Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Anpassung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2

Ralf Plötner

Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/2510

 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist für uns alle in der Tat eine sehr schwierige Zeit. Nur die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit kann den Kampf gegen die Pandemie gewinnen. Es fordert dementsprechend auch alle Menschen, natürlich auch in Thüringen. Deswegen betreffen auch die Eindämmungsverordnungen alle Menschen, mehr oder weniger, egal welchen Alters, egal welcher Tätigkeit sie nachgehen, ganz egal, wie die Lebenswirklichkeit aussieht, weil eben auch alle Menschen mit den Eindämmungsverordnungen geschützt werden müssen.

 

Es trifft aber nicht alle Strukturen gleich. Deswegen ist der Appell an die Wirtschaft richtig, dass zur Eindämmung noch mehr geleistet werden kann. Wenn soziale Versorgungsstrukturen in den Lockdown gehen müssen, muss man natürlich auch einen Wirtschaftslockdown in den Blick nehmen. Das, meine Damen und Herren, ist verantwortungsvolle Fürsorge. Es geht in der Tat darum – das wurde gerade angesprochen –, Mobilität einzuschränken. Genau das ist dann auch ein Baustein.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Nein, ÖPNV entzerren!)

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Nicht einschränken, entzerren!)

 

Wir können die aktuelle Situation, die Corona-Pandemie, und die damit verbundenen Herausforderungen nur bewältigen, wenn wir in einer intensiven Abwägung die wissenschaftlich erhobenen Expertisen in unsere Überlegungen einbeziehen. Die Landesregierung tut das durch den Wissenschaftlichen Beirat fortlaufend. Im Vorfeld der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz fand wieder ein Austausch mit dem Bereich der Wissenschaft statt, um die neuesten Erkenntnisse in die Forderungen und Entscheidungen einzubeziehen.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Einseitig!)

 

Dementsprechend ist auch die heute diskutierte Verordnung auf dieser Grundlage entstanden und auch die kommende wird das sein. Ich denke, wir Parlamentarier müssen für Aufklärung dankbar sein, die betrieben wird, gerade im Bereich der mutierten Virusvarianten – wir hatten zu diesem Thema auch schon etwas gehört –, welche leider weltweit auf dem Vormarsch sind.

 

Wie fahrlässig wäre es in einer Welt, in der Information und Kommunikation noch nie so rasch möglich waren, sich bei Hinweisen auf neue infektiöse Virusvarianten nicht damit auseinanderzusetzen.

 

Auch wenn die AfD gern Wissenschaftsfeindlichkeit betreibt und diese zum Besten gibt, müssen wir doch akzeptieren, dass wir ohne Wissenschaft überhaupt nicht weiterkommen würden. Das SARS-CoV-2-Virus sehen wir mit dem bloßen Auge nicht. Ein Hoch auf die Wissenschaft und auch auf die Mikrobiologie!

 

Ich muss auch widersprechen, dass die Übersterblichkeit nicht steigen würde – nein, sie steigt leider, die Zahlen zeigen uns das. Und auch – wie soll ich sagen – was hier so nonchalant gesagt wird: Na ja, die Älteren. Also erst mal sind sie genauso schützenswert und deren Leben genauso wichtig wie das von jüngeren Menschen

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und andererseits ist es doch auch so, dass es in den Kliniken eben auch anders aussieht. Wir müssen auch nach Irland schauen, wie groß die Sorge davor ist: Die Patientinnen und Patienten werden leider immer jünger, und dementsprechend müssen wir alle mit in den Blick nehmen.

Ich möchte gern an dieser Stelle ausdrücklich der Landesregierung danken – und insbesondere der Gesundheitsministerin Heike Werner –, dass sie unermüdlich ihren Beitrag leistet, um die Pandemie zu bewältigen.

 

Präsidentin Keller:

 

Herr Abgeordneter Plötner, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Aust?

 

Abgeordneter Plötner, DIE LINKE:

 

Ich würde gern fortfahren.

 

Ich möchte mich auch herzlich dafür bedanken, dass parlamentarische Hinweise und die Beteiligungsformen respektiert und eingearbeitet werden. Ich möchte auch widersprechen, dass die Beteiligung nicht möglich war, selbstverständlich hat die Beteiligung stattgefunden. Und der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat in seiner Weisheit mehrheitlich die Struktur vorgegeben, und zwar die Beteiligung über den Ältestenrat abzusichern.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Das ist überhaupt nicht wahr! Das ist falsch!)

 

Herr Montag, beschweren Sie sich doch nicht, auch Ihre Stellungnahmen sind eingegeben worden, lagen dem Ältestenrat vor und sind dort einer fachlichen Auseinandersetzung unterzogen worden.

