Ursachen und Auswirkungen der nicht fristgemäßen Verabschiedung kommunaler Haushalte 2010 in Thüringen

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/51 -

Frau Präsidentin, danke, Herr Minister, dass Sie so lange geredet haben. Das eröffnet ja die Möglichkeit, dass ich noch einmal hier an das Rednerpult gehen kann. Herr Minister, ich bitte Sie, sich langsam von Ihrer früheren Arbeit zu trennen. Wir sind hier im Parlament und wenn Sie Vorlesungen halten möchten, dann können wir das an einer anderen Stelle machen, aber nicht hier. Mir fehlen einfach die politischen Bewertungen und das, wo die Landesregierung hin will. Auch Herr von der Krone hat für seine Fraktion im Wesentlichen nur die Rechtslage wiedergegeben. Die können wir nachlesen, die kennen wir. Wir wollen wissen, wie wir politisch mit der Situation umgehen und da habe ich von Ihnen zu wenig gehört, von Herrn von der Krone einen wichtigen Satz. Deswegen will ich es hier noch einmal wiederholen: Die Kommunen sparen während der vorläufigen Haushaltsführung. Also erst einmal, Herr von der Krone, die sparen nicht richtig, weil sie da was zur Seite legen müssten, meistens kürzen sie, indem sie keine Ausgaben tätigen. Aber sie machen es auf Kosten von Betroffenengruppen und das ist das Schlimme, dass Sie hier nur die Kommune im Blick haben, aber nicht die Betroffenen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich hatte ja erläutert, es treten Folgewirkungen ein, weil mit den fehlenden kommunalen Mitteln im Regelfall da nicht die Landesmittel abgerufen werden können und so weiter. Herr Innenminister, vielleicht wenn Sie das Kommunalrecht in Thüringen weiterentwickeln wollen auch mit Ihrem wissenschaftlichen Hintergrund, wir haben in den vergangen Jahren oftmals die Flexibilisierung des kommunalen Haushaltsrechts angeregt. Wir wären nämlich jetzt nicht in der Situation, wenn wir uns z.B. endlich von diesem überholten Jährlichkeitsprinzip trennen würden. Die Thüringer Kommunalordnung lässt zwar einen sogenannten Doppelhaushalt zu, aber das sind ja letztlich zwei Jahreshaushalte nur in einem Papier. Wir brauchen eine Flexibilisierung. Wir könnten uns vorstellen, diese Flexibilisierung ähnlich wie bei Gebührenhaushalten auf einen Vierjahreszeitraum auszudehnen. Ich will hier nicht den Fünfjahreszeitraum benennen, weil sonst der Herr von der Krone sich an seine frühere Tätigkeit als Ökonom im VEB Nadelwerk Ichtershausen erinnert. Da hatte er ja viel mit dem Fünfjahresplan zu tun. Deshalb sagen wir Vierjahresplan.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Ich bin kein Ökonom.)

(Beifall DIE LINKE)

Ja, deswegen sage ich ja Vierjahresplan. Wir lernen ja aus Geschichte; nicht alle hier im Haus - wir lernen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Der Fünfjahresplan hat nicht funktioniert.)

Von daher bewusst, wir sind auch mit einem Dreijahresplan einverstanden. Zweijahresplan ist wieder kritisch. Den gab es auch mal vom großen Bruder und in Bitterfeld 1952, da ging es noch um einen Zweijahresplan. Aber Spaß beiseite.

(Unruhe FDP)

Wir brauchen einfach eine Flexibilisierung des Haushaltsrechts. Da bin ich gern bereit mit Ihnen, Herr Prof. Huber, in den Dialog zu treten. Wo die SPD die Information herhat, dass die Schlüsselmasse sinkt, das würde mich interessieren. Es kann ja sein, die sind ja jetzt Regierungsfraktion, dass sie das wissen.

Zu Recht hat sowohl die Ministerpräsidentin als auch mehrere Redner und auch der Innenminister auf das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts verwiesen. Die Thüringer Kommunen haben einen Anspruch auf eine angemessene Finanzausstattung. Also einfach die Schlüsselmasse zu kürzen oder so, das geht nicht, unabhängig übrigens von der Finanzsituation des Landes. Das hat das Verfassungsgericht entschieden und damit Neuland betreten. In noch keinem anderen Bundesland haben wir eine so kommunalfreundliche Rechtsprechung. Wir hätten uns da eine politische Lösung gewünscht. Wir hätten nicht erst das Verfassungsgericht bemüht, aber nun hat das Verfassungsgericht entschieden. Das ist in Ordnung. Aber wenn das so ist, da frage ich mich, warum die Landesregierung nicht in der Lage ist, den Haushaltserlass zu verkünden, wenn sowieso feststeht, dass die Kommunen auf eine gewisse Finanzmasse sowieso einen Rechtsanspruch, und zwar einen verfassungsrechtlich garantierten Rechtsanspruch haben. Da wäre das schon längst erledigt gewesen, unabhängig von der Regierungsneubildung. Ich sage noch mal, das macht eigentlich die Bürokratie, diese Eckwerte zu erstellen.

Insgesamt sehen wir keinen Grund, warum die Kommunen länger auf diese Zahlen warten sollen. Noch mal mein Appell, dort schnellstmöglich zu handeln, perspektivisch über die Flexibilisierung des Haushaltsrechts nachzudenken. Dann würden die Kommunen nicht in die missliche Situation wie jetzt kommen, und wir bräuchten hier im Landtag die Debatte nicht zu führen. Dann kann der Landtag im April eines Jahres irgendwann einen Haushalt beschließen, wenn die Kommunen Instrumente haben, flexibel zu reagieren. Da gibt es zwei Punkte bei der Flexibilisierung, die möchte ich Ihnen noch mitgeben, Herr Prof. Huber. Das war einmal eine Unterscheidung in rentierliche und unrentierliche Investitionen bei der Kreditaufnahme und die Möglichkeit der Kommunen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung eben an Dritte Zuschüsse zu zahlen. Da haben wir auch eine Prozentzahl. Da haben wir gesagt, das kann man auf 80 Prozent der Durchschnitte der Vorjahre begrenzen, so dass nicht die gesamte Haushaltssystematik durcheinander gebracht wird und nicht möglicherweise die Kommune im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung bereits sich völlig verausgabt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

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