Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2024, zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Vorschriften und zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Förderung freiwilliger Gemeindeneugliederungen 2/2

Katja Maurer

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/8231

 

Vielen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, bevor ich zu meiner Rede komme, die ich vorbereitet habe, möchte ich mal von hinten aufrollen. Also, wir hatten gerade eine Rede von der AfD, die sondergleichen war, das überrascht mich überhaupt nicht. Ich möchte gleich mit einem Punkt anfangen, Sie haben das Passwesen angesprochen. Das ist eine ganz klassische Bundesangelegenheit, an der wir hier im Thüringer Landtag überhaupt nichts ändern können. Da können Sie noch so viele Reformen innerhalb des Kommunalwesens vorschlagen, wie Sie wollen. Sie schütteln den Kopf – googeln Sie, da wird es Ihnen erklärt.

 

(Zwischenruf Abg. Dr. Dietrich, AfD: Das ist eine übertragene Aufgabe!)

 

Das ist etwas, das die Gemeinde ausführt, aber etwas, das wir nicht selber ändern können.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dann haben Sie über die Wärmeplanung gesprochen. Ich bin Ihnen total dankbar, dass Sie dieses Beispiel nehmen. Die Wärmeplanung macht ja eine Kommune nur, wenn sie – na? – über 10.000 Einwohnerinnen hat. Wussten Sie nicht? Wie viele Gemeinden und Kommunen haben wir denn in Thüringen, die genau das erfüllen? Vielleicht zwei Hände voll. Genau das ist das Problem. Wir haben viel zu viele ganz kleine, kleinteilige Strukturen, ganz kleine Kommunen und deswegen gibt es diesen Entwurf.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das wissen Sie nicht, das ist nicht schlimm. Heute haben Sie was Neues dazugelernt.

Dann haben Sie über Dingelstädt gesprochen. Es gab tatsächlich eine Stellungnahme, die wir uns angehört haben, und unter anderem aufgrund dessen haben wir heute einen Ergänzungsantrag vorgelegt. Es ist richtig, es geht um 1,5 Millionen Euro, die Dingelstädt befürchtet durch eine Gemeindefusion mittragen zu müssen. Niemand, auch nicht die CDU, hat vorgeschlagen diese 1,5 Millionen Euro jetzt mir nichts, dir nichts zu übernehmen. Die haben lediglich Ergänzungsanträge gestellt, die dieses Bedürfnis der Gemeinden aufgenommen hat und die dann gesagt haben: Natürlich müssen wir uns die Frage stellen, wenn das in einer schriftlichen als auch in einer mündlichen Anhörung auftaucht, wie wir dann damit umgehen, wenn sich Gemeinden Sorgen machen, durch so einen Gemeindezusammenschluss möglicherweise finanzielle Lasten übernehmen zu müssen. Das ist eine wichtige Frage. Wir wollen Zusammenschlüsse und deswegen wollen wir uns auch damit beschäftigen. Das steht in den Ergänzungsanträgen und nichts anderes. Es wäre übrigens wirklich – deswegen machen wir diese schriftlichen und mündlichen Anhörungen – der Respekt geboten, den Gemeinden ordentlich zuzuhören und ordentlich zu lesen, was diese fordern, und dann im Anschluss auch die Anträge, die wir behandeln. Möglicherweise wissen Sie gar nicht, was Sie da bei Rot-Rot-Grün zustimmen wollen.