 

(Unruhe AfD)

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das sind auch nur Wiederholungen!)

 

Es ist einfach gut, dass bei allem vorangetriebenen Infektionsschutz auch nie die sozialen Härten und die Gesamtbelastungen aller Menschen im Freistaat aus dem Blick verloren werden – auch dafür noch mal ein Dank an die Landesregierung.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Darum geht es auch der Fraktion Die Linke hier im Thüringer Landtag, Gesundheit als Menschenrecht zu begreifen und dementsprechend auch zu schützen und zu verteidigen. Menschenrechte, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen nicht einer Profitlogik unterworfen werden – und das ist leider in unserem aktuellen Gesundheitssystem viel zu häufig. Ein entscheidender Schritt, diese zu überwinden, wäre die Neugestaltung der Ausfinanzierung unserer Krankenhaus- und Klinikstruktur. Es braucht eine bedarfsgerechte Finanzierung, und nicht den wirtschaftlichen Druck der Fallpauschalen. Deswegen gilt es: Die Fallpauschalen müssen abgeschafft werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Dann zahlt doch die Investitionskosten der Krankenhäuser, ihr habt das Gesundheitsministerium!)

 

Lassen Sie uns auch gern darüber diskutieren und streiten, ob die Gewinnausschüttung bei einem Krankenhaus allen Ernstes ein gesellschaftliches Ziel sein kann. Die Fraktion Die Linke sagt hier ganz deutlich: Nein. Wir streiten für ein Gewinnausschüttungsverbot für Krankenhäuser,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

damit Profitinteressen von diesem elementaren Bestandteil der Daseinsvorsorge abrücken. Krankenhäuser dürfen natürlich – und sollen auch – weiterhin Gewinne erzielen. Und ich sage Ihnen auch gern, warum diese Gewinne erzielt werden sollen: Die müssen wiederum nämlich in die Modernisierung der Häuser gesteckt werden und auch dem Personal zugutekommen. Jede dritte ausgebildete Fachkraft in der Gesundheits- und Krankenpflege arbeitet nach zehn Jahren nicht mehr in diesem Berufsfeld. Ein häufiger Grund, der angegeben wird, sind die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung. Daher ist es doch folgerichtig, die Gewinne in eine Verbesserung des Arbeitsumfelds und in die Entlohnung der Beschäftigten zu geben. Damit wirken wir auch dem Fachkräftemangel entgegen und stärken dieses unglaublich wichtige und – wenn die Bedingungen stimmen – auch schöne Berufsfeld der Pflege.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Zum Abschluss möchte ich gern auch noch bei diesem Überbietungswettbewerb zur Frage der Impfkampagne kommen. Da schließt sich auch noch mal der Kreis zu dem anfangs Gesagten – die hohe Bedeutung der Wissenschaft, die hier unglaublich wichtig ist. Wir sollten zuallererst der Wissenschaft natürlich danken, dass hier auch Forschung betrieben worden ist und in unglaublich kurzer Zeit so akribisch an Impfstoffen gearbeitet und geforscht worden ist und auch unglaublich akribisch überprüft wurde, was die Forschungsergebnisse angeht. Es ist Fakt, dass der Nutzen viel größer ist als ein möglicher Schaden. Dementsprechend müssen wir auch in diese Impfstoffe und in diese Impfvielfalt, die ja auch jetzt existiert, hohes Vertrauen geben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass weitere Zulassungen kommen werden.

 

Wir müssen auch ein hohes Vertrauen in die Ärzteschaft haben, die sich in unzähligen Aufklärungsgesprächen den kritischen Nachfragen der Menschen stellt und die schlussendlich Verantwortung übernimmt, um Menschen zu immunisieren. Daher lassen Sie uns nicht nur diejenigen würdigen, die die Impfstoffe erforschen und entwickeln, sondern lassen Sie uns auch denen danken, die ihre Impfstoffe an die Menschen bringen, damit sie ihre schützende Wirkung und die Kraft auch entfalten können.

 

Die Strategie, die zweite Impfdosis zurückzuhalten, ist auch vollkommen richtig gewesen. Dementsprechend kann ich da auch noch mal den großen Dank aussprechen, dass da verantwortungsvoll gehandelt worden ist. Andere Bundesländer haben das auch getan. Bei dem neuen CDU-Vorsitzenden – wer das heute mitbekommen hat – in NRW sieht das leider anders aus, da hat man dieses Verfahren nicht gewählt. Bis März sind jetzt Termine vergeben – 86.000 Termine. Es mangelt im Moment an Impfstoff, nicht an der Infrastruktur, diese zu verimpfen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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