Vollständigen zweigleisigen Ausbau und Elektrifizierung des Thüringer Teils der Mitte-Deutschland-Verbindung aktiv vorantreiben

Dr. Gudrun Lukin

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/4027

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, in der Zielstellung sind wir uns einig. Wir wollen sowohl die Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Schiene als auch den zweigleisigen Ausbau zumindest bis Gera und die Beseitigung der genannten Flaschenhälse. Ich hätte eigentlich gehofft, dass dieses Thema noch wesentlich mehr im Zuge der Bundestagswahl politisch in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Denn von den zukünftigen Abgeordneten und der Bundesregierung wird es entscheidend abhängen, welchen Stellenwert Klimaschutz und Verkehrswende in Koalitionsverhandlungen und in der Politik von Bund und Bahn haben. Und nur unter diesen Voraussetzungen sehen auch die Karten für den weiteren Ausbau der Schieneninfrastruktur in ganz Deutschland und damit auch der Mitte-Deutschland-Schiene wesentlich besser aus.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

So ist es begrüßen, dass sich die Bahn erst mal ernsthaft mit dem Thema „Streckenreaktivierung“ beschäftigt hat. Aber was den Ausbau der Schiene angeht, da möchte ich noch mal bestätigen, gehen wir nach wie vor davon aus, dass der Bund gemäß Artikel 87e Abs. 4 Grundgesetz gewährleisten muss, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, Rechnung getragen wird. Eine Diskussion wie hier bei der MDV kenne ich seitens der Autobahninfrastruktur gar nicht. Ich will das nur noch mal hervorheben. Dieser Artikel im Grundgesetz beinhaltet also ausdrücklich den Ausbau und den Erhalt des Schienennetzes. Wenn die Bahn dagegensetzt, dass bisher das Verkehrsaufkommen auf diesen Abschnitten noch gering ist, so ist das nicht zuletzt dem bisherigen Streckenzustand geschuldet, der weder einen durchgängigen elektrifizierten Verkehr, sinnvollen Fernverkehr oder längere Bahntraktionen in Stoßzeiten überhaupt zulässt. Noch dazu wirkt sich die Verkürzung einiger Bahnsteige im Zuge ihrer Sanierung negativ auf das gegenwärtige Angebot aus und lässt eine Verlängerung der Züge nicht zu. Deswegen finde ich es – und ich möchte das hier noch mal bestätigen – nach wie vor gut, dass es seinerzeit Jena gelungen ist, die geplante Bahnsteigverkürzung in Göschwitz und Jena West auf 170 Meter zu verhindern, denn für den Halt von Standardfernverkehrszügen ist eine Länge von 210 Metern erforderlich.

 

Wir wissen, dass bereits 2019 zwar die Verkehrsministerkonferenz bekräftigt hat, dass auch bei der Ausbaufinanzierung der SBNV-Strecken dem Artikel 87e Grundgesetz Rechnung getragen werden muss und neue Bewertungskriterien entwickelt werden müssen. Diese sind zwar im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz schon im Gespräch – Prävention, Klimaneutralität, Lärmschutz oder Gesundheitsvorsorge –, aber sie sind im Gespräch. Es gibt noch keine exakten Festlegungen und wir begeben uns dort auf einen relativ wackligen Boden. Und ich möchte auch nicht den Bund aus seiner Verantwortung herausnehmen.

 

Die Thüringer Landesregierung und der Landtag sind immer davon ausgegangen, den vollständigen zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung zusammen zu planen und durchzuführen, um das Vorhaben wirtschaftlich ohne zusätzliche Streckensperrungen und im beabsichtigten Zeithorizont umzusetzen. Alles andere würde der Gesamtstreckennutzung und auch der Wirtschaftlichkeit schaden. Ein entsprechender Kabinettsbeschluss wurde dazu im Februar veröffentlicht. Auch der Ministerpräsident nahm mehrfach dazu Stellung. Bereits 2020 hat überdies die Landesregierung eine Vorplanung zur Machbarkeit der Zweigleisigkeit für ein durchgehendes zweites Gleis der MDV bis Gera bei der DB Netz in Auftrag gegeben, um verlässliche Aussagen über Kosten und Umsetzbarkeit zu erhalten. Die Summe wurde schon genannt – ich schlage noch mal 2 Millionen Euro drauf –, also ca. 132 Millionen Euro werden als Kosten aufgeführt und ich bin mir sicher, sie werden noch steigen – und das jährlich.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, wir können davon ausgehen, dass die DB Netz AG im IV. Quartal dieses Jahres mit der Weiterplanung der Elektrifizierung beginnen wird. Deshalb ist es notwendig, dass wir insgesamt als Thüringer Landtag ein Signal an die Bahn und an den Bund setzen, um den durchgängig zweigleisigen Ausbau bis Gera zu fordern. Die MDV – das wissen wir – ist neben der Neubaustrecke nun mal Hauptschlagader des Bahnverkehrs in Thüringen. Sie erreicht 40 Prozent der Thüringer, hat zentrale Bedeutung für den Gesamtfahrplan und hat zudem Potenzial für den Güterverkehr.

 

Ich möchte daran erinnern, dass in Vor-Corona-Zeiten oft Fahrgäste zwischen Jena und Erfurt entweder wie Sardinen in der Büchse in den Zügen standen oder auf Bahnsteigen verblieben sind. Natürlich können wir, wie hier in der Begründung angegeben, auch um die Solidarität von Sachsen bitten. Wir müssen aber davon ausgehen, dass diese bisweilen Grenzen hat. Ich erinnere nur an die Finanzierung der Verlängerung des Franken-Thüringen-Expresses von Jena nach Leipzig, die Thüringen allein trägt. Auch von Chemnitz aus ist das Zielgebiet wohl eher Leipzig als Erfurt.

 

Trotzdem sollten wir alle Hebel in Bewegung setzen – und ich bedanke mich noch mal bei Ihnen, dass Sie diese Aktuelle Stunde zur MDV auf die Tagesordnung gesetzt haben und wir den Antrag zum zweigleisigen Ausbau der MDV in diesem Plenum behandeln wollen. Aber hier möchte ich noch mal darum bitten, Ross und Reiter zu nennen. Der Bund ist verantwortlich, das Land kann unterstützen und wir können zur Not auch die EFRE-Mittel wie bei der Neubaustrecke hinzuziehen, aber das war es dann auch.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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