Update für den Öffentlichen Dienst: Thüringer Justiz zukunftsfest aufstellen

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Antrag der Fraktion der FDP) - Drucksache 7/3448

 

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut Ding will Weile haben. Dieses Sprichwort dürfte wohl auf den vorliegenden Antrag zutreffen, denn immerhin hat es nun fast zwei Jahre gedauert, bis es dieser Antrag vom Ausschuss zurück in das Plenum geschafft hat. Der Grund dafür waren – das ist schon angeklungen – überwiegend intensive Diskussionen im Ausschuss, die am Ende sogar zu einer Neufassung des ursprünglichen Antrags geführt haben, zu einer Fassung, die nicht nur von der Antragstellerin FDP, sondern zugleich auch von den Koalitionsfraktionen getragen wird, die also auf einer breiten Basis steht und Niederschlag in der vorliegenden Beschlussempfehlung gefunden hat.

 

Doch nun zu dem Antrag selbst. Der Antrag wird als Update bezeichnet.

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

Das Anliegen dieses Antrags lässt sich damit kompakt in eine einfache Frage fassen: Ist die Thüringer Justiz auf dem neuesten Stand? Das heißt, ist sie so aufgestellt, dass sie den gegenwärtig und zukünftig an sie gestellten Herausforderungen gerecht wird? Meine Antwort darauf: Im Prinzip ja, aber es gibt noch und auf Dauer eine Menge zu tun. So ist denn dieser Antrag durchaus berechtigt. Denn er spricht Problemfelder an, die nahezu alle Bereiche in der Thüringer Justiz erfassen. Ich nenne dazu nur die Stichwörter „Digitalisierung“ und „Pensionierungswelle“. Nehmen wir die Digitalisierung: Mit der Digitalisierung in der Justiz, also der Einführung der E-Akte und Digitalisierung von Arbeitsabläufen, geht es voran, langsam zwar, aber immerhin geht es vorwärts.

Es ist indes noch immer unbefriedigend, dass etwa Thüringer Anwältinnen und Anwälte seit Jahren ein elektronisches Postfach vorhalten müssen – und ich spreche hier aus eigener Erfahrung – die Gerichte aber bis heute nicht in nennenswertem Umfang, wenn überhaupt, elektronisch über diese Postfächer etwa mit der Anwaltschaft korrespondieren. Ich will das hier nicht näher ausführen. Denn dieser Befund ist nicht ausdrücklich in dem Antrag erwähnt. Ich meine aber, er muss aber nach der Lesart des Anliegens des Antrages durchaus mitgedacht werden, nämlich als dringender Appell, beim Tempo der Digitalisierung in der Justiz zuzulegen, um insoweit die gesetzlichen Vorgaben bis Ende des Jahres 2025 zu erfüllen. Bis dahin ist nicht mehr viel Zeit.

 

Der Antrag wiederum stellt darauf ab, dass mit der Digitalisierung Veränderungen in Aufgabenprofilen und Arbeitsabläufen im Justizalltag einhergehen. Diese Veränderungen sind zu analysieren und Konsequenzen für die Personalplanung aufzuzeigen. Dabei ist es nicht ausreichend, allein auf das in der Thüringer Justiz bislang zur Personalbedarfsplanung genutzte PEBB§Y-System zu verweisen, wie das in der Rede des damaligen Justizministers bei der ersten Behandlung des Antrages im Plenum geschehen ist. Denn dieses PEBB§Y-System erfasst von seiner Anlage her eben gerade nicht veränderte Arbeitsabläufe und Aufgaben im Justizalltag, die mit der Digitalisierung einhergehen. Hinzu kommt, dass auch die letzte Fortschreibung dieses Systems meines Wissens im Jahre 2014 erfolgt ist, also schon fast zehn Jahre zurückliegt. Was die anstehende Pensionierungswelle und die dringliche Gewinnung von Personal für die Thüringer Justiz anbelangt, wird mit dem Antrag vor allem zutreffend auf qualitative Aspekte abgestellt, auf den Wissenstransfer zwischen ausscheidenden und neuen Beschäftigten und auf ausreichende zeitgemäße Fortbildungsprogramme.

