Wohnungseinbrüchen wirksam entgegentreten – Eigentum schützen

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2670


Herr Präsident, meine Damen und Herren, als letzter Redner in einer solchen zumindest durch die drei vorangegangenen Redner geführten sachlichen Debatte ist man natürlich geneigt, dem Prinzip zu folgen, es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von allen. Das will ich vermeiden und will einzelne Aspekte nur anreißen, wiederholen, damit auch sichtbar wird, wo die Fraktion Die Linke in dieser Debatte steht, und ich will vielleicht noch einige Aspekte hinzufügen. In jedem Fall waren die Redebeiträge – auch der CDU – von Herrn Walk, von Frau Marx und von Herrn Adams auch ein Paradebeispiel dafür, dass es Sinn macht, nicht nur einen Sofortbericht zu beantragen, sondern diesem Bericht auch zuzuhören und wenn man dann die Aussprache zum Sofortbericht verlangt, eben auf diesen Sofortbericht einzugehen. Denn bei der AfD hatte man den Eindruck, das der Redebeitrag, der hier gehalten worden ist, auch schon sechs Monate alt war und nicht berücksichtigte, was in dieser Zeit hier passiert und durch den Staatssekretär auch vorgetragen worden ist.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dafür herzlichen Dank! Ich will ausdrücklich noch mal unterstreichen, was die Vorredner gesagt haben, dass die Frage der Wohnungseinbrüche von zwei Dimensionen geprägt ist, zum einen natürlich eine rein objektiv beschreibbare Situation des Gefahrwerdens, Opfer einer solchen Straftat zu werden. Da kann man sich darüber streiten, ob 1.477 Wohnungseinbrüche im Jahr 2015 eine hohe Anzahl oder eine niedrige Anzahl sind. Es ist, gemessen sicherlich an der Gesamtzahl der Straftaten, die in Thüringen im Jahr 2015 begangen worden sind, mit 1 Prozent ein nur sehr geringer Anteil. Das ist, denke ich, schon ein Merkmal, was wir hier durchaus auch zur Kenntnis nehmen sollten, dass es hier eine signifikante Unterscheidung von Thüringen im Vergleich mit anderen Bundesländern gibt, denn im bundesweiten Durchschnitt stellen die Wohnungseinbrüche einen Anteil von 2,6 Prozent an den Gesamtstraftaten dar, also stellen einen fast dreimal so großen Anteil dar. Ich glaube, das ist auch eine Grundlage, darauf zu verweisen, dass es in Thüringen doch möglicherweise eine andere Situation gibt als vielleicht in anderen Bundesländern. Das gehört natürlich zu einer sachlichen Debatte hinzu.


