Wassermangel und Dürre durch eine konsequente Klimaschutzpolitik vorbeugen, notwendige Klimaanpassungsmaßnahmen zügig umsetzen

Katja Maurer

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/1895

 

Guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Zuschauer/-innen am Livestream! Nach dem Redebeitrag der Ausschussvorsitzenden des Umweltausschusses – leider eine Vertreterin der AfD – hatte ich noch kurz Sorge, dass sich hier einige Leute aufwecken muss, wahrscheinlich auch am Livestream, aber zum Glück ist es doch noch ein bisschen lebhafter geworden, denn es geht um ein sehr wichtiges Thema. Wir haben gestern in der Aktuellen Stunde am Rande schon einmal unbewusst die Inhalte des vorliegenden Antrags angerissen. Da ging es nämlich, wenn Sie sich erinnern, um das Ehrenamt in Thüringen. Fast alle Fraktionen haben in diesem Zusammenhang von den Extremwetterereignissen, insbesondere dem Starkregen der letzten Monate, erzählt und dass diese nicht zu stemmen gewesen wären, hätten wir nicht so viele tolle Menschen gehabt, die sich eingesetzt hätten.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Diese Extremwetterereignisse – der Starkregen – haben uns zugesetzt. Aber – und das ist auch ein wichtiger Fakt – nicht nur das Wasser von oben hat zu den Überschwemmungen geführt, sondern unser streckenweise viel zu trockener Boden, der diese Mengen an Wasser einfach nicht mehr aufnehmen konnte, hat seinen Anteil dazu beigetragen. Unser erkrankter Boden, also teilweise erkrankter Boden, funktioniert nämlich stellenweise nicht mehr so, wie er das soll, und das hat weitreichende Folgen und deswegen dieser wichtige Antrag.

 

Das Problem „Dürre und Wassermangel“ – etwas, das wir aus anderen Ländern kennen, zum Beispiel fallen mir da Portugal, Frankreich, Italien ein – wird auch bei uns zu einem immer größeren Problem. Das lesen wir fast täglich in der Presse. Dieses Problem kam schleichend. Die Abnahme von Bodenfeuchte ist nämlich ein ganz langfristiger Prozess, der klar vom Klimawandel beeinflusst wird, und leider, wie das bei anderen Klimafolgen auch der Fall ist, haben gewisse Umstände dazu geführt, dass diese Folgen noch verstärkt sind. Bei Dürre ist es zum Beispiel unter anderem die Beschaffenheit des Bodens. Für Ostdeutschland heißt das, dass der relativ sandige Boden die Dürre und den Wassermangel begünstigt. Wenn dann noch der Niederschlag nachlässt und es immer heißer wird, wird es in diesen Regionen brenzlig – das spüren wir alle. Neben Sachsen-Anhalt und Brandenburg hat es da Thüringen besonders getroffen. Obwohl wir 2019 und 2020 einen relativ guten Winter hatten – das haben wir schon gehört – konnte der Niederschlag in Thüringen leider nicht unbedingt für Besserung sorgen. Man könnte meinen, das ist anders der Fall, wenn man rausschaut, aber die Zahlen geben anderes her. Die besonders niederschlagsarmen Zeiten in Summe und die Hitze haben nämlich deutlich ihre Spuren hinterlassen. Risse in unseren landwirtschaftlichen Böden, Früchte, die nicht mehr gedeihen, braune Wälder, Schädlinge, die sich auf geschwächten Pflanzen ausbreiten und, und, und sind Beispiele, die wir alle kennen und sind Folgen des zunehmenden Wassermangels. Und wir kennen noch viel deutlichere Beispiele, das haben Sie alle im letzten Jahr der Presse entnommen oder kennen es, weil Sie selbst betroffen waren. Im August letzten Jahres haben nämlich zehn Thüringer Kreise und Städte die Wasserentnahme aus Flüssen verboten, weil es einfach zu trocken gewesen ist und weil der Regen, über den sich alle gefreut haben, einfach nicht ausgereicht hat.

Andere Kommunen – auch das kennen Sie – haben ihre Bewohner/-innen dazu aufgerufen, Stadtbäume zu wässern, weil man mit dem Gießen einfach nicht mehr nachkam und die Schäden immer größer wurden. Und wenn Sie alle in Ihr näheres Umfeld schauen, dann fallen Ihnen noch viel mehr Beispiele ein, wo Dürre, Wassermangel sichtbar sind.

