Ursachen und Auswirkungen der nicht fristgemäßen Verabschiedung kommunaler Haushalte 2010 in Thüringen

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/51 -

Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Innenminister, die Situation, die Sie vorgefunden haben bei Ihrem Wechsel von Bayern hier nach Thüringen, müsste Ihnen ja besondere Bauch- und Kopfschmerzen bereiten, weil Sie eigentlich als Wissenschaftler und Jurist sehr exakt darauf achten, dass gesetzliche Vorschriften auch eingehalten werden. Sie haben heute schon in Beantwortung einer Anfrage die Position der Landesregierung hierzu dargelegt, haben im Wesentlichen dargestellt, dass die in der Kommunalordnung enthaltenen Fristen zur Aufstellung der Haushalte bzw. gibt es noch eine Frist zur Beschlussfassung der Haushalte aus Ihrer Sicht als Soll-Vorschrift zu verstehen ist, als eine Soll-Vorschrift, die eben unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht eingehalten werden muss.

Ich will zunächst erst einmal darauf abstellen, welche Konsequenzen bei der kommunalen Ebene entstehen. Wenn am 01.01.2010 kein genehmigter Haushalt vorliegt, dann findet die sogenannte Haushaltsnotlage statt. Juristisch korrekt heißt das "vorläufige Haushaltsführung". Die Konsequenzen sind, dass die Gemeinde im Wesentlichen nur gesetzliche oder vertragliche Leistungen noch erfüllen darf. Alle sogenannten freiwilligen Leistungen stehen auf dem Prüfstand und sind gefährdet. Das betrifft insbesondere die Zuschüsse an Vereine, Verbände, Institutionen. Die sind aber darauf angewiesen, weil diese kommunalen Zuschüsse oftmals als Eigenmittel anerkannt werden, um dann auf entsprechende Landeszuschüsse zurückgreifen zu können. Das führt zu einem hohen Maß an Verunsicherung bei den Vereinen, Verbänden und Institutionen, gefährdet sogar das eine oder andere Projekt; also Folgekosten oder Folgewirkungen sind nicht ausgeschlossen. Hinzu kommt natürlich, dass, wenn kein Haushalt vorliegt, neue Investitionen nicht begonnen werden dürfen. Im Regelfall werden nur begonnene Investitionen fortgeführt. Selbst Investitionen aus dem Konjunkturprogramm II, die insbesondere als ein Beitrag zur Abfederung der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise dienen sollen, sind zunächst erst einmal blockiert, können dann erst zu einem späteren Zeitpunkt auf den Weg gebracht werden. Jeder, der in der kommunalen Praxis verankert ist, weiß, dass das zu höheren Kosten führt, weil Ausschreibungsergebnisse im I. Quartal meist günstiger sind. Das hat etwas mit der Auftragslage der Auftragnehmer zu tun. Erfolgen die Ausschreibungen im II. Quartal oder noch später, dann ist die Marktsituation meist eine andere und es führt immer zu höheren Kosten. Das heißt, es geht auch richtig um Geld, es geht darum, dass jetzt die Gemeinden zusätzliche Gelder aufbringen müssen, deshalb ist eine möglichst zeitnahe Haushaltsbeschlussfassung/-genehmigung von Bedeutung.

Aus unserer Sicht trägt das Land eine hohe Verantwortung für die jetzige Situation. Herr Innenminister, Sie haben darauf verwiesen, kein Landeshaushalt liegt vor. Das entbindet aber aus unserer Sicht die Landesregierung nicht von der eigentlichen Verpflichtung, über den sogenannten Haushaltserlass den Kommunen Eckwerte für die Erstellung der Haushalte zur Verfügung zu stellen. Wir wissen, darauf gibt es keinen Rechtsanspruch, aber es ist in Thüringen seit 1991 gängige Praxis, dass es diese Haushaltserlasse gibt mit Orientierung für die Steuereinnahmeentwicklung, aber auch die Eckwerte für den Kommunalen Finanzausgleich. Den gibt es ja auch nicht, den neuen; der jetzige Finanzausgleich läuft zum 31.12. aus. Nun könnte man sagen, neue Regierung, die können alle nichts dazu, aber dass am Jahresende der Finanzausgleich und der Doppelhaushalt ausläuft, ist seit mindestens zwei Jahren bekannt, denn die entsprechenden Beschlüsse haben wir hier im Haus bereits 2007 gefasst. Wir sind davon überzeugt, zumindest diese Eckwerte, das ist überhaupt nicht Aufgabe der Landesregierung, sondern das macht die Bürokratie. Die Beamten gerade im Innenministerium, aber auch im Finanzministerium, davon sind wir überzeugt, haben bereits diese Eckwerte. Deshalb unsere Aufforderung: Stellen Sie schnellstmöglich diese Eckwerte zur Verfügung, so dass die Kommunen agieren können.

Ein letzter Verweis: Die jetzige Situation hat aus unserer Sicht auch eine demokratische Dimension, nämlich, wir halten es für nicht zulässig, dass Bürgermeister und Landräte einfach für sich allein entscheiden, keine Haushaltsentwürfe zur Diskussion zu stellen. Wir meinen, das ist das ausschließliche Recht der Vertretung - der Gemeinderäte, Stadträte, Kreistage -, die müssten sagen, wir haben zurzeit nicht die Voraussetzungen, einen Haushalt zu beschließen.

In dem Sinne sind auch Sie gefordert, über die Rechtsaufsichtsbehörden hier die Bürgermeister an ihre Pflichten zu erinnern. Danke.

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