Auch die Frage natürlich der Aufklärungsquote, die man möglicherweise mit anderen Deliktgruppen vergleichen kann, wo der Täter auch unmittelbar vor Ort erwischt ist und das Delikt nur dadurch überhaupt bekannt wird, dient nicht wirklich, sondern wir müssen uns natürlich hier mit ähnlich gelagerten Deliktgruppen vergleichen. Da wurde hier schon durch den Staatssekretär ausgeführt und die Aufklärungsquoten in Thüringen sind hier durchaus ansehnlich. Das ist tatsächlich Ausdruck der guten Qualität der Arbeit von Ermittlungsbeamten, aber natürlich auch Ausdruck der Bemühungen, das Landeskriminalamt so auszustatten und aufzustellen, dass die notwendigen – insbesondere Maßnahmen zur Spurensicherung – Arbeiten absolviert werden können. Aber – und darauf haben, glaube ich, fast alle Redner hingewiesen – es ist natürlich eine individuelle Dimension, eine psychologische Dimension, weil derjenige, der schon einmal Opfer eines Wohnungseinbruchs geworden ist, insbesondere dann auch noch verschärfend, wenn er sich selbst in der Wohnung zu diesem Zeitpunkt aufgehalten hat, möglicherweise in den Nachtstunden, diese psychologische Dimension sollte nicht unterschätzt werden. Das ist eine unmittelbare Belastung und die führt auch zu Unsicherheit. Dieses Gefühl der Unsicherheit möchte man keinem Menschen wünschen, wenn er zu Hause die Wohnungstür hinter sich geschlossen hat. Insofern ist es auch wichtig, was Kollege Adams und auch Frau Marx gemacht haben, auf den präventiven Anteil der notwendigen Maßnahmen zu verweisen, denn es ist nicht nur Prävention, wenn Polizeifahrzeuge durch Wohngebiete fahren. Es ist eben auch Prävention, was Menschen selbst dafür tun können, eben nicht Opfer einer solchen Straftat zu werden. Kollege Adams hat einige technische Maßnahmen ausgeführt und ich will eine weitere Maßnahme einfach mal benennen, die zumindest problematisch erscheint. Man kann auf der einen Seite als Bürger natürlich fordern, dass mehr Polizeistreifen, mehr Blaue, auf der Straße sich auch um die Sicherheit in Wohngebieten bemühen. Wenn aber gleichzeitig die bauliche Entwicklung, insbesondere auch bei Einfamilienhausgrundstücken, dergestalt aussieht, dass immer mehr Bürger darauf bedacht sind, einen Sichtschutz gegenüber dem öffentlichen Raum immer höher, immer dichter zu errichten, dann ist es letztendlich für die Polizei auch ziemlich sinnfrei da durchzufahren, weil sie nicht sieht, was hinter diesen Sichtbarrieren passiert, und dann kann sie eben auch nicht präventiv wirken, denn das sind eben praktisch erbaute Schutzräume für Einbrecher und ich glaube, da ist Aufklärung, da ist Information, da ist der Austausch notwendig und dafür gibt es ja auch die entsprechenden Beratungsstellen bei der Thüringer Polizei. Der Staatssekretär hat darüber hinaus auch auf Investitionsförderprogramme der KfW-Bank verwiesen, die genau auch Einbruchsschutzmaßnahmen im investiven Bereich fördern, und ich füge hinzu, auch Thüringer Kommunen wären gut beraten oder es wäre vielleicht auch mal ein Hinweis für diese, in andere Kommunen in der Bundesrepublik mal den Blick zu richten. Beispielsweise die Stadt Heidelberg hat noch mal ein eigenes kommunales Förderprogramm aufgelegt, um Wohnungs- und Hauseigentümer zu unterstützen, wenn sie Einbruchsschutzmaßnahmen investiv tätigen wollen.


Man kann sicherlich noch vieles in diesem Zusammenhang sagen, ich möchte aber auf den Punkt des CDU-Antrags unter Punkt II noch eingehen, weil das in erster Linie der Grund ist, warum wir diesen Antrag auch ablehnen. Sie fordern die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, den Straftatbestand Wohnungseinbruchsdiebstahl als Katalogstraftat für die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Meine Damen und Herren, bei aller sachlichen Debatte und auch bei aller Nähe, die wir in vielen Sachfragen, die Herr Walk hier angesprochen hat, haben: Hier hat, glaube ich, die fachliche Kompetenz bei der Erarbeitung dieses Antrags versagt. Die Vorratsdatenspeicherung hat überhaupt nichts mit Katalogstraftaten zu tun. Die Vorratsdatenspeicherung ist ja gerade eine Maßnahme nach § 113b Telekommunikationsgesetz, die anlasslos Telekommunikationsdaten speichert, um sie möglicherweise, wenn sie denn an einem bestimmten Fall genutzt werden sollen zum Zwecke der Straferklärung, dann durch den Staat praktisch tatsächlich nutzbar gemacht werden. Das heißt, bei der Vorratsdatenspeicherung sind alle Menschen betroffen, und das ist ja auch das verfassungswidrige Moment, dass in ihre Informationsfreiheit eingegriffen wird, auch wenn sie überhaupt nicht im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben. Also hier haben wir es überhaupt nicht mit einem Zusammenhang zwischen Vorratsdatenspeicherung nach Telekommunikationsgesetz und der Deliktgruppe der Wohnungseinbruchsdiebstähle als Katalogstraftaten zu tun.


Also insofern weiß ich gar nicht, was Sie dort wollen. Wenn Sie allerdings darauf abzielen, den Wohnungseinbruchsdiebstahl in die Katalogstraftaten der Telekommunikationsüberwachung nach § 100a der Strafprozessordnung aufzunehmen, dann muss ich Ihnen allerdings sagen, dass der bandenmäßige Wohnungseinbruchsdiebstahl dort bereits steht als schwere Straftat und es ist doch nicht wirklich Ihr Ansinnen in den Katalog der dort aufgeführten schweren Straftaten den einfachen Wohnungseinbruch mit aufzunehmen, denn dann würde, glaube ich, verfassungsrechtlich mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden. Der Staatssekretär hatte die Tätergruppen aufgezählt, die es gibt. Es gibt die reisenden Tatverdächtigen, es gibt aber die Täter, die praktisch im sozialen Wohnumfeld tätig werden, und es gibt insbesondere aber natürlich auch die jugendlichen Zufallstäter, die einmalig zum Täter werden. Dann wäre es doch gerade absurd, in diesem Bereich praktisch diese Straftaten zu den besonders schweren Straftaten aufzunehmen, die dann in dem Katalog stehen mit Raub, schwerer Erpressung, Landesverrat, Mord, Totschlag usw. Ich glaube, das kann nicht in Ihrem Interesse sein. Beim bandenmäßige Wohnungsdiebstahl verhält sich das anders, aber der ist ja in den Katalogstraftaten des § 100a Strafprozessordnung mit aufgeführt.