 

Die Thüringer Klimaagentur und der Dürremonitor Deutschland bestätigen diesen Dürretrend oder diesen Wassermangeltrend übrigens und untersetzen ihn mit wissenschaftlichen Daten. Das ist ganz interessant, das sollte man sich anschauen. Beide schauen sich da nämlich an, wie sich die Vegetationsperioden entwickelt haben, aber auch, wie viele Frostzeiten es gab, wie dick die Schneedecken gewesen sind und wie viel Niederschlag es gab und bis zu welcher Metertiefe eben eine Dürre teilweise stattfindet. Beide sagen, es gab zu wenig Frosttage, es gab viel zu dünne Schneedecken, was Folgen für den Wasserstand hatte.

 

Trotz des extremen Wetters, das wir in diesem Winter erlebt hatten, trotz der extremen Niederschlagswellen, die mittlerweile fast normal zu sein scheinen, haben wir 1,8 Meter Tiefe in weiten Teilen Thüringens extreme bis außergewöhnliche Dürre.

Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und meine Fraktion, Die Linke, haben deshalb schon vor einer ganzen Weile diesen ambitionierten Antrag geschrieben, weil wir diesem Problem einfach begegnen müssen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

In unseren 18 Punkten wollen wir erstens die Anerkennung des Klimawandels als Hauptursache für die Extremwetterereignisse, die uns alle plagen. Warum das? Weil die Grundlage für Fragen oder für Handlungen die Frage sein muss: Woher kommen die Probleme und können wir diese Probleme korrigieren? Wir meinen ganz klar: Ja, wir können positiv eingreifen.

 

Wir wollten zweitens in unserem Antrag umfassende Klimaanpassungsmaßnahmen, die den Menschen, die von dieser Krise betroffen sind, sofort helfen. Denn das eine ist es, den Klimawandel anzuerkennen und zu versuchen, diesen aufzuhalten, aber das andere ist, schon bestehende aktuelle Folgen zu reparieren.

 

Wir wollten drittens eine umfassende Berichterstattung, die wir eben gehört haben, damit wir hier weiterhin gute Politik machen können, damit wir Folgeanträge schreiben können, damit wir besser reagieren können und den Menschen vor Ort helfen können.

Ja, sehr geehrte Zuschauer/-innen, jetzt könnten auch Sie hier an meiner Stelle stehen und möglicherweise müssten Sie sich überhaupt nicht auf diese Rede vorbereiten, Sie hätten überhaupt keine Zeitung lesen müssen und Sie hätten sich auch nicht den Bericht anhören müssen, denn Sie wissen, dass in Thüringen streckenweise enormer Wassermangel herrscht. Und warum bin ich mir da so sicher? Ich mache manchmal Gartentouren oder klingele an den Haustüren bei den Menschen in meinem Wahlkreis und frage die Leute dort immer, was sie brauchen, was ihnen fehlt, was sie bewegt. Einfach alle ausnahmslos

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Wasser!)

 

– ja, Wasser, Sie haben es gesagt – sagen oder erzählen von ihren trockenen Gärten, von den beschädigten Bäumen vor ihrer Haustür, ich komme gar nicht mehr hinterher mit dem Gießen, die Schädlinge werden immer mehr, wenn es regnet, überschwemmt es streckenweise, das Wetter wird immer unberechenbarer, die Hitze halte ich nicht mehr aus. – Das sind all diese Dinge, die ich höre und die ich natürlich ernst nehme.

Aber die Menschen erzählen natürlich auch von dem immer teurer werdenden Gemüse, dass sie teilweise selbst anbauen. Die Menschen erzählen, wie wichtig ihnen ihr kleines grünes Refugium vor Ort ist, weil sie sehen, wie drum herum alles immer brauner wird. Sie erzählen, wie die Klimakrise, an die sie teilweise selbst nicht geglaubt haben, an ihrer eigenen Wohnungstür tatsächlich plötzlich anklopft und wie sie die Krise nicht mehr leugnen können und dass sie sich Sorgen machen.

 

