden. So hat die jetzt angestrebte Erweiterung des Verkehrsverbundes Mittelthüringen tatsächlich eine Reihe von Vorteilen, sowohl für Fahrgäste und Unternehmen als auch für kommunale Auftraggeber. Beispielsweise wird mit der beabsichtigten Erweiterung zwischen Gotha und Gera eine attraktive und umweltschonende Alternative im öffentlichen Personennahverkehr zur Autobahnstrecke geschaffen. Fahrgäste erhalten im Verkehrsverbund nicht nur ein einheitliches Ticket bei freier Wahl der Verkehrsmittel, sondern auch einheitliche Tarife, abgestimmte Fahrpläne und Vertaktungen. Auch die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand: Ertragssteigerung, gemeinsames Marketing und Erscheinungsbild, Optimierung der Angebotsplanung oder auch Mengenrabatt bei Technologieanschaffungen. Ebenfalls können die Kommunen über positive Effekte berichten. Trotzdem muss die Diskussion auch hier über die Schwachpunkte des jetzigen Verbundmodells erfolgen. Nach wie vor ist im VMT die Bahncard 50 nicht voll in Kraft. Das ist ein ernsthafter Nachteil gerade für häufig Bahnreisende,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn sie sind mit 230 € in Vorleistung gegangen und erwarten natürlich die Realisierung dieser entsprechenden Vergünstigung und nicht eine Herabsenkung auf 25 Prozent der zu zahlenden Tarife.

(Beifall DIE LINKE)

Lediglich die Bahncard 25 wird derzeit anerkannt. Außerdem wird von Kunden kritisiert, dass bei einer normalen Bahnfahrkarte Kinder bis zu 14 Jahren kostenfrei mitgenommen werden können. Im VMT existiert dieser Vorzug nicht. Ein Problem, das ebenfalls zu diskutieren wäre.

(Beifall DIE LINKE)

Ein weiteres Problem entsteht unserer Meinung nach aus der Tatsache, dass der Verkehrsverbund Mittelthüringen ein reiner Unternehmensverbund ist und kommunale Auftraggeber, beispielsweise wie Jena, Weimar und Erfurt, mit ihrem Wunsch nach Schaffung eines Sozialtickets im Gesamtverbund außen vor bleiben. Auch hier könnte beispielsweise die Landesregierung Akzente setzen. Falls gegebenenfalls reflexartig wirtschaftliche Probleme und drohende Einnahmeverluste dagegen ins Feld geführt werden, so kann ich auf eine Studie des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg GmbH Bezug nehmen. Der Verkehrsverbund wies nach, dass die rabattierten Tickets zu wesentlich mehr Fahrten mit dem ÖPNV geführt haben und weitaus geringere Verluste als angenommen eingetreten sind. Besonders Geringverdiener und Senioren kehrten zu Bus und Bahn zurück.

Kritisch möchte ich auch anmerken, dass die Einrichtung eines Fahrgastbeirates nach wie vor auf sich warten lässt. Trotzdem sollten wir das Modell des Verkehrsverbundes Mittelthüringen als eine Diskussionsgrundlage für die Erweiterungsoption zu einem zukünftigen Gesamtverband nehmen. Ich denke, hier ist ein Modell dargestellt. Wir sollten uns aber die Möglichkeit von Zweckverbänden unter Einbeziehung der Gebietskörperschaften offenhalten. Ich würde dem Wunsch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gern folgen und möchte ebenfalls beantragen, diesen Antrag in den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr zu überweisen.

(Beifall DIE LINKE)

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