 

Herr Montag hatte ein weit verbreitetes Vorurteil gebracht – hat zwar mit dieser Tagesordnung nichts zu tun –, dass es zu viele Förderprogramme gibt. Ich will mal daran erinnern, dass es im letzten Jahr im Unterausschuss KfA genau dazu eine Befragung gab, bei der man Gemeinden und Kommunen gefragt hat: Welches dieser Förderprogramme können wir denn löschen, streichen, wenn aber die Summe insgesamt der Förderprogramme bleibt? Das heißt, wir haben den Kommunen von Anfang an klargemacht, wir streichen, die Summe insgesamt verteilen wir aber auf die, die bleiben sollen. Was kam raus? Nichts sollte gestrichen werden. Das Problem ist, dass unsere Kommunen so kleinteilig sind, dass sie teilweise kein Fachpersonal einstellen können, auch um zum Beispiel Förderprogramme abzuschöpfen. Deshalb ein weiterer Grund genau für diese Gemeindefusion.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, das war – mit Ausnahme jetzt der AfD – eigentlich eine sehr versöhnliche Runde, das war nicht immer so – Sascha Bilay lacht, wenn Herr Kuschel hier wäre, würde der das auch bestätigen. Wir haben ziemlich heftig gestritten hier im Thüringer Landtag über diese Debatte, weil – wir haben es gerade eben schon gehört – es in Thüringen einen demografischen Wandel gibt, aber auch andere Hausforderungen, Klimakrise, Digitalisierung, Migration, die wir lösen müssen. Das klingt etwas wie Schlagworte, aber alle, die eben in den Kommunen organisiert sind, wissen, da geht es ganz konkret darum, klimaresistente Plätze zu bauen, Kabel zu verlegen für die Schulen, damit die eben einen Internetanschluss haben; Menschen, die auf der Flucht sind, müssen aufgenommen und integriert werden. Wir hatten heute einen schrägen Antrag der CDU dazu. Hier sehen wir aber, wie konkret das Leben vor Ort wird und warum wir eben unsere Kommunen zukunftsfähig machen müssen.

 

Bei Zukunftsfähigkeit denken die meisten erst mal: Na, werfen wir halt Geld ins System. Das hören wir hier im Thüringer Landtag übrigens auch ganz, ganz oft. Meistens ist es aber komplizierter. Das haben all meine Kolleginnen vorher schon gesagt. Kommunen sind die Dienstleister unser Bürgerinnen und Bürger. Sie sind die ersten Ansprechpartner/-innen, wenn es zu einer Krise kommt. Deswegen – ohne Zweifel brauchen sie natürlich auch Geld, das bekommen sie ja auch, so viel wie noch nie vom Landtag – muss natürlich an erster Stelle geschaut werden, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, dieses Geld auch auszugeben. Das machen die Kommunen und die Gemeinden, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben. Genau das finden wir eben jetzt in diesem Gesetz.

 

Das heißt, wir gehen ein Stück weit weg von dem Kleinklein. Und das Kleinklein meine ich überhaupt nicht despektierlich, es gab sicher auch Zeiten, in denen das okay war, aber jetzt bewegen wir uns eben auf ein Land zu, dass größere stabilere Kommunen hat, und das finde ich wirklich gut. Und eines habe ich gerade eben, glaube ich, schon gesagt: Auch ein Thema, das viel zu selten irgendwie beachtet wird, ist, dass natürlich die Kommunen dadurch auch attraktivere Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen werden, weil wir natürlich Leute brauchen, die unsere Schulen planen, die unsere Straßen sanieren, die die Betreuung der Kinder übernehmen und – das hatte ich vorhin gesagt – auch zum Beispiel Förderanträge stellen. Kommunen, die stärker sind und größer sind können natürlich auch besser Menschen einstellen.

 

Jetzt fragen Sie sich: Warum bestehe ich denn so sehr auf dieses Größerwerden? Was soll das denn heißen? In welcher Dimension steht das denn überhaupt? Die Landtagsabgeordneten haben das alle schon vielfach gehört. Ich will es Ihnen aber trotzdem noch mal sagen: Wir haben hier mal angefangen, da hat Thüringen doppelt so viele Kommunen gehabt wie Sachsen, obwohl Thüringen nur halb so viele Einwohner/-innen hat. Jetzt wird Ihnen wahrscheinlich klar, über welches Verhältnis wir sprechen. Und jetzt wird Ihnen wahrscheinlich auch klar, warum Die Linke schon so lang für eine Gemeindereform streitet.

