Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2019 (ThürGNGG 2019)

Anja Müller

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6060

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, also Herr Malsch, lesen Sie noch mal die Protokolle von der Kreistagssitzung durch. Machen Sie das und dann können wir hier noch mal reden.

 

Als das Thema „Kaltennordheim“ und der damit verbundene Kreiswechsel das erste Mal im Kreistag thematisiert worden ist, da habe ich klar und deutlich auch gesagt: Ja, Kaltennordheim gehört in den Wartburgkreis und die Rhön gehört zusammen und das Beste ist der Wartburgkreis. Das habe ich laut und deutlich gesagt und dazu stehe ich auch heute noch. Aber man muss auch ehrlich sein, ich hab dem Bürgermeister und den Stadtrat aufgefordert: Nehmen Sie den Teil aus dem Gesetzentwurf raus, ziehen Sie es zurück, machen Sie die Bürgerbefragung, lassen Sie das zu. Das habe ich alles gesagt. Und da stehe ich heut auch hier und da kann ich guten Gewissens mit leben.

Was ich aber nicht gemacht habe, ist, wirklich vor Ort zu gehen und mit den Menschen zu reden. Ich hab meinen Kollegen Kuschel in die Region geholt, ich hab mit ihm dort Veranstaltungen durchgeführt, wir haben nach Alternativen gesucht, weil es mir eine Herzensangelegenheit war. Dadurch kam dann erst mal diese erfüllende Gemeinde mit ins Spiel, nur leider wurde das vor Ort nicht gewollt. Da hätten wir dann Möglichkeiten gehabt. Ich habe meine Fraktion bis fast vor fünf Wochen genervt: Nehmt diesen Teil aus dem Gesetzentwurf raus! Wir haben uns heftig gezofft. Aber noch einmal, was ich bis dato wirklich nicht gemacht habe – und das war ein Irrtum und auch ein Fehler –: Ich bin nicht zu den Menschen gegangen und habe gefragt, was wollt ihr denn eigentlich? Da bin ich jetzt bei der AfD. Die AfD behauptet, sie hätte irgendwie mit den Leuten dort gesprochen. Ja, es gab mal eine Veranstaltung vor einer Woche, drei Leute waren – glaube ich – dort. Was Sie aber nicht gemacht haben, ist, von Tür zu Tür zu gehen, zu klingeln und zu fragen, Leute, wo wollt ihr denn leben? Wir wollt ihr leben und wie wollt ihr eure Region gemeinsam gestalten? Das haben Sie alle hier im Rund nicht gemacht. Wir haben es getan. Und ich bin froh, dass auch Kreistagskollegen von hier mit dabei waren, damit die das nämlich auch bezeugen können.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Den Leuten ist dieser Landkreis völlig egal. Die haben sich zurückgesetzt gefühlt. Sie haben gesagt, da waren wir immer der letzte, jetzt sind wir zumindest mal der erste Teil in einem Landkreis. Die Kirchenkreise arbeiten schon kreisübergreifend. Das ist denen egal. Die haben gesagt, uns ist es doch wichtiger, wir können den Kindergarten finanzieren, nächstes Jahr steht die 1.200-Jahr-Feier an, unser Sportplatz muss dringend saniert werden. Das ist den Leuten vor Ort wichtig! Nicht der Landkreiswechsel.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das muss man auch mal ganz deutlich sagen. Ja, ich habe mich in meiner ersten Analyse von Demonstranten beeinflussen lassen, von 20 immer wiederkehrenden Demonstranten. Teilweise waren die auch vom Landratsamt mit involviert, die arbeiten im Landratsamt. Natürlich tut es mir als Kreistagsmitglied weh, dass wir die Region nicht mehr gemeinsam entwickeln können. Ich hätte es gerne gemacht. Aber leider kam da auch von der CDU viel zu wenig. Ich hätte mir im jetzigen Kreistagshaushalt gewünscht, dass durch Ihren Landrat irgendein Signal an die Kommunen gegeben worden wäre – Null. Man hat noch nicht mal ein Angebot gemacht und gesagt: Hey, lieber Stadtrat, das und das sind Investitionen, die können wir gemeinsam auf den Weg bringen. Nichts. Der Stadtrat Kaltennordheim hat dreimal Beschlüsse gefasst und dreimal haben Sie immer mit der gleichen Stimmenmehrheit dafür votiert: Wir bleiben bei unserem Beschluss, wir wollen die Region zusammenbinden und da ist uns der Kreiswechsel in dem Moment echt egal.

 

Liebe CDU-Mitglieder – die auch Mitglieder im Kreistag des Wartburgkreises sind –, Sie können jetzt hier in der Öffentlichkeit großartige polemische Reden halten, das dürfen Sie, im Innenausschuss waren Sie nicht ein Mal zu diesem Thema da, Sie waren nicht ein Mal in der Region vor Ort, Herr Malsch, nach Ihrer großen Pressemitteilung. Das alles haben Sie versäumt. Von daher kann ich nur appellieren, nicht nur immer zu gucken, wo die Verwaltung ist, wer Ihr Landrat ist …

 

Präsidentin Diezel: Frau Abgeordnete Müller …

 

Abgeordnete Müller, DIE LINKE:

 

Nein, danke, Herr Malsch hatte heute genug Redezeit.

Nein, Sie hatten genug Redezeit. Gehen Sie einfach raus an die Haustüren und reden Sie mit den Menschen und dann werden Sie erfahren, wie Unterschriften zustande gekommen sind, wie Druck auf die Menschen ausgeübt worden ist. Wie älteren Damen vorgefertigte Briefe überreicht worden sind: Entweder du unterschreibst oder du lässt es bleiben oder wir setzen dich unter Druck. Es flogen Fäuste bei Ortsteilbürgermeistern, die nur gesagt haben, okay, das ist ein gangbarer Weg, so können wir uns die Ausgliederung aus der Stadt Kaltennordheim vorstellen. Es wurde Müll vor die Haustür des Bürgermeisters geschmissen. Das alles ist von Ihnen mit unterstützt worden. Ich bin in den letzten Monaten beschimpft worden. Ich bin heute wieder in der Zeitung beleidigt worden, ich bin gestern in der Zeitung beleidigt worden. Soll ich Ihnen was ganz ehrlich sagen: Mir ist es wichtig, dass die Menschen, die dort vor Ort leben, sich einig sind, dass sie das wollen, und das sind sie.

 

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sind sie aber nicht!)

 

Und glauben Sie nicht alles, was Sie irgendwo bei Facebook lesen, Herr Möller. Gehen Sie mal lieber zu den Menschen und thematisieren Sie das nicht nur hier in der Öffentlichkeit.

 

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Die wollen ja nicht!)

 

Ansonsten kann ich nur sagen: Wer dem Gesetz heute nicht zustimmt, der war nicht bei den Menschen, hat nicht geredet. Und für die Region: Ich tue es einfach, auch wenn ich mir als Kreistagsmitglied natürlich gewünscht hätte: Ja, wir hätten es bei uns behalten können. Ich danke Ihnen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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