 

Besonderes Augenmerk wird allerdings auf die Juristenausbildung gelegt – und das zu Recht. Schon in der Phase der Ausbildung werden wichtige Weichen gestellt für die Gewinnung und längerfristige Bindung von qualifiziertem Personal für die Thüringer Justiz. Das insoweit im Wettbewerb mit anderen Bundesländern ständig an der Attraktivität der Juristenausbildung in Thüringen gearbeitet werden muss, wurde bereits vor einiger Zeit bei der Verabschiedung der Neufassung des Thüringer Juristenausbildungsgesetzes in diesem Haus diskutiert und teilweise auch umgesetzt, so etwa durch die Wiedereinführung der Ausbildung im Beamtenstatus.

 

Die vorliegende Beschlussempfehlung nun verweist auf die fortwährend notwendige Aktualisierung und Modernisierung der Ausbildungsmethoden und Inhalte. Das ist an sich eine Selbstverständlichkeit, so wie auch hier etwa das digitale Arbeiten. Nun ist in dem Forderungskatalog des Antrages nur ganz allgemein die Rede davon, dass die Ausbildung den künftigen Herausforderungen in der Justiz anzupassen ist.

 

Eine dieser Herausforderungen möchte ich angesichts aktueller Entwicklungen an dieser Stelle konkret benennen und damit besonders hervorheben: rechte Tendenzen in der Justiz. Schon und gerade in der Juristenausbildung muss besonderes Augenmerk daraufgelegt, dass künftige Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, dass für rassistisches, menschenverachtendes, gewaltverherrlichendes Gedankengut in der Thüringer Justiz kein Platz ist.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Mit dem Antrag wird auch der Justizvollzug angesprochen und konkret die Forderung erhoben, nach Ausstattung mit dem erforderlichen Personal. Diese Forderung möchte ich bekräftigen, denn das Problem ist seit Jahren bekannt. Der Thüringer Justizvollzug ist nicht ausreichend personell ausgestattet. Es sind schon nicht alle freien Stellen besetzt. Hinzu kommen erhebliche Ausfälle durch Langzeiterkrankungen und zunehmende Altersabgänge. Leider wird dieses Problem – so meine Wahrnehmung – offenbar nur dann wirklich wahrgenommen, wenn im Strafvollzug etwas passiert ist, etwa, wenn Gefangene entweichen. Die Lage ist indes vor allem in die Zukunft blickend prekär, denn die Zahl der in Thüringen gegenwärtig ausgebildeten Anwärter und Anwärterinnen für den Justizvollzug deckt, obgleich diese Zahl erhöht wurde, nicht die schon freien und die noch zusätzlich durch Pensionierungen frei werdenden Stellen ab. Um hier Abhilfe zu schaffen, muss die Beschäftigung im Justizvollzug attraktiver werden. Dazu gehören vor allem eine angemessene Besoldung und zeitgeregelte Beförderungen, die zu Recht von den gewerkschaftlichen Interessenvertretern der Justizvollzugsbediensteten immer wieder eingefordert werden.

 

Gegenstand des Antrags nach der vorliegenden Beschlussempfehlung – auch das ist bereits angeklungen – ist schließlich die Gerichtsvollzieherausbildung. Hierzu gibt es seit einiger Zeit Diskussionen darüber, ob der bisherige Ausbildungsgang über den mittleren Justizdienst durch ein Fachhochschulstudium ersetzt werden sollte. Dazu gab es im Ausschuss eine Anhörung. In deren Ergebnis wurde das Für und Wider eines solchen Wechsels deutlich, zum einen der verständliche Wunsch der Gerichtsvollzieher nach diesem Wechsel, zum anderen aber auch gute Gründe für eine Beibehaltung der bewährten Form der Ausbildung. Darauf aufbauend gilt es nun, anhand der Berufs- und Arbeitssituation der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher und im Zusammenwirken mit anderen Bundesländern konkret zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Änderungen im Ausbildungsgang der Gerichtsvollzieher angezeigt sind.

Insgesamt stellt der vorliegende Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Änderungsantrages, der nur zwei Fristverlängerungen für die Berichterstattung durch die Landesregierung beinhaltet, eine gute Grundlage für die gemeinsame Arbeit von Landesregierung und Landtag zur Weiterentwicklung und Stärkung der Thüringer Justiz dar und – das möchte ich besonders betonen – insbesondere auch eine Richtschnur für unsere Haushaltsberatungen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 

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