Thüringer Gesetz zur Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Migrations- und Integrationsangelegenheiten durch Schaffung einer Landesausländerbehörde

Katharina König-Preuss

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/9422

 

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, liebe Zuschauerinnen hier im Landtag und auch herzlich willkommen an diejenigen, die im Livestream gegebenenfalls zuschauen! Ich möchte zuerst ein großes Dankeschön sagen insbesondere an Astrid Rothe-Beinlich, die hier nicht nur dargestellt hat, warum wir diesen Entwurf eingebracht haben. Wir haben das ja auch Ende letzten Jahres angekündigt, dass wir den einbringen werden, auch im Widerspruch zu dem Gesetzentwurf der CDU. Bereits in der Rede Ende letzten Jahres habe ich darauf hingewiesen, was die Konsequenzen dieses Gesetzentwurfs der CDU wären, nämlich am Ende die Verbringung in Lager von Menschen, die auf der Flucht sind, von Menschen, die hier in Deutschland Schutz suchen. Das ist auch der Grund, Frau Baum, warum wir keine Möglichkeit sehen, mit dem bisher vorliegenden Gesetzentwurf der CDU umzugehen, weil darin so eine inhumane Vorstellung davon ist, wie man mit Menschen, die fliehen, umgeht und wie man diese unterbringt, dass wir sagen, da finden wir gar keine Kompromissebene. Denn was ist der Kompromiss von einer am Ende lagerähnlichen Haltung mit Tausenden Menschen in einer Unterkunft? Was soll da ein Kompromissangebot an diejenigen sein, die sich vorstellen, eine humanitäre Unterbringung von Geflüchteten gewährleisten zu wollen, und eben auch an diesem Ziel arbeiten?

 

Das ist zumindest das, was wir als Rot-Rot-Grün hier in Thüringen nicht nur vorhaben, sondern ehrlicherweise muss man sagen, wir haben es im Koalitionsvertrag stehen. Und da muss man ganz realistisch festhalten: Leider erfüllt Rot-Rot-Grün den Anspruch nicht. Und auch dafür danke an Astrid Rothe Beinlich für die klaren Worte, auch was Selbstkritik im Umgang mit Geflüchteten hier in Thüringen anbelangt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Weil ich muss noch sagen: Das ist für mich auch nicht vertretbar. Das war es auch schon im letzten Jahr, losgelöst davon, wer jetzt zuständig ist, welches Ministerium den Bereich offiziell innehat oder nicht. Es geht nicht darum, wer an der Spitze steht, sondern es geht, denke ich, auch darum, inwieweit wir in der Lage sind, das, was wir schriftlich festgehalten und als Ziel formuliert haben, auch entsprechend zu füllen, und da haben wir als Rot-Rot-Grün versagt. Und ich glaube, das ist ehrlich, wenn man das auch mal eingesteht und nicht so tut, als ob alles super wäre. So, wie wir gerade mit Geflüchteten in Thüringen umgehen, das erfüllt nicht den Anspruch einer humanitären Unterbringung

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und es erfüllt auch nicht den Anspruch von Menschlichkeit, wie wir uns das vorstellen. Aber wir geben diesen Anspruch nicht auf, und das ist das Entscheidende, Frau Baum, in dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf. Wir wollen weiter daran festhalten. Und ich glaube, ein entscheidender Unterschied ist auch, dass wir in der Lage sind, selbstkritisch festzustellen, was in den vergangenen Jahren nicht gut gelaufen ist, an welchen Stellen mehr hätte laufen müssen und was notwendig ist, um den Anspruch, an dem wir festhalten, in die Realität umzusetzen.

 

Genau deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf vorgelegt und hoffen auch, dass Sie uns dabei unterstützen, ihn an den Migrations- und Justizausschuss zu verweisen, weil wir es für notwendig erachten, dass wir im Migrations- und Justizausschuss nicht nur über den inhumanen Gesetzentwurf der CDU sprechen und sozusagen gar nicht an den Punkt kommen, wo auch mal darüber gesprochen wird, was wäre denn möglich in Thüringen, sondern wir von vornherein nur noch inhumane Flüchtlingspolitik zum Kern haben. Deswegen unsere Bitte explizit an die FDP an der Stelle, uns hier zu unterstützen im Hinblick auf die Ausschussüberweisung. Das würde, denke ich, uns als Rot Rot Grün sehr freuen.

 

Und es geht nicht darum, zu schieben und dass wir das nicht ernst meinen. Ich finde den Hinweis spannend mit Blick darauf, dass Sie sozusagen kritisch angemerkt haben, dass erst die Umsetzung zum 1. Januar 2025 sein soll. Ganz ehrlich: Wir hätten es gerne auch schon zum 1. Juni, zum 1. Juli, zum 1. August, wann auch immer, so schnell, wie es möglich ist, und dann aber auch so gut, wie es möglich ist. Allerdings ist uns allen, glaube ich, bewusst, dass, wenn wir so einen Antrag im Ausschuss haben – vielleicht auch zum Verständnis für die Zuhörerinnen dort oben –, dann reden nicht nur wir Abgeordneten darüber, sondern dann versuchen wir, Strukturen, Organisationen, Vereine, Initiativen mit zu beteiligen, was die zu dem Gesetzentwurf meinen, wo sie noch Kritik haben, wo sie Fehler sehen, wo sie Verbesserungsvorschläge haben oder wo sie auch sagen, das geht gar nicht, zumindest nicht, wenn man dann das Bundesrecht noch beachtet, oder auch, wenn man andere Punkte noch mit betrachtet. Deswegen dauern solche Gesetzentwürfe bis zur Umsetzung dann leider auch mal länger. Und wir wollten keinen unnötigen Druck reinbringen, auch wenn wir gerne bereit dazu sind, Druck zu machen und Druck zu geben, sondern uns geht es darum, eine gute Politik für Geflüchtete hier in Thüringen umzusetzen.

 

Und ich will sagen – auch das hatte ich, glaube ich, Ende letzten Jahres schon zum Gesetzentwurf von der CDU mit erklärt und dargestellt –, weil die Kritik kam, man würde oder wir würden nichts für die – in Anführungszeichen – normale Bevölkerung machen – auch da hat Astrid Rothe Beinlich schon zu Recht darauf hingewiesen –: Was ist denn die normale Bevölkerung? Ich würde ja sagen, erst mal gehören alle mit rein. Und natürlich ist es notwendig, für alle und dann insbesondere für die, die benachteiligt sind, entsprechend mehr politische Maßnahmen in die Tat umzusetzen.

 

Ja, in Deutschland fehlen Sozialwohnungen. Ich hatte Ende letzten Jahres – Herr Schard guckt so, als ob er sich erinnert, da freu ich mich – auf die Studien hingewiesen, die gesagt haben, 600.000 Sozialwohnungen fehlen mindestens in Deutschland. Jetzt gibt es eine neue Zahl von vor knapp einer Woche: 910.000 Sozialwohnungen fehlen. Und da geht es nicht nur um Wohnungen für Geflüchtete, sondern da geht es um Wohnungen für Menschen, die in Mindestlohnverhältnissen sind, die vielleicht auch aktuell in einem Bürgergeldbezug sind und die sich das Wohnen einfach nicht mehr leisten können. Das hängt auch mit Inflation und Ähnlichem mehr zusammen. Das ist überhaupt nicht die Frage. Aber an der Stelle, wo wir sagen, wir wollen eine humanitäre Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten, mit dem Argument zu kommen – und das kam ja von dieser Rechtsaußenpartei hier –, Sie machen ja nichts für die normalen Menschen, ist einfach nur mal wieder das, was Sie ständig und immer wieder versuchen, nämlich den Rassismus in jede Debatte reinzutransportieren,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

und zwar den Rassismus in Form von Ausspielen von Schwachen gegen Schwache – an der Stelle Geflüchtete als schwache Menschen, aber eben auch Menschen, die wenig Geld haben und Unterstützung beispielsweise bräuchten, um endlich eine gute Wohnung auch bezahlen zu können. Da ist die Voraussetzung, dass entsprechende Investitionsmaßnahmen auf Bundesebene gestartet werden. Und da kann ich dann nur eines sagen: Diejenigen, die es auf Bundesebene immer wieder gefordert haben, auch erst vor wenigen Monaten gefordert haben, das ist die damalige noch Linke-Fraktion, heute die Linke-Gruppe, die ganz klar gesagt hat, es braucht eine Investitionsoffensive,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

und die braucht es, um eben den unterschiedlichen Problemen im Bereich der Wohnung, im Bereich aber auch Kindergärten, Schulen usw. gerecht zu werden. Das Geld ist da. Es ist nur eine Frage, ob man es entsprechend einsetzt.

 

An der Stelle muss ich einfach sagen: Herzlichen Dank für das, was auf Bundesebene die Gruppe der Linken macht, die eine Investitionsoffensive fordert, im Gegensatz zu anderen, die eine Abschiebeoffensive fordern. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE)

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