 

Ganz so lange Zeit habe ich nicht mehr, deswegen möchte ich jetzt zu dem Wichtigstem kommen. Ich möchte ehrlich Danke sagen, wirklich an alle Beteiligten. Wir haben es vorhin auch schon gehört, dass einige Vertreter/-innen der Gemeinden da sind. Es ist auch trotzdem am Ende ein enormer bürokratischer Aufwand, sich dem zu stellen, freiwillig. Sie haben ja vorhin gesagt, da würde irgendjemand in irgendwas reingedrängt werden. Das ist ein freiwilliger Prozess, der natürlich nicht ohne Konflikte abläuft, der natürlich auch von Bürgerbeteiligung lebt. Eben deshalb werden ja Konflikte auch erst mal sichtbar, weil Bürgerbeteiligung sehr wohl stattfindet. Sie haben Ihre Finanzen offengelegt, Sie haben mit anderen Gemeinden diskutiert und gestritten und haben sich trotzdem auf diesen Weg gemacht. Deshalb ein ehrliches Danke von meiner Fraktion.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir haben vorhin auch von anderen Bedenken gehört, weil das ja auch etwas ist, das durchaus emotional ist. Herr Walk hat es eben gesagt, auch in der Presse stand es. Ich weiß nicht, natürlich ist, glaube ich, die Verwaltungsstruktur am Ende nicht das Emotionale, aber es ist so, manche haben Sorgen, wenn die Gemeinden fusionieren, dass Traditionen vielleicht nicht mehr so gelebt werden, Besonderheiten der Gemeinde nicht mehr so sichtbar sind. Aber genau das Gegenteil tritt natürlich ein. Wenn man nicht mehr nur um die finanzielle Situation der Gemeinde bangen muss, weil man sich eben noch nicht zusammengeschlossen hat, kann man nach dem Zusammenschluss sich eben um diese Traditionen und Besonderheiten noch viel besser kümmern. Auch das ist ein Grund oder eine Argumentation für die Gemeindereform. – Jetzt gucke ich kurz auf meine Zeit: 1 Minute. –

 

Dann haben wir darüber gesprochen, dass es Ergänzungsanträge gibt. Auch das ist schon erwähnt worden, dass es Bedenken gab oder geäußert worden ist, was passiert denn mit den Gemeinden möglicherweise, wenn die Schulden übernehmen müssen oder die Schulden einer anderen Gemeinde sie dann belasten. Wir haben diesen Ergänzungsantrag gemacht, weil wir uns damit auseinandersetzen wollen, was in dieser und in der letzten Legislatur genau in diesem Bereich passiert ist. Wir wollen das noch mal analysieren und schauen, ob wir möglicherweise eine Regelung finden können. Ich will Ihnen ehrlich sagen, ich glaube, das wird ein Kraftakt, weil natürlich jede Fusion genauso besonders ist wie jede Gemeinde besonders ist und jede Situation der Gemeinde besonders ist, die sich auf diesen Prozess einlässt. Aber Sie haben uns das als Hausaufgabe aufgegeben. Natürlich genau deshalb machen wir diese Anhörung, damit wir diese Hausaufgaben auch mitnehmen.

 

Zum Schluss: Wir als Linke haben für diese Zusammenschlüsse immer gekämpft und freuen uns, dass wir nun mit dem vorliegenden Gesetz unserer Idee von einem noch besseren arbeitsfähigen Thüringen endlich näherkommen. Sie haben es vorhin in meinem Bericht gehört, das ist ein echtes Herzensthema der Linken. Dieses Gesetz, das wir jetzt beschließen, ist vor allen Dingen auch ein rot-rot-grüner Erfolg, der dank – und das auf jeden Fall – der bereitwilligen Arbeit der Gemeinden seine Früchte trägt. Deshalb zum Schluss wirklich ein ehrliches Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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