Vorfälle in Thüringer Justizvollzugsanstalten – rechtsfreie Räume für Inhaftierte und Bedienstete?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3331


Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann zunächst den Eindruck teilen, dass ich dies auch für eine nicht gewöhnliche Aktuelle Stunde halte. Nicht gerade für eine komische, sondern für eine außergewöhnliche, denn es wird hier beantragt, über Vorfälle in Justizvollzugsanstalten zu sprechen, zu diskutieren. Aber was es für Vorfälle sind, wird in dem Antrag selbst nicht benannt. Es geht allgemein um Vorfälle, ohne zu sagen, in welcher Justizvollzugsanstalt was passiert sein soll. Das haben Sie zwar nun in ihren einleitenden Bemerkungen klargestellt, aber auch dennoch gibt es keinen dringenden Anlass für eine öffentliche Debatte hierüber – jedenfalls nicht mit der Begründung, die Sie anführen. Denn Ihre Behauptung – und darauf hat Frau Rothe-Beinlich schon hingewiesen –, dass das Thema im zuständigen Ausschuss nicht behandelt worden sei, ist schlichtweg falsch.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sämtliche – und ich betone: sämtliche – bekannt gewordenen Vorfälle in Thüringer Justizvollzugsanstalten sind im Justizausschuss erörtert worden, was Ihnen, Herr Brandner, als Ausschussvorsitzendem eigentlich auch nicht entgangen sein dürfte. Sie werden sich erinnern – und darauf hat Frau Walsmann hingewiesen –, dass es am 9. Dezember 2016 eine Sondersitzung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz auf Antrag der CDU Fraktion zu zwei aktuellen Vorfällen in den Justizvollzugsanstalten Tonna und Goldlauter gab. Das Ministerium erstattete hierzu ausführlich Bericht; das können Sie im Protokoll nachlesen. Erinnern möchte ich zudem an die letzte Sitzung des Ausschusses vom 20.01.2017 – dazu hat auch Frau Rothe-Beinlich schon ausführlich vorgetragen. Ich möchte gleichwohl einige Punkte nochmals vertiefend darstellen: Auch in dieser Ausschusssitzung war das Thema in zwei Tagesordnungspunkten Gegenstand ausführlicher und aktueller Berichte des Justizministers. Ich möchte inhaltlich nicht darauf eingehen – das ergibt sich alles aus dem Protokoll –, unter anderem aber auch deshalb, weil zum Teil Vertraulichkeit vereinbart ist und daran halten wir uns.


(Beifall DIE LINKE)


Verweisen möchte ich aber auch darauf, dass die Situation im Thüringer Strafvollzug sowohl im Ministerium, als auch im Ausschuss ständig im Blick ist und man sich deshalb – auch daran sollten Sie sich erinnern, Herr Brandner – darauf verständigt hat, dass das Thema durch das Ministerium unaufgefordert wieder aufgegriffen wird, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben oder neue Einzelfälle zu berichten sind. Auch das dürfte Ihnen nicht entgangen sein. Richtig ist, dass in der letzten Ausschusssitzung ein Tagesordnungspunkt nicht behandelt wurde; darauf wurde auch schon eingegangen. Der entsprechende Antrag wurde deshalb nicht behandelt, weil er keine Mehrheit der anwesenden Mitglieder gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags erhielt.


(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Dazu braucht man auch keine Mehrheit, sondern ein Drittel!)


Gleichwohl – und das will ich hier noch mal betonen – ist der Justizminister im Ausschuss an anderer Stelle, nämlich in seinem Bericht zum Tagesordnungspunkt 5, explizit auf die angesprochenen Vorkommnisse in der Jugendstrafanstalt Arnstadt eingegangen, mit dem speziellen Hinweis, dass er dies gerade deshalb tut, weil der eigene Tagesordnungspunkt hierzu aus den genannten Gründen nicht behandelt wurde.


Es wäre sehr traurig, wenn Sie sich nicht daran erinnern könnten, dass wir im Ausschuss über die Kontrollen zum Auffinden von Drogen bei Gefangenen, über den Einsatz von Drogenhunden – das hatten wir auch schon mal erwähnt –, über die Problematik von Überwürfen, über die Telefonate der Gefangenen, über Kamerakontrollen, über die Einhaltung der Besuchsordnung – ja, sogar über das letzte Candle-Light-Dinner in der Jugendstrafanstalt Arnstadt gesprochen haben. Davon, dass den von Ihnen mit Ihrem Antrag zur Sprache gebrachten Vorkommnissen in der Jugendstrafanstalt Arnstadt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde, kann daher überhaupt nicht die Rede sein. Sie versuchen hier – wie so oft – mit unwahren Behauptungen wieder einmal ein völlig falsches Bild zu vermitteln und Unsicherheit zu schüren.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen – und auch da kann ich nur meinen Vorrednerinnen zustimmen – ist eine Aktuelle Stunde nun wahrlich nicht der richtige Ort, um – wie Sie es sich wünschen – in Thüringer Justizvollzugsanstalten – ich zitiere aus Ihrem Antrag – „Verstöße aufzudecken und zu beseitigen“. Hierfür sind parlamentarische Anfragen und Anträge im Plenum der geeignete und richtige Weg, sofern sie sich in dem von Ihnen selbst geleiteten Ausschuss nicht ausreichend informiert fühlen.


Der noch folgende Bericht der Landesregierung wird belegen, dass die Vorkommnisse in Thüringer Justizvollzugsanstalten sehr ernst genommen und alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen zur Abhilfe und Prophylaxe geschaffen werden.


Vizepräsident Höhn:


Frau Kollegin – Blick auf die Uhr, direkt vor Ihnen.


Abgeordnete Dr. Martin-Gehl, DIE LINKE:


Es hat immer Vorkommnisse in Justizvollzugsanstalten gegeben und es wird sie auch künftig geben, so wie es eine absolute Sicherheit nicht gibt. Entscheidend ist, dass entsprechend auf die Vorfälle reagiert wird. Das hat die Landesregierung getan, und dazu wird sie noch weiter ausführen. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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