Wachstumschancen für den Thüringer Mittelstand eröffnen – Welchen Beitrag leistet das Land, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und somit Arbeitsplätze sowie Wohlstand zu sichern?

Andreas Schubert

Aktuelle Stunde auf Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/8668

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auch an den Bildschirmen, ich glaube, die Büttenrede mit viel blauem Dunst des Vorredners bedarf keiner Kommentierung.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wenn sie noch mal deutlich gemacht hat, wer in diesem Land ein Investitionsrisiko darstellt, dann haben Sie, Herr Thrum, glaube ich, dafür einen wichtigen Beitrag geleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDP nimmt in ihrem Antrag auf die Aktuelle Stunde Bezug auf das sogenannte Wirtschaftschancengesetz

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Wachstum!)

 

– Wachstumschancengesetz, entschuldigen Sie den Versprecher! Dessen Funktionieren kann man sich ungefähr so vorstellen: Sie möchten Ihrem Kind eine Taschengelderhöhung in Höhe von 10 Euro zukommen lassen, sind aber nur bereit, selber 4 Euro dafür auszugeben, die anderen 6 Euro sollen die Großeltern beisteuern. Mit den Großeltern haben Sie aber im Vorfeld nie gesprochen, geschweige denn liegt deren Zustimmung vor, sodass Sie die sozusagen einfach mit in Haftung nehmen.

 

Und das ist genau das, was das Wachstumschancengesetz, sollte es so beschlossen werden, für Thüringen bedeuten würde: Steuerausfälle über 100 Millionen Euro in der Jahresscheibe, 60 Prozent dieser Steuerausfälle dieses Gesetzes werden bei Land und Kommunen abgeladen. Das hat Andreas Bovenschulte, der Bremer Bürgermeister, zu recht so zusammengefasst – übrigens schon am 17. August, Herr Kemmerich, zu Ihrer Information –, dass er gesagt hat: Das ist ein klassischer Vertrag zulasten Dritter. Und er hat übrigens am gleichen Tag auch getwittert, dass er nicht glaubt, dass die Bundesländer im Bundesrat diesem Gesetz ihre Zustimmung geben werden. Deswegen hat das Bodo Ramelow zu recht auch für Thüringen erklärt.

 

Der Bund könnte ja, wenn er Steuergeschenke verteilt, sie 100 Prozent selber finanzieren. Dazu haben Sie aber leider nichts gesagt, Herr Kemmerich.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Doch!)

 

Apropos Bund: Auch der Bund ist maßgeblich verantwortlich für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land, und da sind Sie als FDP als Teil dieser Ampel mit in der Verantwortung. Statt sich nur auf die Wirkung von Steuersenkungen zu verlassen, braucht es in diesem Rezessionsjahr 2023 eine aktive staatliche Investitionsagenda in öffentliche Infrastruktur, in Nahverkehr, in Wohn- und Gesundheitsversorgung, in die Dekarbonisierung der Verwaltung.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und das ist übrigens kein Widerspruch zur Absenkung der Inflation, denn in den USA wird es ja gerade vorgemacht. Dort werden Hunderte Milliarden in den Inflation Reduction Act investiert, um den Standort zu modernisieren, und gleichzeitig ist man in der Inflationsbekämpfung viel weiter als hier in Europa. Deswegen sagen wir: Die Ampel hält leider dogmatisch am Umgang mit der Schuldenbremse fest.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Zu recht!)

 

Führende Wirtschaftsforscher wie zum Beispiel Marcel Fratzscher erklärten die Tage – ich zitiere –: Die Einhaltung der Schuldenbremse 2024 ist in diesen Krisenzeiten nicht zu rechtfertigen und wird dazu führen, dass wichtige Zukunftsinvestitionen und Entlastungen für Bürgerinnen und Unternehmen ausbleiben, erklärt der Berater der Bundesregierung Marcel Fratzscher. – Und genau das ist das fatale Wirken dieser Ampelpolitik, und das lehnen wir hier auch in Thüringer als Linke natürlich ab, denn im Ergebnis sind wir jetzt in Deutschland in einer Rezession. Und die Apologeten – so wie Sie – der Schuldenbremse nehmen billigend in Kauf, dass wir unseren Kindern eine nicht zukunftsfähige Infrastruktur überlassen und dass wir eben nicht jetzt die Energiewende und die Mobilitätswende voranbringen.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Mit dem Geld anderer Leute!)

 

Wir wollen als Linke was Anderes. Wir wollen, dass die Klimawende, die notwendig ist, schnell, aber vor allen Dingen sozial gerecht gestaltet ist. Deswegen haben wir ein Sofortprogramm schon auf Bundesebene vorgelegt für Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt. Schon im vergangenen Jahr wollten wir dafür, nicht für Aufrüstung, sondern für Klimagerechtigkeit und Energiewende ein Sondervermögen in Größenordnung von 100 Milliarden Euro verankern. Das ist leider nicht mehrheitsfähig gewesen. Auch in Thüringen wollen wir in Zukunft schneller werden und wir haben dazu als Koalition konkrete Vorschläge vorgelegt, einschließlich der Aufstockung

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Vergabegesetz! Damit geht es noch schneller!)

 

– Herr Prof. Dr. Voigt, wir kommen doch nachher noch zu Ihrer Aktuellen Stunde, Sie können sich doch noch kurz gedulden – des Eigenkapitals der Thüringer Aufbaubank, um gezielt Förderprogramme zur Unterstützung der Thüringer Wirtschaft für die Dekarbonisierung zu leisten. Aber statt dem zuzustimmen, Herr Kemmerich, haben Sie das abgelehnt.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Dann stellen Sie es doch in den Haushalt ein!)

 

Im April dieses Jahres haben Sie unsere Vorschläge abgelehnt. Leider, Herr Kemmerich, hatten Sie letzten Mittwoch auch nur sehr wenig Zeit, in der öffentlichen Anhörung zum Vergabegesetz im Wirtschaftsausschuss mit den Experten die Möglichkeiten zu beraten, um zum Beispiel das Vergabeverfahren mit Digitalisierung zu vereinfachen. So ist doch die Wahrheit. Sie halten hier immer große Reden am Pult, aber bei der Arbeit im Wirtschaftsausschuss sind Sie fast nie zu sehen.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Das kann ich doch nachlesen! Da muss ich doch nicht stundenlang dem zuhören, was Sie hier erzählen!)

 

Deswegen fasse ich zusammen und komme zum Schluss: Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts sichert man nur über eine Investitionsoffensive zur Modernisierung des Freistaats – je schneller, desto größer die Zukunftschancen. Und – hören Sie gut zu – Wettbewerbsfähigkeit im politischen Raum sichert man mit konkreten Vorschlägen statt mit Aktuellen Stunden. Einen schönen Tag!

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien