Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2010

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1089 - Erste Beratung


Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Tasch hat vorhin etwas zur Leistungsfähigkeit von VG-Gemeinden gesagt. Die ganze Diskussion Freiwilligkeit oder Nichtfreiwilligkeit, das ruft mich hier an das Pult. Ich möchte die Situation aus dem Landkreis Hildburghausen mal darstellen. Bei uns sinken jetzt einige Einheitsgemeinden unter die 3.000-Einwohner-Grenze. Die Bürgermeister stehen kurz vor der Rente. Sie haben zwei verschiedene Varianten, damit umzugehen. Die eine Variante ist, man versucht Verwaltungsgemeinschaften, die bei uns aber auch so knapp um die 5.000 Einwohner sind, noch Mitgliedsorte abzuluchsen. Man versucht anderen Gemeinden Gemeindeteile abzuluchsen oder aber man sagt, okay, ich mache in Zukunft als Rentner ehrenamtlicher Bürgermeister und eine 2.000-Einwohner-Gemeinde mit einem ehrenamtlichen Bürgermeister ist auch was ganz Schönes. Das Grundzentrum Themar sinkt unter die 3.000 Einwohner, die verlieren ihren hauptamtlichen Bürgermeister. Da ist inzwischen der Plan - da aus der VG niemand bereit ist, in diese Stadt mit reinzugehen -, dass die Stadt in die Verwaltungsgemeinschaft mit reingeht. Wir haben dann ein Gebiet von 7.000 Menschen in etwa, wo in der gesamten Verwaltungsgemeinschaft nicht eine Gaststätte mehr ist, die mittags aufhat, wo so gut wie keine Einkaufsmöglichkeiten mehr da sind, wo mit der Stadt Themar zusammen nur noch zwei Hausärzte da sind, die sind über 70, die nicht mehr in der Lage sind, langfristig die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Wir haben einen Beigeordneten bei uns im Kreis, der sagt, wenn ihr euch mal anschaut, wie die Feuerwehr ausgestattet ist, dann hätte ich als ehrenamtlicher Bürgermeister in diesen Gemeinden Angst, wenn die Feuerwehr ausrücken muss, weil sie noch nicht einmal die vorschriftsmäßige Sicherheitsbekleidung haben.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja unerhört.)


Das hat ein Beigeordneter gesagt, der von Ihrer Partei ist. Ich kann es doch hier nur ansprechen.


Unsere VG-Gemeinden sind nicht verschuldet. Die sind, wenn ich mir die Haushaltszahlen ansehe, wirtschaftlich gesund. Aber sie haben natürlich bei 80 oder 100 Einwohnern keine Leistungsfähigkeit. Ich kann in diesen Regionen nicht investieren, um uns voranzubringen, um auch jungen Menschen wieder eine attraktive Wohnortlage zu geben, um entsprechende Angebote zu unterbreiten. Wir brauchen doch hier eine Lösung. Es hilft mir nicht, wenn jeder versucht, nur nach seinem eigenen Schema zu denken - da nehme ich unsere Bürgermeister nicht aus - und sich selber zu retten zulasten von anderen, die dann darüber stolpern und wirtschaftlich auch keine Leistungsfähigkeit mehr haben. Deshalb muss man dort ein Gesamtkonzept bündeln. Wer soll es denn tun, wenn nicht wir. Warum sollen wir denn nicht hier auch noch Verantwortung mit wahrnehmen? Natürlich muss das in Absprache mit den Menschen erfolgen - ich will nicht über ihre Köpfe hinweg Maßnahmen -, aber wir müssen mit ihnen gemeinsam eine Gesamtlösung finden. Da kann es nicht sein, dass jeder nur an seinen eigenen Kirchturm denkt. Da müssen wir für unsere Regionen Lösungen finden, die akzeptabel sind. Da braucht es wirklich einmal einen Draufblick und nicht nur das einzelne Kirchturmdenken. Danke.

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