Zukunft der Straßenausbaubeiträge in Thüringen

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/354 -

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Innenminister, das Thema "Straßenausbaubeiträge" beschäftigt uns seit 19 Jahren, ohne dass die CDU, die über diesen gesamten Zeitraum die politische Verantwortung in diesem Lande hatte, eine Lösung präsentieren konnte, mit der die Beteiligten umgehen können, sowohl die Bürger als auch die Kommunen, als auch die Rechtsaufsichtsbehörden. Im Gegenteil, wir haben unsere drei Verwaltungsgerichte und das Thüringer Oberverwaltungsgericht beschäftigt. Aber die konnten letztlich auch nicht dazu beitragen, dass es zu einer Lösung in dieser Frage kommt. Vor wenigen Tagen hat die Landesregierung nun endlich das lang angekündigte Gutachten zur Zukunft der Straßenausbaubeiträge in Thüringen von Prof. Brenner veröffentlicht. Das hat fast eineinhalb Jahre gedauert. Aus Anfragen, die an die Landesregierung gerichtet wurden, war zu entnehmen, dass es auch einen Dialog zwischen dem Gutachter und der Landesregierung gab. Insofern kann man davon ausgehen, dass der Gutachter natürlich auch Hinweise der Landesregierung in seinem Gutachten berücksichtigt hat, umso bedauerlicher und enttäuschender ist das Ergebnis.

Das Gutachten gibt letztlich eine Dokumentation der gegenwärtigen Rechtslage wider, untersucht aber nur im Ansatz tatsächlich die Möglichkeiten, die wir als Gesetzgeber im verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Rahmen hätten, also die zu begutachten und uns Empfehlungen zu geben. Da findet man ein bisschen etwas zwischen den Zeilen, aber das war es.

Insbesondere sind wir als DIE LINKE davon überzeugt, dieses Gutachten bietet nicht die Voraussetzung, um in diesem Jahr tatsächlich eine Lösung zu finden. Da ist jetzt der Innenminister gefordert, einen Vorschlag zu unterbreiten, dass man nicht nur das Gutachten zum Gegenstand der Diskussion nimmt, sondern darüber hinausgehende Dinge, insbesondere auch Vorschläge, die unsere Fraktion schon in den zurückliegenden Jahren immer wieder hier im Landtag unterbreitet hat. Wir bieten Ihnen an, auch diese Vorschläge in die Diskussion einzubeziehen und sicherlich auch die Vorschläge, die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gekommen sind, von den anderen Parteien und Bürgerinitiativen.

Die Proteste gegen die Straßenausbaubeiträge kommen von der kommunalen Ebene, wenn ich jetzt die Bürgermeister sehe, nicht von Bürgermeistern mit Mandat der LINKEN, sondern kommen aus den eigenen Reihen. Wenn ich mal auf den Bürgermeister der Stadt Schleusingen verweisen darf. Da gibt es sogar einen offenen Brief, meines Wissens, an die Ministerpräsidentin, die anmahnen, das Problem nun endlich zu lösen, aber nicht in der Hinsicht, wie das jetzt das Gutachten in der Tendenz vorgibt, nämlich Straßenausbaubeiträge müssen unabhängig von der Finanzlage der Kommunen und rückwirkend bis zum Jahr 1991 erhoben werden.

Sie müssen sich mal vorstellen, was Sie diesem Rechtssystem antun, wenn Sie jetzt fordern, dass im Jahr 2010 rückwirkend bis ins Jahr 1991 - das sind 19 Jahre - Straßenausbaubeiträge erhoben werden müssen.

Wir sind überzeugt, das wird zu Recht den Protest der kommunalen Ebenen und der Bürger hervorrufen. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1961 Grundsätze für die Rückwirkung entwickelt. Danach ist unstrittig, der Staat darf nicht in abgeschlossene Tatbestände eingreifen. Da kommen wir auch nicht weiter, wenn wir rechtlich konstruieren, dass eben der Tatbestand noch nicht da ist, weil es noch keine Satzung gibt usw., sondern für die Bürger spielt es eine große Rolle, wie das tatsächliche Leben stattfindet, also die normative Wirkung des Faktischen. Da waren die Straßen gebaut, waren über die Haushalte finanziert und da stellt sich die Frage, warum jetzt diese Diskussion? Wir fordern als Mindestlösung die sächsische Regelung, die hat der Gutachter überhaupt nicht in seine Betrachtungen einbezogen, auch nicht, weshalb in Baden-Württemberg Mitte der 90er-Jahre es möglich war, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen; warum im Saarland bereits seit Jahren unter CDU-Regierung den Kommunen ein hohes Ermessen eingeräumt wurde; in Bremen und Hamburg kennt man ja dieses Instrument der Straßenausbaubeiträge überhaupt nicht. All diese Bundesländer unterliegen den Regelungen unserer Verfassung, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Das müssen wir hier erörtern, um tatsächlich den Entscheidungsrahmen für uns zu eröffnen. Da ist jetzt der Innenminister gefordert, praktikable Lösungen zu unterbreiten.

Wir werden uns nicht verweigern, sagen aber deutlich, eine Fortsetzung dieses Systems wird es für uns nicht geben. Wir brauchen eine zukunftsfähige Lösung. Da müssen wir auch den Mut haben, Straßenausbaubeiträge grundsätzlich infrage zu stellen.

Danke.

(Beifall DIE LINKE)

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