Zukunft der befristet eingestellten Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache im Thüringer Schuldienst

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3072


Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Präsident, das Einzige, was ich immer wieder feststelle, wenn ich nach Kollegen Tischner rede, muss ich immer hier das Pult etwas runterfahren.


(Heiterkeit CDU)


Ich denke auch, man muss jetzt in die Aussprache etwas mehr Sachlichkeit reinbringen, denn Fakt ist, sehr geehrter Kollege Tischner, Sie sagen, ohne diesen Antrag hätte es diese Aussprache hier nicht gegeben im Plenum. Das stimmt. Aber brauchte es diesen Antrag, um die Problematik aufzurufen? Das ist ja die Frage, sehr geehrter Kollege Tischner.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ja, das ist so!)


Da sage ich mal: Mit Blick in Ihren ursprünglichen Antrag stellen wir fest, dass Sie dort die DaZ-Lehrkräfte komplett vergessen haben, komplett, die stehen gar nicht drin.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt nehmen wir mal die Realität und sagen: Ist das dann nicht eine Riesenlücke, die Sie gelassen haben? Sie haben sich bezogen, und das sehr wortreich und – was wir ja von Ihnen kennen, wenn Sie was wollen – sehr emotional, auf die Anhörung und auf Zuschriften. Dann sage ich: Ja, das ist erst mal aller Ehren wert, dass die CDU eben auch lernfähig ist und sagt, sie hat was vergessen, hier gibt es eine Lücke, die versucht sie jetzt zu schließen, um für die DaZ-Lehrkräfte – das finde ich auch in Ordnung – auch ein Zeichen zu setzen, dass sie sie nicht vergessen hat, dass diese wichtige Aufgabe, nämlich die Integration der zu uns gekommenen Kinder natürlich insbesondere über die Sprachförderung funktioniert, und dafür werden die Pädagoginnen und Pädagogen gebraucht. Wir haben uns als Regierungskoalition in unserem Antrag, wenn Sie sich daran erinnern,


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Es gibt doch nur noch den AfD-Antrag!)


der auch schon in der Anhörung war, sehr wohl damit beschäftigt. Ich will das mal zitieren: „Die zur Realisierung der Sprachförderung und Integration in den Unterricht notwendigen und vom Landtag genehmigten Stellen sind hinsichtlich ihrer weiteren Befristung und gegebenenfalls Entfristung zu prüfen. Grundlage dafür sind die Zuweisungen an Lehrerwochenstunden nach Personalbedarfsplanung für die Thüringer Schulen (ThVPS), die notwendige pädagogische und sonderpädagogische Förderung und im Bereich der DAZ-Lehrer die entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen des Teilzeitbefristungsgesetzes. Zusätzlich sind allen Beschäftigten entsprechend der Festlegungen des Koalitionsvertrags zu Seiteneinsteigern Angebote zur Qualifizierung mit dem Ziel der Entfristung der Beschäftigungsverhältnisse vorzulegen.“ Das war Grundlage der Anhörung. Dementsprechend gab es überhaupt erst mal die Einladung und auch die Nachfragen, auf die Sie sich bezogen haben. Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, das ist ja alles nur aufgrund dessen gekommen, dass die CDU jetzt plötzlich eine Einsicht hat,


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Habe ich doch gar nicht gesagt!)


dass man für Qualifizierung von Sprachkenntnissen Pädagoginnen und Pädagogen, und zwar auch langfristig, im System braucht, das ist wirklich etwas, was Sie zumindest in Ihrer Begründung für Ihren Antrag hier nicht nachliefern konnten.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ja, wir nehmen die Praxis wahr, Sie nicht!)


Trotz alledem, sehr geehrter Kollege Tischner, sage ich Ihnen, ja, wir helfen Ihnen da. Wir nehmen Ihren Antrag und schicken ihn jetzt noch nachträglich, denn wir sind ja noch vor der Auswertung der Anhörung im Bildungsausschuss, an den Bildungsausschuss, sodass Ihnen dort die große Blamage erspart bleibt, sich nur mit unserem Antrag beschäftigen zu müssen, was die DaZ-Lehrerproblematik anbetrifft. Nun ist das eine Frage: Ist DaZ eine Daueraufgabe? Ich sage, wir als Thüringen – und das ist ein Gewinn – sind hier in einer nachholenden Entwicklung. Viele andere Bundesländer haben ganz andere Quoten an Kindern mit Migrationshintergrund – zum Teil an die 20 Prozent.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sie haben es nicht verstanden!)


Also wenn Sie mit Ihren Schülern so umgegangen sind, mit so viel Geduld wie ich jetzt mit Ihnen, wenn sie ständig reingerufen haben – Sie können sich doch gern hier hinstellen –,


(Heiterkeit CDU)


dann würde ich sagen, haben Sie vieles richtig gemacht.


Vizepräsident Höhn:


Wir sind hier nicht an der Schule.


Abgeordneter Wolf, DIE LINKE:


Nein, wir sind nicht an der Schule, das stimmt. Es gilt immer noch das freie Wort, aber trotz alledem die Regeln nach Geschäftsordnung. Man kann sich ja an ein Mikrofon stellen, aber gut.