Dieser Alltagsfrust, sehr geehrte Damen und Herren, verdeutlicht das, worum es in unserem Antrag geht. Es ist egal, ob Sie zwei Bäume besitzen, ob Sie einen Wald besitzen, ob Sie hauptberuflich Landwirtin sind oder einfach nur Freizeitgärtnerin, wir spüren die Trockenheit. Wir spüren das auf dem Land und wir spüren das in der Stadt, und zwar alle unabhängig von unserer politischen Haltung und das können Sie nicht wegreden.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Kommen wir noch einmal ganz kurz zu den konkreten Konsequenzen. Wir haben das vorhin schon gehört, bei wichtigen Wirtschaftszweigen wie zum Beispiel unserem Wald. Millionen Bäume sind gestorben, man kann es nicht oft genug sagen. Und weil Wälder nicht einfach nur vertrocknen, sondern weil sie mit der Trockenheit zu Angriffsflächen für Schädlinge, für Krankheiten, für Stürme werden, die sich in ihre Lücken reißen, entsteht ein ewiger Teufelskreis, mit dem wir in den kommenden Jahren zu rechtkommen müssen – Stichwort „niedrige Holzpreise“. Darauf will ich jetzt gar nicht näher eingehen, darüber haben wir in den letzten Plenarsitzungen oft genug geredet. Wenn wir unseren Wald aber nicht nur eben als diesen Wirtschaftsfaktor begreifen, wenn wir den Wald als Erholungsort sehen, als Schutzraum für Tiere, als Kühlungsort unserer Erde, dann wird einem ganz zwangsläufig bange, dann wird einem nämlich klar, dass wir uns selbst beschneiden, wenn wir nicht endlich eingreifen. Denn am Ende leiden nicht nur diejenigen, die ihr Geld mit dem Holz verdienen, schlimm genug, sondern auch die, die den Wald als Lebensbereicherung begreifen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Und dasselbe, sehr geehrte Damen und Herren, gilt auch für die Landwirtschaft, das haben wir schon gehört – Stichwort: Ernteausfälle. Darauf will ich jetzt auch gar nicht mehr näher eingehen, denn das wissen Sie alle. Wir können schon immer mit Geld antworten auf diese Ausfälle und versuchen aufzufangen, was aufzufangen geht. Aber um Geld geht es irgendwann nicht mehr. Damit ist einem Berufsstand auf Dauer nicht geholfen. Die Wasserspeicher sind vielerorts einfach nicht ausreichend gefüllt oder gar nicht ausreichend instand gesetzt, als dass das Wasser gespeichert werden könnte, wenn denn welches kommt. Und das macht natürlich Angst und da braucht es politisch einen energischen und vor allem langfristigen Willen, das anzugehen und das können Sie in diesem Antrag lesen.

 

Schauen wir uns zum Beispiel Teile des Thüringer Beckens an. Bis 2050 ist zu erwarten, dass rund 40 Prozent der im Boden zur Verfügung stehenden Wassermenge zurückgeht. Was bedeutet das für die ökologische, soziale, nachhaltige Landwirtschaft? Es bedeutet, dass sie immer schwieriger zu realisieren ist. Es bedeutet, dass der Konkurrenzkampf um guten Boden immer größer wird. Wenn gute Standorte nämlich knapp werden, gewinnt leider der mit dem größten Einfluss, mit dem dicksten Geldbeutel. Und hier wird dann in Thüringen ganz deutlich sichtbar, dass Trockenheit für Ungerechtigkeit vor der eigenen Haustür sorgt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Am Ende trifft es die Landwirtinnen, aber es triff natürlich auch jeden einzelnen und jeder einzelne von uns, die Lebensmittelpreise werden potenziell teurer, weil Ernteeinbußen ausgeglichen werden müssen und das ist ein Zustand, der von vielen Menschen mit Angst verfolgt wird. Natürlich kann man verächtlich darauf schauen oder schmunzeln, aber wer glaubt, eine Tomate kann ruhig schon mal ein paar Cent mehr kosten oder Kartoffeln oder eben Erdbeeren, der ignoriert, dass zu weiten Teilen Menschen bei gesundem Essen eben sparen und dürrebedingte Preissteigerungen für viele Familie ein Problem sind.

Klimafragen sind also soziale Fragen, das möchte ich zum Schluss meiner Rede unbedingt unterstreichen. Die Frage, wie wir mit Wasser umgehen, ob wir die Klimakrise abwenden können und ob wir richtige ambitionierte Klimaanpassungsmaßnahmen angehen, hat eine konkrete Auswirkung auf unseren Wohlstand, auf unsere Gesundheit und die Frage, wie gerecht unser Land ist.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Bei dem Landwirt, sehr geehrte Damen und Herren, ist es der Lohn, denn welcher Landwirt, welche Landwirtin wird ordentlich wirtschaften können, wenn die wichtigste Zutat, das Wasser, knapp ist. Bei der Familie ist es das Essen, das sie sich entweder regional leisten kann oder eben nicht. Bei älteren Menschen ist es der Wald, den sie für die Erholung brauchen und für die Kinder ist es eine Zukunft, die wir ihnen ohne Angst und Wasserknappheit hinterlassen wollen. Ich denke, dieser Antrag ist dafür ein wichtiger Schritt. Und ich freue mich auf die Debatte, glaube allerdings, dass die so langsam vorbei ist und hoffe, dass sie der Sache dienlich sein wird, möglicherweise auch über diesen Plenarsaal hinaus. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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