Wählbarkeitsprüfung nach einer Wahl? Wer entscheidet in Thüringen über den Amtsantritt des Siegers einer demokratischen Wahl?

Sascha Bilay

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/8289

 

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch heute wieder das Wort vom sogenannten Demokratiecheck gefallen. Das wabert seit der Landratswahl in Sonneberg so durch den öffentlichen Raum. Die AfD hat in ihrem Antrag begründet, dass es ein mangelndes Maß an demokratischer Toleranz geben würde und dass Wahlen jetzt ungeschehen gemacht werden würden, auch Frau Bergner hat eben wieder erzählt, dass sie zurückgedreht werden sollen. Das sind aus meiner Sicht starke Worte im öffentlichen Raum, die da einfach mal so dahingeworfen werden. Aber ich will es noch einmal deutlich sagen, auch an diejenigen, die hier vorhin geredet haben: Es geht nicht um politische Fragen, es geht um rechtsstaatliche Fragen, es geht um ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren, wo eine Antwort auf die Frage gefunden werden muss, ob der Nochabgeordnete und Schon-Landrat Sesselmann am Ende die Gewähr dafür bietet, die Verfassung und das Grundgesetz auch in seinem Amt verteidigen zu können oder auch nicht. Dazu gibt es einen einheitlichen Rechtsrahmen und entsprechende obergerichtliche Rechtsprechung. Frau Marx und andere haben darauf hingewiesen, das Kommunalwahlgesetz in dieser Fassung ist 1993 beschlossen worden, vor ziemlich genau 30 Jahren. Seitdem gilt diese Überprüfungsregelung, die nämlich auch ein geordnetes Prüfverfahren vorsieht. Da gibt es zuerst den Wahlausschuss, dann gibt es die Wahl und nach der Wahl gibt es anschließend eine weitere Prüfung, ob derjenige/diejenige, die gewählt worden ist, auch den beamtenrechtlichen Standards genügt. Dieses Verfahren muss jede und jeder durchlaufen, der Beamtin oder Beamter werden will, jede Polizistin, jeder Polizist, jede Lehrerin, jeder Lehrer, jeder kleine Sachbearbeiter in einer öffentlichen Behörde muss dieses Prüfverfahren durchlaufen, also nichts Außergewöhnliches, wie das hier von der AfD wieder konstruiert wurde. Aber Sie nehmen für sich ein Sonderrecht heraus, Sie wollen eben sagen, dass Ihre AfD-Mitglieder von diesem Prüfverfahren ausgenommen werden sollen.

 

Ich will noch mal darauf hinweisen, die AfD ist nachgewiesen extrem rechts. Sie verstoßen gegen die Menschenwürde, gegen das Demokratieprinzip und auch gegen sämtliche Prinzipien des Rechtsstaats. Sie werden auch deswegen vom Verfassungsschutz

 

(Unruhe AfD)

 

zu Recht überwacht und als rechtsextrem eingestuft. Diese Einstufung des Verfassungsschutzes ist handlungsleitend für sämtliche Behörden in diesem Land. Deswegen gibt es ja auch die entsprechenden Erklärungen.

 

Aber ich will auch mal deutlich machen, Herr Sesselmann ist nicht nur ein einfaches Mitglied der AfD, Herr Sesselmann sitzt im Landesvorstand einer extrem rechten Partei. Er hat wiederholt für die AfD kandidiert, er hat sich auch von keiner politischen Äußerung oder von Personen distanziert. Und die Personalie Höcke wurde gerade in den letzten Wochen auffallend nah und häufig gesucht. Insofern muss man schon davon ausgehen, dass diese beamtenrechtliche Prüfung, die jetzt von der zuständigen Stelle im Landesverwaltungsamt durchgeführt wird, gar nicht im Ermessen steht, sondern dass es jetzt verlangt ist, dass diese Prüfung erfolgt. Dazu gibt es entsprechende Entscheidungen. 2014 ist mal über die Nichtzulassung eines OB-Kandidaten im Falle eines NPD-Bewerbers entschieden worden. Das ist ausdrücklich bestärkt worden. Es gab jetzt vor Kurzem vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt eine Entscheidung, bei dem einem Beamten das Ruhegehalt abgesprochen wurde, weil er für die NPD kandidiert hat. Es geht also nicht nur darum, einfach passives Mitglied einer Partei zu sein, sondern es geht um eine herausgehobene Stellung, um eine aktive Wahrnahme des Amts. Dazu hat auch schon das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen entschieden, übrigens schon in den 70er-, 80er-Jahren, dass der Dienstherr darauf achten muss, dass niemand Beamter wird, der nicht die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. Der Dienstherr muss es sicherstellen. Deswegen muss dieses Prüfverfahren auch durchgeführt werden. Im Falle von Herrn Sesselmann darf man aufgrund seiner Person durchaus zumindest annehmen, dass es diese entsprechenden Zweifel gibt, dass sie auch immer für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt.

Herr Möller, es kommt nicht darauf an, dass die Partei verboten ist, allein die Kandidatur reicht aus.

 

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden!)

 

Doch! Sie sind ja angeblich auch Jurist. Ich verweise noch mal auf das OVG Magdeburg vom Januar dieses Jahres, das gesagt hat: „Die Kandidatur für eine Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, ist ein Verstoß gegen die Verfassungstreue.“ Allein das reicht schon aus,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie haben es nicht verstanden!)

 

jemanden nicht in das Beamtenverhältnis zu berufen. Und darum geht es am Ende. Insofern schützt dieses Verfahren das Grundgesetz, was aus guten Gründen als Antwort auf die Verbrechen der Nationalsozialisten die Menschenrechte als unveräußerliche Rechte im Grundgesetz verankert hat und auch das Rechtsstaatlichkeitsprinzip, was Sie jetzt infrage stellen für Ihre Parteimitglieder. Insofern ist das Wahlergebnis in Sonneberg einem geordneten Verfahren zu unterziehen – Herr Sesselmann hat das zu durchlaufen –, das Landesverwaltungsamt wird ordnungsgemäß prüfen. Und entgegen Ihrer Arbeit hier im Landtag, wie Sie auch heute wieder in Ihren Reden dargestellt haben und auch in dem Antrag begründet haben, geht es eben nicht darum, dieses Prüfverfahren vorwegzunehmen, sondern abzuwarten, bis die Entscheidung vorliegt.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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