Ist DaZ eine Daueraufgabe? Ja, das ist eine Daueraufgabe. Ich danke auch noch mal der Frau Staatssekretärin für den sehr umfangreichen Sofortbericht, der auch deutlich gemacht hat, was nicht nur die Regierungskoalitionen, sondern auch die Landesregierung in diesem Feld bereits getan hat und derzeit in Abstimmung ist, auch weiter zu tun. Weil wir uns dazu bekennen und weil wir auch sagen, wir wollen Vorsorge treffen. Diese Vorsorge heißt, dass wir nach den Laufbahnverordnungen auch den Lehrkräften, die jetzt schon die Lehrbefähigung haben, die Möglichkeit geben – das hat Frau Staatssekretärin auch ausgeführt –, regulär in den Schuldienst einzutreten, dass wir nach dem Teilzeitbefristungsgesetz auch schauen, welche Möglichkeiten wir haben. Das werden wir im Ausschuss, denke ich mir, weiterdiskutieren. Das haben wir ja auch schon diskutiert, dass wir über Qualifizierungsmaßnahmen – Frau Staatssekretärin hat es auch ausgeführt – im Thillm, in den Volkshochschulen, auch dort DaZ-Lehrkräften die entsprechenden Möglichkeiten bieten, in den Thüringer Schuldienst zu gelangen bzw. diejenigen, die regulär heute schon im Thüringer Schuldienst tätig sind, auch diese Aufgabe zukünftig übernehmen.


Das habe ich schon mehrfach hier gesagt, die Frage der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, das ist eine weitere Aufgabe in der besonderen Herausforderung im Umgang mit Heterogenität an unseren Schulen, mit Vielfalt.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist auch nichts Neues!)


Nein, es ist nichts Neues, da gebe ich Ihnen völlig recht, Kollege Tischner. – Nun wissen wir, dass Vielfalt nicht unbedingt die Sache jeder Fraktion hier im Landtag ist. Wenn ich mir den Antrag der sogenannten Alternative hier im Thüringer Landtag ansehe, dann sage ich: Da steht nichts von Vielfalt drin, das ist – sagen wir mal – ziemlich einfältig.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Rassistische Kackscheiße ist das!)

Na ja, das will ich hier nicht wiedergeben. – Fakt ist, dass dieser Antrag der AfD – ich möchte schon noch mal kurz darauf eingehen – den Grundtenor hat, wir gucken uns erst mal an, ob wir Kinder hier überhaupt haben wollen. Nicht das Recht auf Bildung des Kindes steht im Mittelpunkt, sondern eine ideologiegeprägte Ausrichtung des Blicks auf die Bildungsinstitution, nämlich diese Kinder, die zu uns kommen so lange und so weit wie möglich auszugrenzen. Dabei wissen wir doch, dass Bildung die Ressource ist, die Integration besonders befähigt, weil Schule und Kitas sind doch insbesondere die Institutionen, wo nicht nur Kinder, die im Übrigen ganz normal miteinander umgehen, aufeinander treffen, sondern wo natürlich auch Eltern aufeinandertreffen. Aber genau deswegen ist es offensichtlich dieser sogenannten Alternative ein Dorn im Auge, dass wir Heterogenität an den Thüringer Bildungseinrichtungen tatsächlich leben. Das Ganze dann zu begründen mit einer sogenannten Kindeswohlgefährdung,


(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zynisch!)


– richtig, Kollegin Rothe-Beinlich – das ist zynisch, es ist – ich kann schon sagen –menschenverachtend.


Wenn man sich mal mit dem Begriff der Kindeswohlgefährdung beschäftigt, dann stellt man fest, dass das ein Begriff ist aus dem Familienrecht, aus dem Adoptionsrecht, dem Jugendhilferecht, der sich auch mit Folgen von Scheidungen beschäftigt. Wenn man da mal genau hinsieht, dann weiß man, gerade das Kindeswohl bedingt die Schulpflicht der zu uns gekommenen Kinder, weil es das komplette geistige, körperliche und seelische Wohl des Kindes umfasst. Kindeswohl dient der Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Und das wollen Sie gerade mal nur einem Teil zubilligen. Ehrlich gesagt – und von daher höre ich dann auch damit auf –, mit diesem Antrag muss man sich nur insofern beschäftigen, dass man ihn – und ich sage das mal ganz persönlich – nur angewidert ablehnen kann.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben schon sehr viel gehört zu den besonderen Herausforderungen der Beibehaltung der Stellen im Thüringer Schuldienst. Ich möchte noch mal betonen: Ja, es gibt dort große Aufgaben, und ja, wir werden uns der Diskussion dieser Aufgaben noch einmal ausdrücklich im Bildungsausschuss widmen. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, bitte hören Sie auf, hier so zu tun, als ob es genau an Ihrem Antrag lag, dass wir uns damit beschäftigen, und als ob es genau Ihre Politik oder Ihre Nachfragen als Opposition waren, die die Landesregierung auf den Weg gebracht hat! Ganz im Gegenteil. Ich kann mich an keinen einzigen Änderungsantrag der CDU-Fraktion im Haushaltsverfahren erinnern. Null.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da haben Sie Ihre Arbeit einfach mal ruhen lassen. Ich habe es gestern schon gesagt: Ihre Fraktion hat in der letzten Legislatur die Oppositionsarbeit häufig als nicht ausreichend und faul bezeichnet. Wenn ich mir Ihren vorhergehenden Antrag ansehe, dann könnte ich dazu jetzt auch Ausführungen machen. Aber ich sage: Gut, wir nehmen jetzt Ihren Antrag, überweisen ihn mit an den Bildungsausschuss, da können wir ihn diskutieren, aber dann als Ergänzung zu unserem Antrag, der schon da liegt und eigentlich alles schon beinhaltet. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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