Und wenn ich eben die tatverdächtigen Gruppen genannt habe, dann will ich gleich zum Punkt 2 kommen und da gibt es durchaus einen Dissens in dieser Koalition, da gibt es einen Dissens mit dem Thüringer Innenminister, aber ich will da hier nicht zustimmen. Sie beantragen die vollständige Streichung des § 244 Abs. 3. Es geht dabei um den minderschweren Fall, praktisch für Gerichte das Strafmaß im minderschweren Fall anzusetzen. Erstens, glaube ich, ist es nicht sachgerecht den kompletten Absatz 3 zu streichen, weil sich der komplette Absatz 3 nicht nur auf den Wohnungseinbruch bezieht. Er bezieht sich beispielsweise auch auf Diebstähle, die vollzogen werden, wenn dabei gefährliches Werkzeug mitgeführt wird – nicht eingesetzt, mitgeführt wird. Ich glaube, auch in diesem Bereich kann man durchaus strafprozessual nachdenken, ob wir gerade bei verschiedenen tatverdächtigen Gruppen den Gerichten auch die Möglichkeiten geben sollten, dort von minderschweren Fällen auszugehen, beispielsweise, wenn solche Gegenstände überhaupt nicht zum Einsatz kommen und wenn wir beispielsweise durch den besonderen Charakter des Tatverdächtigen das Strafrecht auch, so wie es eigentlich auch in der Bundesrepublik gedacht ist, als Resozialisierungsansatz und nicht als Racheinstrument verstehen. Das ist mir auch wichtig, wenn es darum geht, beim Wohnungseinbruchsdiebstahl den minderschweren Fall streichen zu wollen, wie das die Innenministerkonferenz hier beschlossen hat. Gerade wenn es darum geht, den jugendlichen Zufallstäter, der einen erheblichen Anteil an den Tatverdächtigen ausmacht, tatsächlich wieder – wenn sie so wollen – zu einem gesetzeskonformen Verhalten zurückzuführen und ihm die Chance geben zu wollen, sich anders zu entwickeln, aus seiner Straftat und der nachfolgenden Verurteilung zu lernen, dann müssen Sie den Gerichten auch die Möglichkeit geben, dass sie das Strafrecht so anwenden können, dass eine Resozialisierungsmöglichkeit eröffnet wird. Und das ist eben der minderschwere Fall; um deutlich zu sagen: Hier gibt es für den jugendlichen Zufallstäter bestimmte Stufen, die es zu absolvieren gilt. Und das ist auf der ersten Stufe eine Warnung des Rechtsstaats mit einer eindeutigen Absicht der Resozialisierung. Deswegen finde ich, dass der minderschwere Fall ein wichtiges Instrument ist, dem Kerngedanken unseres Strafrechts zu folgen. Deswegen halte ich das für höchst problematisch, diesen Passus zu streichen.

Ich halte es auch deshalb für höchst problematisch, weil der minderschwere Fall für die Leute, über die wir reden, die bandenmäßig in Wohnungen einbrechen, überhaupt nicht zur Anwendung kommt. Er kommt für die gar nicht zur Anwendung, aber dessen Streichung hat auch im Prinzip überhaupt keine präventive oder abschreckende Wirkung, denn diejenigen, die sich bandenmäßig auf den Weg machen, um in Wohnungen einzubrechen, werden durch das Strafmaß überhaupt nicht abgeschreckt, das zeigen alle Erfahrungen.


Aus diesen genannten Gründen ist Ihr Antrag abzulehnen. Dem Staatssekretär danke ich noch mal abschließend für seinen Bericht und damit schließe ich, zumindest für den Teil der Abgeordneten, vorerst meinen Beitrag und vielleicht auch die Debatte an diesem Punkt. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien