Thüringer Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Berufs des Regelschullehrers

Torsten Wolf

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6826

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte hier im Haus! Liebe Frau Finanzministerin, ich danke Ihnen für die Vorlage dieses Gesetzes. Ich danke Ihnen, dass wir mit diesem Gesetz, dass wir das, was wir gestern hier besprochen haben, nämlich die Regelschule zu stärken, jetzt tatsächlich noch mal massiv vorantreiben.

Wir haben eben gerade eine Rede gehört – insbesondere auch noch mal an die Gäste hier im Haus – von einem Abgeordneten einer Fraktion, die Thüringen 24 Jahre lang regiert hat.

 

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

 

Wenn man dieser Rede zugehört hat, dann denkt man, dass sich diese Fraktion und auch diese Partei offensichtlich erst im Dezember 2014 gegründet haben. Denn all das, was wir hier machen, ist die Ruinen einer desaströsen CDU-Politik abzuräumen, sehr geehrte Damen und Herren.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

All das, was Kollege Tischner hier eben gerade fabuliert hat,

 

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Willkommen in der Realität!)

 

ist, dass wir als rot-rot-grüne Koalition das Herzstück, wie es genannt wird, der Thüringer Schullandschaft endlich stärken und nicht brachliegen lassen, wie es die CDU-Fraktion über 24 Jahre gemacht hat. Wenn Sie von Herzpatient sprechen, sehr geehrter Kollege Tischner, dann frage ich Sie mal allen Ernstes, was Sie einem Patienten zur Genesung empfehlen würden.

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt!)

 

Ich sage, Heilplan, ich sage, Sport treiben, ich sage, Ernährung umstellen, ich sage, Stärkung. All das machen wir als rot-rot-grüne Koalition.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir machen die Regelschule fit. Sie haben sie daniederliegen lassen. Es war Ihre Politik, die die Regelschule

 

(Beifall DIE LINKE)

 

tatsächlich zu Schaden kommen ließ. Es war das gegliederte und es ist das gegliederte Schulsystem, welches die Regelschule immer wieder an den Punkt bringt, diejenigen Schülerinnen und Schüler, die von ihrer Empfehlung her die Möglichkeit haben, an das Gymnasium zu gehen, genau diesen Weg gegangen sind. Wir haben mit der Gemeinschaftsschule …

 

(Unruhe CDU)

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sie haben ja nicht mal eine Regelschule in Jena!)

 

Ich lade Sie gerne mal nach Jena ein. Wir haben keine Regelschule mehr, weil wir sie in die Gemeinschaftsschule integriert haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir gründen jetzt – wir hatten gestern den Handwerkertag – in Jena eine neue Gemeinschaftsschule mit einer Praxisorientierung, mit einer Kooperation mit der Wirtschaft.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Kommen Sie einfach mal vorbei, wenn Sie modernes Schulwesen erleben wollen. Kommen Sie einfach auch mal nach Jena. In Thüringen ist man sowieso gut aufgehoben und mit diesem Gesetz stärken wir das alles. Wenn hier gesagt wird, dass wir die Regelschulen in Existenzängste treiben würden und ihren Arbeitsplatz – also das ist wirklich ein starkes Stück.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das ist ein starkes Stück! Weil es die CDU war, die einen Floating-Vertrag – allein regiert – abgeschlossen, dort die Lehrkräfte in Zwangsteilzeit getrieben hat.

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Sie hätten sie ja entlassen!)

 

Es war die CDU, die mit einer völlig verfehlten Personalpolitik im Bereich der Verbeamtung Überhänge geschaffen hat und die Beschäftigten abgekoppelt hat, die als Tarifbeschäftigte weitergearbeitet haben. Das war alles hochgradig ungerecht und das entsprach überhaupt nicht einer Wertung und Aufwertung des Lehrerberufs insgesamt, aber insbesondere auch an den Regelschulen. Und ja, damals wurde mit Existenzängsten von Lehrerinnen und Lehrern gespielt – von Ihnen, und zwar von Ihnen ganz allein.

Was wir machen, ist, dass wir mit dem vorliegenden Gesetz, dem Besoldungsgesetz, in Verbindung mit dem Schulgesetz nicht nur die Standorte sichern,

 

(Heiterkeit CDU)

 

sondern dass wir Unterrichtsabsicherung in den Mittelpunkt stellen. Denn falls Sie es immer noch nicht begriffen haben: Die Lehrer, die wir jetzt in die zweite Phase einmünden lassen können, haben zu Ihrer Zeit ihr Studium angefangen. Das sind aber viel zu wenige.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir können es gar nicht anders machen. Und deswegen – ich sage es gern noch mal – ist das nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber Regelschullehrerinnen und Regelschullehrern, dass wir jetzt mit der A13 für Regelschullehrer die Gleichheit zu den Gymnasiallehrern herstellen, sondern wir haben damit die laufbahngleiche Verwendung mit den Gymnasiallehrern geschaffen. Und die Gymnasiallehrer, die zukünftig das Angebot annehmen, auch an den Regelschulen Dienst zu tun, haben damit laufbahngleich auch diese Möglichkeit. Damit sichern wir mit diesem Gesetz Unterricht an den Regelschulen ab und stärken damit die Regelschulen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wer das nicht sieht und das nicht zur Kenntnis nehmen will,

 

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Jetzt müssen Sie noch sagen: Wie in Jena!)

 

der hat – glaube ich – dieses Gesetz weder gelesen, noch verstanden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland tobt ein Kampf um die besten Köpfe, natürlich auch im Lehrerbereich. Unsere Nachbarn haben ebenso wie wir in gewissen Schularten nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer, um den Unterrichtsausfall effektiv zu bekämpfen. Ja, dass wir Unterrichtsausfall haben, hat auch etwas damit zu tun, dass über Jahre – und zwar über lange Jahre – seitens der CDU nicht eingestellt worden ist.

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das stimmt doch nicht! Das ist gelogen!)

 

Und das hat etwas damit zu tun, dass es über Jahre – und zwar solange Sie regiert haben – keine Verbesserung im Besoldungsgesetz gab in der Art, wie wir es hier vorlegen; das gab es nicht. Die einzige Vereinbarung – die habe ich damals noch als GEW-Vorsitzender mit Ihrem Finanzminister und Herrn Liebermann vom Thüringer Beamtenbund abgeschlossen – war für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer mit DDR-Ausbildung, mit der Wirkung, dass wir das jetzt umsetzen. Nicht Sie haben es umgesetzt, wir haben es umgesetzt – in unserem Haushalt, den wir hier beschlossen haben,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

wurden die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer alle in die A12 gehoben. Und ja, wir bekennen uns auch dazu: Dieser Weg hin zu einer einheitlichen Bezahlung kann und darf auch für Grundschullehrer nicht enden. Aber nicht Sie haben es gemacht, wir haben es gemacht.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Sie haben es nur abgeschlossen in der großen Panik: Jetzt kommen Landtagswahlen! Da kam damals Frau Lieberknecht auf uns zu, auf die Gewerkschaft, und hat gesagt: Jetzt müssen wir aber mal verhandeln, wir haben hier ein Urteil. Und der Beamtenbund und die GEW haben es damals abgeschlossen. Umgesetzt haben wir es als Rot-Rot-Grün.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir brauchen aber beim Kampf um die besten Lehrkräfte, wenn wir da mithalten wollen, attraktive Anstellungs- und Arbeitsbedingungen. Dazu gehören auch, dass wir ein attraktives Umfeld, ein attraktives Schulsystem und auch materielle Stimuli haben. Mit dieser Anhebung der Besoldung der Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer von A12 mit Zulage – die wir letztes Jahr schon beschlossen haben – in die A13 erweitern wir die Voraussetzungen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und auch für mehr Attraktivität als Arbeitgeber, als Dienstherr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anhebung der Besoldung auf A13 ist auch ein Symbol für die verlässliche Politik von Rot-Rot-Grün. Mit der Besoldungsgruppe A12 mit Zulage haben wir den Weg schon betreten, den wir jetzt auch konsequent weitergehen. Mit einer Ausweitung der Lehramtsausbildung stellen wir unser Bildungswesen dann auch auf solide Füße. Manchmal sind unsere Maßnahmen recht unscheinbar, obwohl ich das ja schon erstaunlich fand – und ich bedanke mich auch dafür –, dass in der „Thüringer Allgemeinen“ das auch noch mal in der Breite erörtert worden ist, was das überhaupt besoldungsrechtlich bedeutet. Das ist ein sehr trockenes Thema, aber die Presse hat hier gute Arbeit geleistet, finde ich, um das zu erklären und auch die Wirkung zu erklären.

 

Manchmal sind die Schritte scheinbar klein und langsam und die Tragweite sieht man nicht sofort. Aber ich will es mal mit etwas mehr Pathos sagen: Nach Jahrzehnten der bildungspolitischen Fehlversuche in Thüringen hat Rot-Rot-Grün eine Wende eingeleitet und wird spätestens mit dem Schulgesetz die Zukunft der Menschen in ein gesichertes Bildungswesen und gesicherte Schulstrukturen überleiten.

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das siehst aber auch nur du so!)

 

Wir stärken damit auch tarifrechtliche Vereinbarungen. Ich will nur daran erinnern, dass das, was wir jetzt machen, die Grundlage darin hat, dass die Gewerkschaften und Verbände uns aufgefordert haben und dass die Landesregierung das in einer tarifrechtlichen Vereinbarung mit den Gewerkschaften beschlossen hat. Damit sendet auch das Land Thüringen ein starkes Signal, dass wir nicht nur erstens kein Billiglohnland sind, sondern zweitens in der Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern mit Gewerkschaften auch im gewerblichen Bereich – ich sage das bewusst, wir senden das Signal damit aus – dadurch Thüringen zukunftsfest machen, nicht nur im Schulbereich, nicht nur im Bereich des öffentlichen Dienstes. Wir senden das Signal mit solchen Regelungen, natürlich – das ist selbstverständlich – auch in der jetzt laufenden Runde, der Tarifrunde der Gewerkschaften mit der TV-L, Tarifgemeinschaft der Länder. Dort gibt es eine klare Forderung, das wird derzeit von den Beschäftigten unterstützt. Ich war mit meinem Kollegen Kräuter in Jena beim Warnstreik. Das war sehr eindrucksvoll, wie sich dort Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre Rechte und ihre Absicherung eingesetzt haben. Ich finde, das steht uns gut zu Gesicht, dass Thüringen nach Jahren, in denen es als Billiglohnland auf jeder Messe beworben worden ist, unter Rot-Rot-Grün ein klares Signal aussendet: Mit starker Sozialpartnerschaft kommen wir voran in Thüringen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zur sogenannten Ein-Fach-Lehrerproblematik: Kollege Tischner hat hier etwas formuliert, bei dem ich dann doch etwas erstaunt war. Wir haben hier in etwa 400 Lehrerinnen und Lehrer, die als Polytechniklehrer dort Dienst tun, die überwiegend über die letzten mehr als 20 Jahre eine Nachqualifizierung gemacht haben. Sie durften nicht immer eine Prüfung ablegen. Aber was sie nie bekommen haben, ist die Anerkennung ihrer Qualifikation, ihres Engagements in der Schule, mehrere Fächer abzudecken, häufig auch fachfremd zu unterrichten, über die entsprechenden besoldungs- und tarifrechtlichen Vereinbarungen. Erst mit dieser Vereinbarung, die jetzt Gesetzeskraft erlangt und nicht, weil es die CDU eingefordert hat, sondern weil die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in intensiven Gesprächen auch gesehen haben, wir schließen damit die Gerechtigkeitslücke, die die CDU diesen Menschen und den Schulen hinterlassen hat. Das ist Kerninhalt dessen, dass wir die sogenannten Ein-Fach-Lehrer, die immer mehrere Fächer unterrichtet haben, jetzt mit diesem Besoldungsgesetz auch gleichbehandeln. Das ist ein deutliches Signal auch, dass wir wertschätzend mit den Beschäftigten umgehen, und dass wir dort auch den Dienst stärken.

 

Mit der Festsetzung des Erfahrungsdienstalters für Lehrerinnen und Lehrer insbesondere von freien Schulen geben wir diesen Kolleginnen und Kollegen auch die Möglichkeit – und dafür auch noch mal mein besonderer Dank, Frau Finanzministerin –, dass sie ohne Brüche tatsächlich im staatlichen Dienst eingestellt werden können. Wir wissen – und haben das immer so formuliert –, dass die freien Träger eine sehr gute Schulentwicklung, häufig auch in den letzten mehr als 25 Jahren eine den staatlichen Schulen vorauslaufende Schulentwicklung, hatten.

 

Wenn sich jetzt Lehrerinnen und Lehrer aus freien Schulen im staatlichen Dienst anstellen lassen und dort die Erfahrungszeiten anerkannt bekommen, dann nehmen wir sozusagen auch die Schulentwicklung aus den freien Schulen mit in die staatlichen Schulen und haben somit auch wiederum insbesondere die Regelschulen – aber das ist ja erst mal das Amt – und natürlich auch die Gemeinschaftsschulen gestärkt – ein wichtiger Schritt, ein starkes Bekenntnis dafür, dass staatliche und freie Schulen auch entsprechend gleich bewertet werden, insbesondere bei den Anstellungen.

 

Beim Versorgungsgesetz – also den Pensionen – wird die Zeit, in der die Besoldungsgruppe A12 plus galt, aufgenommen – also die Zulage –, damit den künftigen Pensionären keine Nachteile entstehen. Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auf die restlichen Änderungen will ich hier nicht weiter im Einzelnen eingehen, die sind ohnehin nur redaktioneller Art bzw. Klarstellungen.

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs in die Beratung des Haushalts- und Finanzausschusses und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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